Seidensänger

Seidensänger
Seidensänger
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Seidensänger (Cettia cetti)

Systematik
Ordnung: Sperlingsvögel (Passeriformes)
Unterordnung: Singvögel (Passeri)
Überfamilie: Grasmückenartige (Sylvioidea)
Familie: Buschsänger (Cettiidae)
Gattung: Cettia
Art: Seidensänger
Wissenschaftlicher Name
Cettia cetti
(Temminck, 1820)
Seidensänger im Naturpark Albufera auf Mallorca
Verbreitungsgebiet von Cettia cetti.Orange:Brutgebiete.Blau:Gebiete werden im Winter geräumt

Die Seidensänger (Cettia cetti) sind kleine insektenfressende Singvögel aus der Überfamilie der Grasmückenartigen (Sylviidae) syn. Zweigsänger. Nach neueren Vergleichen der DNA sind sie über die Gattung und deren Namen Typus der Familie Cettiidae mit gegenwärtig 38 Arten.[1][2][3]

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Seidensänger sind 13–14 cm lange unscheinbare Singvögel. Nach äußeren Merkmalen können sie mit dem Schilfrohrsänger oder dem Rohrschwirl verwechselt werden, wirken aber durch den kurzen Hals kompakter als diese. Der Schnabel ist spitz, der Schwanz ist breit, die Flügel sind stark gerundet. Die Oberseite ist rotbraun bis bräunlich, die Unterseite schmutzig grauweiß mit bräunlichen Tönen im Bereich von Flanken und Bauch, der Augenstreif ist schmal und wirkt verwaschen, ist aber länger als bei Schilfrohrsänger und Rohrschwirl.[4] Beide Geschlechter sind äußerlich gleich.

Stimme

Deutlichstes Kennzeichen sind die unverwechselbaren Gesänge, die in Serien von plötzlichen metallisch lauten Ausbrüchen vorgetragen werden, die ebenso abrupt enden.Obwohl der Name Cettia cetti auf den italienischen Zoologen Francesco Cetti hinweist, ist er durchaus auch lautmalerisch zu verstehen, da die Vögel gewissermaßen rhythmisch ihr Artepitheton Cetti singen, das ‚chetty‘ gesprochen wird: „Der Hit? Wie heißt der? …Cetti, Cetti-Cetti… der ist’s.“[5] Wo sie Jahresvogel sind, singen die Männchen das ganze Jahr hindurch, wenngleich im Juli und August weniger.

Lebensraum und Ernährung

Seidensänger bewohnen dichtes Gebüsch in Gewässernähe mit Deckungspflanzen wie Schilf, Weiden, Bambus, Papyrus, Weißdorn, Brombeere und Brennnessel. Sie ernähren sich vorwiegend von Insekten und deren Larven, Spinnen, kleinen Schnecken und anderen kleineren Weichtieren, fressen aber auch gelegentlich Pflanzensamen. Obwohl sie nur selten das dichte feuchte Pflanzengewirr an Wasserläufen, Kanälen oder Gräben verlassen, klettern sie doch zur Ernährung niedrig in Büschen und rennen am Boden.[5]

Brutbiologie

Im Sommer bringt das Männchen die überwiegende Zeit damit zu, sein Revier aus der Deckung heraus gegenüber Rivalen akustisch zu markieren und dabei bis zu drei Weibchen herbei zu locken. Dabei bewegt er sich im Gebüsch sehr lebhaft, zuckt oft mit Flügeln und Schwanz und stelzt den Schwanz ähnlich wie ein Zaunkönig es tut. Das Männchen geht gleichzeitig bis zu drei Brutehen in seinem Revier ein. Am Nestbau und Brutgeschäft beteiligt er sich nicht.In Europa gibt es zumeist eine Brut Mitte April und eine zweite im Juni. Dazu baut das Weibchen aus Halmen ein napfförmiges Nest von etwa 9 cm Außendurchmesser und 7–13 cm Höhe in weniger als einem halben Meter Höhe in das Pflanzengestrüpp.Darin brütet das Weibchen alleine drei bis fünf breitovale, dunkelorange bis braunrötliche Eier 13–17 Tage lang aus. Das Männchen beteiligt sich gelegentlich an der Aufzucht der Jungvögel, die nach 14–16 Tagen flügge werden.[6][4]

Verbreitungsgebiete

Seidensänger sind Jahresvögel im Mittelmeerraum. Sie kommen in Marokko, Spanien, von Südfrankreich über Italien, Griechenland und Vorderasien bis nach Nord-Iran und Nord-Afghanistan vor und erreichen im Osten Kasachstan und Zentralasien. Im Kaukasus sind sie Brutvögel und ziehen im Winter westwärts.

Brutvorstöße

Obwohl sie in Europa Standvögel sind, kommt es doch regelmäßig zu Ausweitungen der Verbreitungsgebiete nach Mitteleuropa. Ausgehend von Südfrankreich vergrößerte der Seidensänger regelmäßig sein Verbreitungsgebiet nach Norden. 1973 wurden die ersten Bruten in Großbritannien bemerkt, 1975 das erste Brutvorkommen in Deutschland und in der Schweiz. 1977 wurden in den Niederlanden 60 Brutpaare festgestellt, dann bis 1983 jährlich 10–20 Brutpaare. In all diesen Fällen erloschen die Populationen jedoch wieder. Aus Beringungsprojekten weiß man, dass diese Brutvorstöße von Jungtieren ausgehen und den Brutversuchen jeweils milde Winter vorausgehen.Insofern können diese Brutvorstöße der Seidensänger als Bioindikatoren für die klimatischen Verhältnisse in Mitteleuropa genommen werden bzw. Hinweise auf klimatische Änderungen liefern.[7]

Verwandtschaft / Systematik

Die neueren Untersuchungen zur Abstammung und Klassifikation der Sperlingsvögel (Passeriformes) basieren auf dem Vergleich von DNA-Sequenzen der Gene des Myoglobin Intron II, des Zellkerns und des Cytochrom b der Mitochondrien. Für die Gattung Cettia haben diese Untersuchungen erwartungsgemäß die Zugehörigkeit zur Überfamilie Sylvioidea (Grasmückenähnliche) bestätigt, nicht dagegen die besondere Nähe zu den äußerlich so ähnlichen Rohrsängern (Acrocephalus) und den Schwirlen (Locustella). Desgleichen konnte kein unmittelbarer gemeinsamer Vorfahre mit der Gattung Bradypterus bestätigt werden, mit denen die Seidensänger bisher zu den Buschsängern zusammengefasst wurden. Vielmehr ist die Gattung Cettia nun Typus-Gattung der Familie Cettiidae mit gegenwärtig 38 Arten.[1]

Literatur

  • Svensson, Grant, Mullarney, Zetterström: Der neue Kosmos-Vogelführer. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1999, ISBN 3-440-07720-9
  • Anne Puchta, Klaus Richarz: Steinbachs großer Vogelführer. Eugen Ulmer, Stuttgart 2006, ISBN 3-8001-4490-5
  • Hans Bub, Harald Dorsch: Cistensänger, Seidensänger, Schwirle und Rohrsänger. 1. Auflage. Neue Brehm-Bücherei Nr. 580, A. Ziemsen Verlag, Lutherstadt Wittenberg 1988, ISBN 3-7403-0020-5. 92 Abbildungen. 221 S. 8°, broschiert/Taschenbuch

Weblinks

  • Cettia cetti in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2008. Eingestellt von: BirdLife International, 2008. Abgerufen am 31. Januar 2009
  • Stimmproben und Klangspektrogramme aus verschiedenen Regionen (WAV-Format)

Einzelnachweise

  1. a b P. Alström, P.G.P. Ericson, U. Olsson, P.Sundberg: Phylogeny and classification of the avian superfamily Sylvioidea. Mol. Phylogenet. Evol. 38(2), 2006, S. 381–397. doi:10.1016/j.ympev.2005.05.015 PDF fulltext
  2. Josep del Hoyo, Andrew Elliott, Jordi Sargatal (eds.): Handbook of Birds of the World (Volume 11: Old World Flycatchers to Old World Warblers). Lynx Edicions, Barcelona 2006, ISBN 84-96553-06-X
  3. J. Fuchs, J. Fjeldså, R.C.K. Bowie, G. Voelker, E. Pasquet: The African warbler genus Hyliota as a lost lineage in the Oscine songbird tree: Molecular support for an African origin of the Passerida. Mol. Phylogenet. Evol. 39(1), 2006, S. 186–197. doi:10.1016/j.ympev.2005.07.020 (HTML abstract)
  4. a b birds-online.ch
  5. a b Svensson, Grant, Mullarney, Zetterström: Der neue Kosmos-Vogelführer. Franckh-Kosmos, Stuttgart 1999
  6. Hans Bub, Harald Dorsch: Cistensänger, Seidensänger, Schwirle und Rohrsänger. 1. Auflage. Neue Brehm-Bücherei Nr. 580, A. Ziemsen Verlag, Lutherstadt Wittenberg 1988.
  7. Robert A. Robinson, Stephen N. Freeman, Mark J. Grantham, Dawn E. Balmer: Cetti’s Warbler Cettia cetti: analysis of an expanding population: Capsule Productivity in the UK Cetti’s Warbler population is constant, but overwinter survival has become increasingly dependent on winter temperatures. In: Bird Study, Volume 54, Issue 2 July 2007, pages 230–235

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