- Selbstverlag
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Selbstverlag (auch Eigenverlag genannt) bezeichnet die Herausgabe eines Buchs oder anderer Publikationen durch den Autor oder Künstler selbst (Selbstverleger) oder durch eine meist wissenschaftliche Institution, die ausschließlich eigene Werke wie Forschungsberichte etc. herausgibt. Derartige Verlage findet man bei vielen wissenschaftlichen Einrichtungen wie Universitäten ("Universitätsverlag der TU Berlin", [Verlagsnummer 7983]), einzelnen Instituten ("Institut für Wohnpolitik und Stadtökologie e. V. [89215]) oder Wissenschaftstransferstellen wie dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung [87994]. Dabei erbringt oder finanziert der Autor oder die Institution Leistungen selbst, die traditionell von einem wirtschaftlich orientierten Verlag ausgeführt werden. Dazu gehören Vorbereitung, Lektorat, Herstellung und Marketing. Durch Ausdehnung der Verlagstätigkeit kann aus einem Selbstverlag ein Independent-Verlag entstehen, der neben eigenen auch Produkte anderer Autoren vervielfältigt. Insofern besitzt ein Selbstverlag eine typische strategische Ausrichtung; über die Größe eines Verlages sagt der Begriff Selbstverlag nicht viel aus. Auch einen Großverlag wie WEKA MEDIA [8277] kann man als Selbstverlag einordnen, da ausschließlich eigene Produkte publiziert werden.
Zu unterscheiden ist zwischen einem Selbst- oder Eigenverlag, der formal überhaupt nicht als Verlag zählt und seine meist eigenen Werke daher ohne ISBN vertreibt, und speziellen Verlagen mit zugeteilter ISBN-Verlagsnummer, die als formelle gelistete Verlage ausschließlich eigene Produkte auf eigene Kosten publizieren. Da an die Zuteilung einer Verlagsnummer keine hohen Ansprüche gesetzt werden, erscheinen auch von Autoren selbst produzierte Veröffentlichungen üblicherweise mit einer ISBN und damit zumindest durch einen gelisteten Selbstverlag. Im „Eigenverlag“ ohne ISBN – und damit eher ohne Verlag – werden beispielsweise interne Hochschulveröffentlichungen oder rein private Bücher für einen festen Abnehmerkreis produziert.
Die Gründe für die Veröffentlichung eines Werks im Selbstverlag sind vielfältig:
- Kleiner Kreis von Rezipienten: Der Autor umgeht die bürokratischen Hürden eines normalen Verlags und behält die volle inhaltliche Kontrolle. Oft findet sich kein Verlag, weil ein Werk die inhaltlichen oder wirtschaftlichen Anforderungen nicht erfüllt. Für Autoren mit hohem Anspruch und wenig Tauglichkeit für den Massengeschmack bleibt nur der Selbstverlag zur Veröffentlichung.
- „Vanity publishing“: Selbstverlag ist oft die einzige Möglichkeit, überhaupt etwas zu veröffentlichen (z. B. aus Eitelkeit, „vanity publishing“).
- Wunsch nach Gewinnmaximierung: Verlage zahlen meist geringe Honorare. Wissenschaftliche Veröffentlichungen werden oft gar nicht honoriert oder müssen sogar mitfinanziert werden. Autoren erhoffen sich einen höheren Gewinn, wenn sie auf einen wirtschaftlich orientierten Verlag und dessen Leistungen verzichten.
- Wunsch nach Verlustminimierung: Wissenschaftliche Publikationen mit nicht so hoher Auflage lassen sich über einen wirtschaftlichen Verlag kaum finanzieren. Über einen Selbstverlag lassen sich Publikationen quasi zum Selbstkostenpreis bei Übernahme der wissenschaftlichen Redaktionsarbeit produzieren und an einen fachlich festen Abnehmerkreis verkaufen. Wenn die Institution wie eine Universität dann noch die Herstellung vorfinanziert, können sich die Herausgeber auf das Lektorat konzentrieren.
Buchveröffentlichungen im Selbstverlag verzeichnen seit der Einführung von preiswerten Print-on-demand- beziehungsweise Book-on-Demand-Diensten eine starke Zunahme. Durch E-Books können Bücher auch ohne gedruckte Exemplare veröffentlicht werden, doch wird das physische Buch gerade im Vanity-Bereich immer noch bevorzugt.
Wissenschaftliche Veröffentlichungen im Selbstverlag haben unter Wissenschaftlern teilweise einen geringen Stellenwert, sofern das bei wissenschaftlichen Veröffentlichungen übliche Peer-Review fehlt. Bei institutionellen Selbstverlagen sind allerdings renommierte Herausgebergruppen und/oder Beiräte in die Publikation eingebunden. Literarische Veröffentlichungen im Selbstverlag sind teils nicht sehr angesehen, da die Qualitätskontrolle eines unabhängigen Verlegers fehlt. Beispielsweise schließt der Verband deutscher Schriftsteller in seinen Aufnahmebedingungen für neue Mitglieder selbstfinanzierte Buchveröffentlichungen aus. Allerdings gibt es historisch Beispiele für selbstveröffentlichte Werke von großer späterer Bedeutung - dazu zählt beispielsweise auch das Lebenswerk des Alexander von Humboldt. Der schlechte Ruf des Selbstverlegertums hängt einerseits mit Qualitätssicherung, andererseits aber auch mit wirtschaftlichen Interessen der etablierten Verlage zusammen.
Musikveröffentlichungen im Selbstverlag haben durch das Internet einen Aufschwung erlebt. Der Selbstverlag von CDs ist ebenfalls recht preiswert möglich.
Auflagen im Selbstverlag sind teils recht klein. Der Absatz leidet häufig unter der Qualität des Werks und unter den beschränkten Marketing-Möglichkeiten eines Selbstverlegers. Nur wenige Buchhandlungen präsentieren ein Selbstverlag-Buch, eine eigene ISBN generiert keine automatischen Aufträge. Ein gutes Marketingwerkzeug ist eine Buch-bezogene Homepage, auf die der mögliche Leserkreis durch klassische Werbung aufmerksam gemacht wird.
Soll der Buchhandel das Buch verkaufen, sollte das Buch im „Verzeichnis Lieferbarer Bücher“ (VLB) eingetragen werden. Allerdings verursacht bei Einzeltiteln die Eintragung im VLB häufig Kosten, die über den Einnahmen aus den Buchverkäufen liegen. Auch relativiert sich heute die Bedeutung des VLB durch andere - zum Teil vollständigere - Buchkataloge wie die Kataloge der Grossisten oder verschiedener Onlineanbieter.
Siehe auch
Literatur
- Offenere Türen für neue Autoren? Neue Optionen im britischen Verlagswesen. in: Neue Zürcher Zeitung. Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 8. August 2005.
Kategorie:- Verlagswirtschaft
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