Schüddekopf

Schüddekopf

Otto Ernst Schüddekopf (* 20. November 1912 in Berlin; † 19. Oktober 1984 in Braunschweig) war ein deutscher Historiker.

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Leben

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Er promovierte 1938 und war als England-Referent des Auslandsnachrichtendienstes Angehöriger des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) im Rang eines SS-Obersturmführers.

In ihrer Dissertationsschrift[1] legt die Sozialökonomin Ina Schmidt dar, dass Schüddekopf einem heidnisch-konservativen Intellektuellenkreis um den Nationalrevolutionär Friedrich Hielscher angehörte. Dieser Kreis habe sich Ende der 20er Jahre von nationalistischen und antisemitischen Vorstellungen gelöst und sei 1933 (zumindest innerlich) zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus übergegangen. Die Platzierung Schüddekopfs im Reichssicherheitshauptamt sei Teil Hielschers Taktik gewesen, „Kreismitglieder für den Tag eines möglichen Umsturzes in Einflusspositionen des Systems vorzuschieben“, durch die auch Wolfram Sievers als Geschäftsführer des „Ahnenerbes“ der SS installiert worden sei.[2] Ob der Kreis um Hielscher wirklich zum Widerstand zu zählen sei, ist unter Historikern jedoch umstritten.[3]

Britischen Archivunterlagen zufolge wechselte Schüddekopf 1942 von der Armee zum Reichssicherheitshauptamt. Dort leitete er im Amt VI das England-Referat der Abteilung D (Westen, Englisch-amerikanisches Einflußgebiet mit neun Referaten), die von Theodor Paeffgen geleitet wurde. Schüddekopf war zuständig für Spionage gegen Großbritannien und arbeitete eng mit Walter Schellenberg, dem Leiter von Amt VI, zusammen. Nach Schüddekopfs Festnahme 1945 machte er bei Verhören durch MI5 in Camp 020 (ein Gefängnis in Südwest-London namens Latchmere House, das damals unter dem Namen Camp 020 für Vernehmungen feinlicher Geheimagenten genutzt wurde) ausführliche Angaben über das Britische Freikorps, die Versendung von Agenten nach Irland zur Vorbereitung einer Invasion und über den Spionagefall Cicero (alias Elyesa Bazna).[4]

Nach Kriegsende wurden seine Schriften Die britische Marinepolitik (1938), Britische Gedanken über den Einsatz des Luftheeres (1939) und Die Stützpunktpolitik des Deutschen Reiches 1890–1914 (1941) in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[5][6]

1953 arbeitete Schüddekopf als Dozent für Geschichte und war Mitherausgeber des Internationalen Jahrbuchs für Geschichts- und Geographieunterricht. Der 1973 mit dem Kulturpreis des Deutschen Gewerkschaftsbundes geehrte Wissenschaftler starb 1984.

Schriften (Auswahl)

  • 1938: Die wehrgeographischen und strategischen Grundlagen der britischen Marinepolitik vom Beginn des Imperialismus bis zum Ende des Weltkrieges: 1880 bis 1918. Hamburg: Hanseat. Verl. Anst. [Auch im Buchh. u. d. T.: Die brit. Marinepolitik: Wehrgeograph. u. strateg. Grundlagen; 1880 bis 1918. Als: Veröffentlichungen d. Inst. f. allg. Wehrlehre d. Friedrich-Wilhelms-Univ. Berlin. H. 2]
  • 1939: Britische Gedanken über den Einsatz des Luftheeres. Berlin: Mittler.
  • 1941: Die Stützpunktpolitik des Deutschen Reiches: 1890–1914. Berlin: Junker u. Dünnhaupt. (Schriften für Politik und Auslandskunde; H. 74)
  • 1955: Das Heer und die Republik. Quellen zur Politik der Reichswehrführung 1918 bis 1933. Hannover/Frankfurt am Main.
  • 1960: Linke Leute von Rechts. Die nationalrevolutionären Minderheiten und der Kommunismus in der Weimarer Republik. Stuttgart. (Neuauflage Nationalbolschewismus in Deutschland 1918–1933. Frankfurt am Main 1973, ISBN 3-548-02996-5)
  • 1962: Karl Radek in Berlin. Ein Kapitel dt.-russ. Beziehungen im Jahre 1919. In: Archiv für Sozialgeschichte, Bd. II, S. 87–166.
  • 1966: Zwanzig Jahre westeuropäischer Schulgeschichtsbuchrevision, 1945–1965: Tatsachen u. Probleme. Braunschweig: Limbach. 119 S. (Schriftenreihe d. Internat. Schulbuchinst. 12.).
  • 1973: Herrliche Kaiserzeit. Mit e. Einf. v. Hans Joachim Schoeps. (Berlin [u.a.]): Ullstein (1973). 301 S.
  • 1977: Der deutsche Widerstand gegen den Nationalsozialismus: Seine Darst. in Lehrplänen u. Schulbüchern d. Fächer Geschichte u. Politik in d. Bundesrepublik Dtschld. Im Auftr. d. Forschungsgemeinschaft 20. Juli e. V. (1. Aufl.), Frankfurt a.M., München [u.a.]: Diesterweg. XIV,55 S. (=Geschichte lehren u. lernen. [1].). Zugl. ersch. in: Schriftenreihe d. Forschungsgemeinschaft 20. Juli.
  • 1977: Der Erste Weltkrieg. Gütersloh: Bertelsmann-Lexikon-Verlag. ISBN 3-570-05021-1

Literatur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich: Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.

Quellen

Einzelnachweise

  1. Ina Schmidt: Der Herr des Feuers. Friedrich Hielscher und sein Kreis zwischen Heidentum, neuem Nationalismus und Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Köln: SH-Verlag 2004. ISBN 3-89498-135-0 (zugleich Diss. an der Universität Hamburg bei Stefan Breuer 2002).
  2. Berthold Petzinna: Rezension zu: Schmidt, Ina: Der Herr des Feuers. Friedrich Hielscher und sein Kreis zwischen Heidentum, neuem Nationalismus und Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Köln 2004. In: H-Soz-u-Kult, 29.07.2004.
  3. Michael H. Kater: Das "Ahnenerbe" der SS 1935–1945: Ein Beitrag zur Kulturpolitik des dritten Reiches. Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 2006. ISBN 3-486-57950-9 urteilt, dass im ähnlich gelagerten Fall des Wolfram Sievers die Geschichte von der Installation des Hielscher-Anhängers im SS-System zum Zwecke des Widerstands eine „fabrizierte“ „Legende“ sei (S. 313) und kommt zu dem Schluss, dass er kein Widerstandskämpfer gewesen sei (S. 332).
  4. The National Archives (UK): Records of the Security Service: Personal (PF Series) Files: WORLD WAR II: German Intelligence Officers (englisch)
  5. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-s.html
  6. http://www.polunbi.de/bibliothek/1948-nslit-s.html



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