Schwedischer Ölausstieg

Schwedischer Ölausstieg
Rohölpreise, 2004-2006 (nicht inflationsbereinigt)

Als Schwedischer Ölausstieg wird die Ankündigung der schwedischen Regierung aus dem Jahre 2005 bezeichnet, bis 2020 unabhängig von Erdöl und anderen 'fossilen Rohstoffen' sein zu wollen.

Um dieses Ziel zu erreichen, soll laut Empfehlungen eines Expertenkomitees der Einsatz nichterneuerbarer Energieträger im Straßenverkehr und in der Industrie massiv reduziert werden. Zudem sollen sämtliche Gebäude zukünftig nurmehr mit erneuerbaren Energieträgern beheizt werden. Die Energieeffizienz insgesamt müsste um insgesamt 20 Prozent steigen.

Ob die Ankündigung tatsächlich umgesetzt wird ist allerdings fraglich, nachdem die regierende Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens bei den Septemberwahlen 2006 von den Bürgerlich-Konservativen Die gemäßigte Sammlungspartei abgelöst wurde. Die Komiteeempfehlungen bleiben jedoch weiterhin von internationalem Interesse.

Inhaltsverzeichnis

Politische Zielvorgabe

Die von den Grünen und der Linkspartei geduldete sozialdemokratische Minderheitsregierung unter Göran Persson setzt sich 2005 für eine radikale Abkehr von fossilen Energieträgern ein. Schweden solle weltweit das erste Land sein, das von fossilen Brennstoffen unabhängig wird.[1]

Dafür werden die folgenden vier Gründe angegeben:

  • Der Einfluss des Ölpreises auf das Wachstum und die Beschäftigung der schwedischen Wirtschaft;
  • Die Wechselwirkung zwischen Öl, Frieden und Sicherheit auf der ganzen Welt;
  • Das große Potenzial Schwedens eigene erneuerbare Energien anstelle von Öl zu nutzen;
  • Die Bedrohung durch den Klimawandel als Ergebnis extensiver Verbrennung fossiler Rohstoffe.

Obwohl eine vollständige Einstellung der Energieversorgung auf der Grundlage von Erdöl nicht beabsichtigt ist, wird das Jahr 2020 als Zielvorstellung für den "Ölausstieg in Schweden" angesehen.

Komitee für Öl-Unabhängigkeit

Wohnblock in Göteborg-Angered

Um Vorschläge zum Abbau der Ölabhängigkeit zu finden, richtet die Regierung im Jahre 2006 ein Komitee für Öl-Unabhängigkeit ein (Komiteeen för att bryta oljeberoendet i Sverige till år 2020), betitelt durch den Premierminister Göran Persson. Die beteiligten Wissenschaftler, Landwirte, Vertreter der Energie- und Autoindustrie sowie der öffentlichen Verwaltung erarbeiten daraufhin den detaillierten Bericht "Making Sweden an OIL-FREE Society".[2] Dieser wurde im Juni 2006 fertiggestellt und dem Parlament vorgelegt.

Das Komitee empfiehlt darin bis zum Jahr 2020 folgende Ziele zu verwirklichen:

  • der Einsatz fossiler Energieträger im Straßenverkehr soll um 40 bis 50 Prozent reduziert werden.
  • der Einsatz fossiler Energieträger in der Industrie soll um 25 bis 40 Prozent reduziert werden.
  • sämtliche Gebäude sollen künftig nurmehr mit erneuerbaren Energieträgern beheizt werden.
  • die Energieeffizienz soll um insgesamt 20 Prozent erhöht werden.
Fernwärme-Kraftwerk Heleneholmsverket in Malmö

Langfristig wird das Ziel anvisiert, Erdöl durch erneuerbare Energien und Energieeinsparmaßnahmen zu ersetzen und damit den Verbrauch fossiler Kraftstoffe komplett einzustellen. Schweden forciert damit die energiepolitische Wende, die bereits während der Ölpreisschocks der 1970er Jahre eingeleitet wurde. 1970 deckte Schweden noch 77 Prozent seines Gesamtenergieverbrauchs durch Öl. Bis 2006 konnte der Anteil auf etwa 34 Prozent gedrückt werden.[3] Der verbleibende Anteil wird weitgehend aus Kernenergie (33,5% im Jahr 2003) und Wasserkraft generiert.[1]

Die geplante Reduzierung der Kohlenstoffemission soll teilweise durch die Realisierung der Vorschläge des Komitees erreicht werden. Die zum Zeitpunkt der Berichterstellung amtierende Energieministerin Mona Sahlin hält fest: "Es wird immer bessere Alternativen zum Öl geben. Das bedeutet, dass kein Haushalt Öl zum Heizen brauchen und kein Autofahrer nur von Benzin abhängig sein sollte." Zudem wird erwartet, dass der Ölausstieg die Rolle Schwedens in der nachhaltigen Entwicklung stärkt und die internationale Konkurrenzfähigkeit im wirtschaftlichen Bereich wächst.

Energiequellen

Technische Lösungen enthalten unter diesen Bedingungen die Weiterentwicklung von Solarzellen, Windparks, Wellenkraftwerken, einen großen Zuwachs an Fernwärmeanlagen, die verstärkte Verwendung von Wärmepumpen und der Anbau einheimischer Biokraftstoffe. Es wird erwartet, dass Forschung, Entwicklung und Kommerzialisierung dieser Technologien von der Regierung unterstützt werden.

Das Komitee empfiehlt weiterhin, dass die Regierung eine Zunahme der Nutzung von Erdgas nicht fördern sollte, da befürchtet wird, dass dies die Entwicklung von Biokraftstoff hemmen und die Verwendung von Gas als Ölersatz fördern würde.

Energieverbrauch

Um den Energieverbrauch zu senken, sieht das Komitee vor, dass bis zum Jahr 2020 mindestens 75 Prozent aller neuen Gebäude unterhalb des energietechnischen Anforderungsniveaus betrieben werden, ähnlich dem Gebäudestandard in Deutschland. Ferner sei es notwendig, bestehende Häuser zu modernisieren, was die Umstellung von Heizungssystemen auf Fernheizung, Biokraftstoffen oder Wärmepumpen einschließt.

Weiterhin erhofft sich die Regierung mit dieser Maßnahme eine verstärkte Nutzung von Arbeiten außerhalb eines Unternehmens, Videokonferenzen, Internetkonferenzen, öffentlichen Verkehrsmitteln, Wasserwegen, Hybridantrieben und kleineren, leichteren mit Biodiesel betriebenen Autos.

Mit dem reduzierten Verbrauch in der Industrie sieht die schwedische Regelung für die Vergabe von Emissionsberechtigungen eine Kürzung um 25 % ihres anfänglichen Niveaus bis 2020 vor.

Vermutlich werden auch das Steuersystem, Bildung und öffentliche Initiativen zur Beeinflussung von Energieentscheidungen genutzt werden.

Entwicklung

Bei der Veröffentlichung wurden die Komiteeempfehlungen von der nationalen Automobilindustrie (BIL Sweden) unterstützt. Die Holzwirtschaft auf der anderen Seite war gegen die Empfehlungen, da sie befürchtet, dass im Inland produzierte profitable Exporte gegen einkommensschwache heimische Produktionen von Biokraftstoffen eingetauscht werden.[4]

Die Zukunft der Empfehlungen ist aufgrund der Niederlage der Partei des Premierministers (Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Schwedens) bei den Septemberwahlen 2006 ungewiss. Die Komiteesempfehlungen bleiben weiterhin von internationalem Interesse.

Siehe auch

Quellen

  1. a b Gänzlicher Verzicht auf Öl. Telepolis. 8. Februar 2006
  2. Making Sweden an OIL-FREE Society. In: Prime Minister's Office Commission on Oil Independence. 21. Juni 2006
  3. Schweden will sich bis 2020 vom Öl befreien. Der Spiegel. 9. Februar 2006
  4. Alan AtKisson: Letter from Sweden: Fossil Fuel-Free by 2020, Maybe. In: Worldchanging. 18. August 2006

Weblinks

Englischsprachige Weblinks


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