- Sehnenscheidenentzündung
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Klassifikation nach ICD-10 M65.4 Tendovaginitis de Quervain M65.9 Sehnenscheidenentzündung (Synovitis und Tenosynovitis, nicht näher bezeichnet) ICD-10 online (WHO-Version 2011) Die Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis, auch Peritendinitis oder Paratendinitis) ist eine Entzündung der Sehnenscheiden. Sie äußert sich in starken stechenden oder ziehenden Schmerzen. Sehnenscheidenentzündungen treten vor allem im Bereich des Handgelenks auf, aber z. B. auch im Sprunggelenk-Bereich. Prinzipiell sind sie überall dort möglich, wo Sehnenscheiden existieren.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen
Nichtinfektiöse Ursachen
Sehnenscheidenentzündungen treten im Sportbereich vor allem durch schnelle Steigerungen von Belastung oder Belastungsdauer auf. Dies betrifft zum Beispiel bei (Ski-)Langläufern die Sehnenscheiden der Fußstrecker und der Fußbeuger.
Eine Sehnenscheidenentzündung kann auch durch längerfristiges Überstrapazieren der Handgelenke verursacht werden. Beispiele für solche Ursachen sind Fehlhaltungen oder eine unergonomische Ausstattung an Computer-Arbeitsplätzen – die zum, manchmal umgangssprachlich auch als „Mausarm“ bezeichneten, Repetitive Strain Injury Syndrom führen können – und ähnlich monoton belastende Tätigkeiten sowie fortgesetzte Überbeanspruchung des Handgelenks.
Früher waren Sehnenscheidenentzündungen bei Sekretärinnen sehr häufig, da beim Schreiben mit mechanischen Schreibmaschinen ein höherer Kraftaufwand als bei modernen Tastaturen erforderlich war.
Neue Studien zum erkrankten Sehnenmaterial zeigen, dass die Fibroblasten vermehrt das instabilere Kollagen Typ 3 anstelle des stabileren Kollagens Typ 1 produzieren. Dies deutet auf degenerative Prozesse hin.
Häufig betroffene Berufsgruppen sind Schreibkräfte und Softwareentwickler, Musiker, Köche, Friseure, Masseure und Physiotherapeuten sowie Monteure, Konstrukteure und Floristen.
Im September 2006 wurde ein Grundsatzurteil des Verwaltungsgerichts Göttingen veröffentlicht, das die Sehnenscheidenentzündung einer Bahn-Schalter-Beamtin als Berufskrankheit anerkannte (Az: 3 A 38/05). Grundlegend für das Urteil war die deutsche Berufskrankheitenverordnung, die auch für alle gesetzlich sozialversicherten Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft gilt. Zuständig für Streitfälle, die die gesetzliche Unfallversicherung betreffen, sind in Deutschland in aller Regel die Sozialgerichte, außer für Beamte.[1]
Bei chronischen Beschwerden wird von einem RSI-Syndrom (repetitive strain injury) gesprochen.
Infektiöse Ursachen
Infektionen treten vor allem bei Stichverletzungen auf, die zu einer Öffnung der Sehnenscheide und Besiedlung mit Bakterien führen. Der Befall des Synoviaepithels der Sehnenscheiden ist auch für Erreger bekannt, die postinfektiöse Arthritiden auslösen können. Die häufigsten Erreger bei offenen Wunden sind Staphylokokken und Streptokokken. Die Behandlung orientiert sich an der aller Weichteilinfekte. Prinzipien sind die Ruhigstellung, chirurgische Entlastung und die Gabe eines Antibiotikums.
Darüber hinaus kann das Synoviaepithel, das sowohl Sehnenscheiden als auch Gelenkhöhlen auskleidet, auch von Chlamydien, Mykoplasmen, Gonokokken u. a. direkt befallen werden oder diese können immunologische Kreuzreaktionen auslösen. Eine antibiotische Therapie ist abhängig vom Erreger und beim serologischen Nachweis eines aktiven Infektionsgeschehens wirksam. Es wird auch vermutet, dass Chlamydien, Mykoplasmen, Durchfall-Erreger (z. B. Yersinien), Borrelien und andere an chronischen und rheumatologischen Verläufen beteiligt sind. Sie können eine postinfektiöse Arthritis auslösen. Die Primärinfektionen können dabei teilweise einen nahezu asymptomatischen Verlauf zeigen, weshalb die Beschwerden oft nicht mit einer Infektion in Verbindung gebracht werden und stattdessen oft auf eine Überlastungssituation zurückgeführt werden.
Im Folgenden wird nur die wesentlich häufigere nicht-infektiöse Sehnenscheidenentzündung beschrieben, nicht jedoch die rheumatologischen und akut-eitrigen Formen.
Symptome
Bei einer akuten Entzündung ist ein Druckschmerz entlang des Sehnen- und Muskelverlaufs typisch. Oft bestehen auch eine Überwärmung und Rötung als Entzündungszeichen. In ausgeprägten Fällen ist auch Ruheschmerz vorhanden, nur wenig Besserung zeigt sich nach der Ruhigstellung über Nacht.
Die chronischen Formen machen sich zum Teil nur durch knotige Verdickungen der betroffenen Sehne bemerkbar, teilweise mit schmerzhaftem, tastbarem „Knirschen“ und Reiben der Sehne. Dadurch kann es zum Phänomen der so genannten schnellenden Finger (Tendovaginitis stenosans) kommen: Dabei steckt die verdickte Sehne zunächst in der Sehnenscheide fest, bei stärkerem Muskelzug gleitet sie dann plötzlich aus der Verengung heraus (vor allem bei Extensionsbewegungen). In der Schweiz wird dazu auch 'Spickfinger' gesagt.
Bei der klinischen Untersuchung zeigt sich eine typische Zone des Druckschmerzes, die sich an die anatomischen Grenzen der betroffenen Sehne und des Muskels hält. Auch besteht ein Schmerz bei passiver Überstreckung der Sehne (vgl. unten: Finkelstein-Test) und bei aktiver Anspannung des Muskels gegen Widerstand.
Abgegrenzt werden müssen u. a. Schmerzen im Gelenk (Arthralgien, Arthrose), Schmerzen am Sehnenansatz im Knochen (Insertionstendopathie, z. B. Tennisellenbogen) und Engpass-Syndrome peripherer Nerven (z. B. Supinatorlogen-Syndrom). Bei Sehnen, die keine Sehnenscheide haben, kann hingegen eine Paratendinitis vorliegen, z. B. an der Achillessehne.
Therapie
Bei starken Schmerzen kann eine Ruhigstellung des betroffenen Muskels (Schiene, Gipsverband) sinnvoll sein. Oft wird ein stützender Verband angelegt, und oft eine entzündungshemmende Salbe appliziert. Nichtsteroidale Antirheumatika lindern ebenfalls die Schmerzen und hemmen die Entzündung.
Mittelfristig kann eine Klett-Schiene sinnvoll sein, die über die Kompression Beschwerden lindert. Ergotherapie und eine Anpassung der Arbeitsbelastung sind ebenfalls sinnvoll, etwa durch anderes Arbeitsgerät oder längere Pausen während der Arbeit usw. Bei Musikern hilft lockeres Warmspielen oder Aufwärmübungen der Hände und Handgelenke vor dem eigentlichen Spiel, um der Sehnenscheidenentzündung vorzubeugen.
Bei chronischen Beschwerden können auch lokale Betäubungsmittel (Lokalanästhetika) eingespritzt werden, gelegentlich werden auch Cortison-Präparate verwendet. Besonders bei der stenosierenden Form ist eine operative Spaltung der Sehnenscheide möglich. Bei der chronischen Entzündung wird, im Gegensatz zur akuten Entzündung, Wärme meist als angenehmer empfunden als Kälte.
Einige medizinische Studien zur Extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) zeigen, dass 70–80 % der Behandelten nach drei Monaten eine deutliche Linderung der Beschwerden angaben. Allerdings ist nach dieser Zeit generell mit einer hohen Besserungsrate auch ohne Therapie zu rechnen. Andere Studien zeigen keinerlei Wirkung, das Verfahren ist nicht allgemein anerkannt. In Deutschland ist es eine Selbstzahler-Leistung, deren Behandlung wegen fehlender Studien guter Qualität nicht von den Krankenkassen übernommen wird.
Sonderform
Tendovaginitis stenosans de Quervain (Quervain-Krankheit) des ersten Sehnenfaches. Hierdurch verlaufen die Sehnen der Daumenmuskel M. abductor pollicis longus und des M. extensor pollicis brevis. Ursache ist meist eine Überlastung dieser Sehnen durch häufige Abduktion (Bewegung des Daumens von der Handfläche weg) und Veranlagung. Ein gehäuftes Auftreten wird bei Müttern beobachtet, die häufig ein Baby mit kraftvoller Daumenabduktion halten, sowie neuerdings bei extrem häufigem Tippen von SMS-Nachrichten.
Klinisch ist dabei meist der Finkelstein-Test (nach Harry Finkelstein, 1865–1939) positiv, der einer passiven Überdehnung der Sehnen entspricht. Dabei wird der Patient aufgefordert, den Daumen in die Hohlhand einzuschlagen und eine Faust zu machen. Das Abwinkeln der Hand in Richtung kleiner Finger durch den Untersucher erzeugt dann zunehmend Schmerzen im ersten Strecksehnenfach neben der Tabatiere, die auf den Arm ausstrahlen.
Siehe auch
Operationsvideo aus dem Operationssaal einer Handchirurgischen Praxis
Quellen
- ↑ http://www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=25520 Bericht des Ärzteblatts vom 4. September 2006
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