Baccamun

Baccamun
Aufriss der Hensenmühle

Die Ortschaft Baccum liegt im Süden des Landkreises Emsland, östlich von Lingen auf einer Höhe von 40 m ü. NN. Der Ort war früher selbstständig und ist heute ein Ortsteil der Stadt Lingen (Ems). Dem ehemaligen Kirchdorf Baccum waren die verwaltungsmäßig selbstständigen Bauernschaften Ramsel und Münnigbüren zugeordnet. Alle drei bildeten zusammen auf einer Grundfläche von 23 km² die Kirchen- und Schulgemeinde Baccum.

Inhaltsverzeichnis

Herkunft der Ortsnamen

Die Herkunft des Namens Baccum (alt: Baccamun, später Backamen) ist nicht sicher. (Der Ort hat niemals Bacheim, nach dem eine Straße irrtümlich benannt ist, geheißen.) Das Bestimmungswort ba(c,k) bedeutet Hügel; aus idogerm. bheg = biegen, germ. bah = wölben; vgl. altnord. bak, altfries. bek; beschreibt eine erhöhte Lage des Ortes. Das stimmt auch mit den vorhandenen, erhöht liegenden Steinsetzungen überein. Die Endigungen -ina, -ini, -ine, -inun, -enan, -enun, -um, -un, -ene, -en kommen in zahlreichen Ortsnamen anstelle eines abgeschlissenen Grundwortes vor, ohne dass sich entscheiden lässt, ob sie auf einunddasselbe oder auf mehrere ursprüngliche, alte Wörter zurückgehen. Darin steckt ein allgemeines Grundwort mit der Bedeutung „Siedlung“. Das im Emsland häufige -um ist im Gegensatz zu den Namen friesischer Gründungen eine jüngere Form, die zum Teile an die Stelle älterer getreten ist, beispielsweise auch bei Dersum statt Dersinun, Walchum für Walkiun, Mundersum statt Munersde.

Beim Namen Münnigbüren (alt: Mundiburi, später: Mundigburen) ist die Herkunft des Bestimmungswortes ungewiss. Mund kommt mit zwei Bedeutungen vor. 1. mund = reden, sprechen, Mund; aus indogerm. menth, vgl. germ. muntha, altsächs. u. altfries. muth, altnord. munnr; beschreibt die am Ort vollzogene Handlung. 2. mund = Schutz, behüten, Hand darüber halten; vgl. westgerm. mundo, altnord. mund; beschreibt den herausgehobenen Wert eines Ortes. Beide Herleitungen verweisen auf einen Versammlungsort. Das Grundwort: niederdtsch. -büren, -bur(en), -beuern, -beuren, -beuron, -birn etc. kommt althochdeutsch als bur „kleines Haus“ etc., mittelniederländ. buur für „Wohnung“, vergleiche Bauer (Vogelkäfig), vor.

Die Herkunft des Namens Ramsel (alt. Rameslo) könnte von ram / rem schwarz stammen; aus indogerm. re~ = dunkel, ram = schwärzlich rußig, schweiz. Mundart rám, rán, tirol. rám, kärntn. ramme. Das wird gestützt durch die Benennung des Bärlauchs (einer heiligen Pflanze der Göttin) als „Ramlauch“, vgl. hierzu engl. „ramson“. Hier wird ein Ort der Verehrung der Schwarzen / schwarzen Göttin benannt. Das Bestimmungwort und lo, loh = Gehölz bedeutet Holzbestand in nassem Gelände

Geschichte

Eine Ansiedlung muss im heutigen Baccum schon in der Jungsteinzeit (ca. 4.000 - 2.000 v. Chr.) bestanden haben. Dafür sprechen sieben Großsteingräber sowie Steinwaffenfunde. Diese wurden von den Leuten der Trichterbecherkultur errichtet. Ein Megalithgrab befand sich auf dem Langenberg im Münnigbürener Esch, drei auf dem Steinbrink, südlich der B 214, nahe der Gärtnerei, zwei auf der „Brömmlinge“, eins im „Forstort Schöttmer“. Die sieben Steingräber, die heute zerstört sind, lagen in allen drei Ortsteilen am Abhang des Baccumer Berges. Dieses lässt auf mehrere Sippen schließen, die um den Baccumer Berg herum wohnten. Über den Verbleib der Findlinge, mit denen die Großsteingräber errichtet worden sind, gibt es keine genauen Angaben. Auffallend sind die unbehauenen Steine im Fundament des Turmes der katholischen Kirche. Da über einen Antransport aus der Umgebung während des Kirchbaus nicht berichtet wird, ist es möglich, dass die Steine der Megalithgräber verwendet worden sind. Das heutige Zentrum des Ortes Baccum mit der Kirche liegt in einer Talsenke. Es ist möglich, dass sich hier in der Steinzeit ein Sumpf befand, was die relativ exponierte Lage der höher liegenden Megalithgräber erklärt. Archäologen datieren die Entstehung der nordischen Variante der ansonsten über weite Teile Europas und der Welt verbreiteten steinzeitlichen Anlagen mehrheitlich in die mittlere Jungsteinzeit etwa zwischen 3.500 und 2.800 vor Christus.

Gegen Ende der Bronzezeit um 1000 vor Christus erfolgten Feuerbestattungen und Beisetzungen der Asche in Urnen ohne besondere Grabbeigaben. Ein Urnenfeld, möglicherweise aus dieser Zeit, wurde an der Loowstraße auf der Wessmann’schen Kämpe, dem heutigen Schützenplatz, entdeckt. Zu dieser Zeit scheint daher auch die Talsenke, in der heute der Ortskern liegt, schon besiedelt gewesen zu sein.

Nach Tacitus, (* um 55 n. Chr.; † nach 115 n. Chr.), lebten in diesem Gebiet in der Nähe der Ems und auch weiter nördlich die Amsivarier, also die Emsmänner, die etwa 50 n. Chr. von vordringenden Chauken vertrieben wurden. Die Chauken sind bis zum 5. Jahrhundert ostwärts der Ems nachweisbar. Sie wurden ebenso wie die antiken Friesen („Frisii“) von den römischen Historikern Tacitus und C. Plinius d. Älteren den Ingaevonen zugeordnet. Baccum gehörte in germanischer und nachgermanischer Zeit zum Venkigau, der sich östlich der Ems von Altenlingen bis Recke und von Listrup bis Wettrup erstreckte. Der Sitz des zuständigen Gogerichtes und damit das Zentrum des Venkigaus war in Freren.

Im Urbar des Klosters Werden wird um 1000 der Ort Baccamun als Teil des Venkigaus bezeichnet. Das Heberegister des Klosters Corvey nennt ebenfalls zu dieser Zeit die Orte Mundiburi und Baccamun als abgabepflichtig. Ein Buovo lieferte 20 Scheffel Roggen, 10 Scheffel Gerste, 1 Schaf, und außerdem den Zehnten (18 Schafe, 18 Eimer Honig, 23 Scheffel Roggen). Man kann annehmen, dass diese große Menge an Abgaben nicht von einem Hof allein aufgebracht werden konnte, sondern dass andere Höfe ihren Anteil bei Buovo ablieferten und dieser für den Weitertransport nach Corvey sorgen musste. Um 1150 wird die Ortschaft im Heberegister Backamen geschrieben. Zu dieser Zeit sind auch Abgaben zweier namentlich nicht genannter Höfe im Ort Mundigburen (Münnigbüren) und eines weiteren Hofes aus Backamen an Corvey zu entrichten. Das Original dieses Schriftstückes befindet sich im Besitz des Klosters Corvey, eine Kopie im Nordrhein-Westfälischen Staatsarchiv Münster unter Msc. VII 5209. Ramsel wird hier erstmals um 1350 erwähnt.

Baccum gehörte schon in alter Zeit mit seinen Bauernschaften Ramsel und Münnigbüren zur Niedergrafschaft Lingen. 1974 wurde Baccum offiziell Ortsteil der Stadt Lingen (Ems).

Entwicklung der Ortschaft

Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs war die Bevölkerung in den ehemaligen Gemeinden Baccum, Ramsel und Münnigbüren fast ausschließlich landwirtschaftlich orientiert. Selbst Gaststätteninhaber, Krämer, Küster und Pastoren betrieben nebenher noch eine Landwirtschaft. 1900 hatte die Gesamtgemeinde Baccum 817 Einwohner. Die beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert verursachten in Baccum, Ramsel und Münnigbüren zwar Tote und Vermisste unter den eingezogenen Soldaten, aber nur geringe materielle Schäden. In den 1920er Jahren war der Kunstdünger eingeführt worden. Dieses führte zusammen mit der in den 1950er Jahren vorgenommenen verbesserten Entwässerung des Baccumer Bruchs zu besseren Ernten und einer Vermehrung der beackerbaren Flächen.

Nach 1950 entstanden die ersten Wohnhäuser für Heimatvertriebene aus dem Osten in Ramsel und Baccum. Besonders Baccum und Ramsel haben durch den Zuzug von Flüchtlingen eine sprunghafte Zunahme der Bevölkerungsdichte erfahren, während Münnigbüren nicht davon profitieren konnte. Heute haben die drei Orte zusammen etwa 2700 Einwohner. Das entspricht einer Dichte von 117 Einwohner je km². Neben mittelständischen Handwerksbetrieben, Gewerbetreibenden und Landwirten stellt sich Baccum-Ramsel-Münnigbüren heute überwiegend als Wohnsiedlung mit hoher Lebensqualität für Pendler dar.

1880 1900 1925 1933 1939 1950 2007 2009
Baccum 308 335 385 390 387 567 1.756 1.741
Ramsel 224 262 296 292 289 381 734 703
Münnigbüren 171 220 243 238 241 262 210 201
gesamt 703 817 924 965 917 1.210 2.700 2.645

Im Sommer 2008 soll Baccums bauliche Entwicklung in ein prähistorisches, bronzezeitliches Gräberfeld am Ostrand der bebauten Ortslage hinein weitergeführt werden. Dort sollen Einfamilienhäuser entstehen. Das öffentlich subventionierte Vorhaben eines privaten Investors löst kontroverse öffentliche Debatten aus.

Sport

Der Sport-Club Baccum 1946. e.V. ist der einzige Sportverein des Ortes und betreibt die Sportarten Fußball, Tennis, Volleyball, Turnen und Tischtennis. Dabei stellt die Fußballabteilung die wichtigste Abteilung dar. Im Jahre 2008 sind es insgesamt 22 Mannschaften mit ca. 401 aktiven Fußballer/innen die am Spielbetrieb teilnehmen. Die 1. Seniorenmannschaft spielt in der 1. Kreisklasse Emsland Süd. Größter sportlichen Erfolg im Seniorenbereich war die Meisterschaft in der Saison 1987/88 in der Kreisliga-Süd.

Söhne und Töchter des Ortes

1847 wurde in Baccum auf dem Hof Varelmann der spätere Bildhauer Heinrich Weltring geboren. Er starb 1917 in Thuine. Seine Statuen sind beispielsweise in Thuine, Plantlünne, Karlsruhe oder Heidelberg, nicht aber in seinem Geburtsort zu finden. Das Emsland-Museum in Lingen hat die von Weltring geschaffene Skulptur Die Nymphe erworben. Vor einiger Zeit wurde eine Straße nach Heinrich Weltring benannt.

Aus Ostpreußen ist nach dem 2. Weltkrieg Agnes Dojan nach Baccum gekommen. Hier entwickelte sie sich zu einer Schriftstellerin, die ein auf plattdeutsch geschriebenes Werk hinterlassen hat.


Literatur

  • Lehrerverein der Diözese Osnabrück: Der Kreis Lingen. Beiträge zur Heimatkunde des Regierungsbezirks Osnabrück Heft I. Verlag R. van Acken, Lingen/Ems 1905
  • Werner Kaemling: Atlas zur Geschichte Niedersachsens. Gerd J. Holtzmeyer Verlag, Braunschweig 1987, ISBN 3-923722-44-3
  • Hermann Abels: Die Ortsnamen des Emslandes, in ihrer sprachlichen und kulturgeschichtlichen Bedeutung. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 1929
  • Paul Heine: Über 575 Jahre Pfarrgemeinde Baccum. Ein Beitrag zur Geschichte des Kirchspiels. Selbstverlag, Lingen/Baccum 1989
  • Agnes Dojan: Dönkes ut Baccum, sammelt un uppschreben van Agnes Dojan. Selbstverlag, Lingen/Baccum 1991
  • Chr. Oberthür, Fr. Busche, Fr. Barth und Heinrich Dünheuft: Heimatkarte des Kreises Lingen mit statistischen Angaben. Verlag R. van Acken, Lingen/Ems 1953
  • Mamoun Fansa und Ingeburg Lindner-Olbrich: Grosssteingräber zwischen Weser und Ems. Isensee Verlag, Oldenburg 1992, ISBN 3-89442-118-5
  • Hans Behrens: Landwirtschaftliche Geschichtstafel für Weser-Ems, Daten aus 300 Jahren Verbandsarbeit. Isensee Verlag, Oldenburg 2000, ISBN 3-89598-681-X
  • Frank van Es: Regionen in europäischer Perspektive, beigefügtes Werk: Landschaft und Region / Hans Grosse Beilage. Vorträge auf der 44. Landschaftsversammlung der Oldenburgischen Landschaft am 14. März 1998 in Thüle. Hrsg. von der Oldenburgischen Landschaft, Isensee Verlag, Oldenburg 1998, ISBN 3-89598-548-1
  • Etta Bengen: O Wunner, o Wunner - wat ligg hier woll unner? Großsteingräber zwischen Weser und Ems im Volksglauben. Isensee Verlag, Oldenburg 2000, ISBN 3-89598-738-7
  • Ernst Förstemann, Hermann Jellinghaus (Herausgeber): Altdeutsches Namenbuch, Band II, 1 und 2: Ortsnamen, Bonn 1913/1916 (Nachdruck: Band II, 2, Hildesheim 1967/1983, ISBN 3-487-01733-4)
  • Statistik des Deutschen Reichs - Ergebnissen verschiedener Volkszählungen, Berlin 1883-1944
  • Niedersächsisches Amt für Landesplanung und Statistik - Statistisches Jahrbuch 1950, Hannover 1950

Weblinks

52.5133333333337.40611111111117Koordinaten: 52° 31′ N, 7° 24′ O


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