Schuldanerkenntnis

Schuldanerkenntnis

Ein Schuldanerkenntnis ist eine tatsächliche Erklärung, mit der etwas erklärt wird, was dem Erklärenden nachteilig ist. Ein Schuldanerkenntnis im Rechtssinne ist eine in rechtlichem Kontext gegebene Erklärung, mit der das Bestehen einer Schuld anerkannt wird.

Der (juristische) Sprachgebrauch ist allerdings schon insoweit unsauber, weil das Schuldanerkenntnis sich auch auf den der Schuld zugrundeliegenden Sachverhalt beziehen kann; die Schuld wird dann mittelbar anerkannt.

Rechtlich ist die Frage relevant, ob und in welcher Form der Schuldner durch seine Erklärung (das "Schuldanerkenntnis") gebunden wird; bzw. unter welchen Voraussetzungen eine sich ergebende Bindung wieder gelöst werden kann.

Verschiedene Rechtsordnungen behandeln das Problem in teilweise sehr unterschiedlicher Weise.

Inhaltsverzeichnis

Das Schuldanerkenntnis im deutschen Recht

Nach deutschem Recht sind drei Typen des Anerkenntnisses zu unterscheiden:

Einseitiges nichtrechtsgeschäftliches Anerkenntnis

Das einseitige nichtrechtsgeschäftliche Anerkenntnis ist formlos möglich, es stellt ein Indiz für das Bestehen des anerkannten Anspruchs dar, das durch einfachen Gegenbeweis im Wege der Erschütterung entkräftet werden kann und daher keine Beweislastumkehr im technischen Sinne bewirkt. Das einseitige Anerkenntnis führt wie alle Anerkenntnisse im Rechtssinn zum Neubeginn der Verjährung gemäß § 212 BGB.

Abstraktes (konstitutives) Anerkenntnis

Das abstrakte (konstitutive) Anerkenntnis, das gemäß § 780, § 781 BGB der Schriftform hinsichtlich der Erklärung des Schuldners (des sich Verpflichtenden) bedarf, bringt einen neuen abstrakten Anspruch hervor, der bei Nichtbestand des ihm zugrunde liegenden kausalen Anspruchs aber gemäß § 812 II BGB kondiziert werden kann. Das abstrakte Anerkenntnis hat daher keine endgültige Feststellung des anerkannten Anspruchs zur Folge, sondern bewirkt lediglich eine Beweislastumkehr im technischen Sinne. Daher muss der Schuldner im Prozess beweisen, dass der Anspruch gegen ihn nicht besteht. Dies kann er z. B. damit erreichen, dass ihm der Nachweis gelingt, dass der anerkannte Anspruch nicht besteht. Ein Verlust von Einwendungen ist mit dem abstrakten Anerkenntnis grundsätzlich nicht verbunden.

Eine Klausel in AGB des Anerkenntnisvertrags, nach welcher der Schuldner auf Einwendungen verzichtet, wird von Rechtsprechung und Lehre trotz § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB als wirksam angesehen.

Kausales (deklaratorisches) Anerkenntnis

Das kausale (deklaratorische) Anerkenntnis soll den Schuldner mit Einwendungen für die Zukunft ausschließen, den anerkannten Anspruch endgültig feststellen. Es wirkt also wie ein Vergleich und ist dogmatisch daher als einseitiger bzw. unentgeltlicher Vergleich zu begreifen. Das kausale Anerkenntnis ist nach derzeit herrschender Auffassung formlos möglich, sollte aber dem Formerfordernis des § 518 Abs. 1 Satz 1 BGB, zumindest aber dem Formerfordernis des § 781 BGB unterstellt werden. Bei der Auslegung spricht eine strikte Vermutung gegen das kausale Anerkenntnis, weil nicht anzunehmen ist, dass der Schuldner dem Gläubiger einseitig eine endgültig gesicherte Rechtsposition verschaffen wollte, ohne seinerseits etwas dafür zu erhalten.

Für die Auslegung des Anerkenntnisses im Zweipersonenverhältnis gilt: Bloß mündlich erteilte Anerkenntnisse sind grundsätzlich einseitig und nichtrechtsgeschäftlich. Ein kausales Anerkenntnis darf nur bei ausdrücklich auf endgültige Feststellung gerichteter und notariell beurkundeter (Individual-)vereinbarung der Parteien angenommen werden.

Etwas anders im Dreipersonenverhältnis: Sowohl bei der Abtretungsbestätigung als auch beim Drittschuldneranerkenntnis geht es letztlich um Probleme der Auskunftshaftung. Die hier erteilten Anerkenntnisse sind als Wissenserklärungen einseitiges Anerkenntnis; das unrichtig erteilte Anerkenntnis macht den Schuldner in diesen Fällen schadensersatzpflichtig.

Negatives Schuldanerkenntnis

Das negative Schuldanerkenntnis hat zum Inhalt, dass eine Schuld nicht besteht. Es kann sowohl konstitutiv als auch deklaratorisch sein. Wollen die Parteien eine Schuld aufheben, handelt es sich um einen Erlassvertrag. Meinen die Parteien, es besteht gar keine Schuld, und wollen sie dies nur feststellen, hat es nur deklaratorischen Charakter. War allerdings eine Schuld vorhanden, so führt auch das deklaratorische negative Schuldanerkenntnis zum Erlöschen. In diesem Fall kann das negative Schuldanerkenntnis jedoch nach § 812 II BGB kondiziert werden.

Siehe auch

Literatur

  • Fritz Klingmüller: Das Schuldversprechen und Schuldanerkenntnis des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, Jena, Fischer, 1903
  • Peter Marburger: Das kausale Schuldanerkenntnis als einseitiger Feststellungsvertrag, Berlin [u.a.], de Gruyter, 1971, zugl.: Köln, Univ., Diss., 1969, ISBN 3-11-00-1721 (formal falsche ISBN)
  • Wolfgang Baumann: Das Schuldanerkenntnis, Berlin, Duncker & Humblot, 1992, zugl.: Bielefeld, Univ., Diss., 1990, ISBN 3-428-07207-3
  • Erik Ehmann: Schuldanerkenntnis und Vergleich. zugl.: München, Univ., Diss, 2004, Verlag C.H. Beck, München, 2005, ISBN 3-406-53392-2
  • Wolfgang Baumann, Die Abstraktion des Schuldanerkenntnisses - Ein Beitrag zum Abstraktionsprinzip, zu § 781 BGB und zu § 812 Abs. 2 BGB , in: Festschrift für Spiegelberger (2009) S. 1176 ff.
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