- Heinrich Weltring
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Heinrich Weltring (* 18. April 1847 in Baccum bei Lingen (Ems); † 24. Mai 1917 in Thuine) war ein vielseitiger deutscher Bildhauer, der mit sehr unterschiedlichen Materialien arbeitete und insbesondere bei Frauengestalten Werke von eindrucksvoller Schönheit und Anmut geschaffen hat.
Inhaltsverzeichnis
Kindheit und Jugendzeit
Heinrich Weltring wuchs als Ältestes von fünf Kindern in ärmlichen Verhältnissen auf dem kleinen Bauernhof Varelmann in Baccum auf. Der aus Messingen stammende Vater Hermann Martin Weltring, geborener Wobbe, heiratete in Baccum am 11. August 1846 Anna Maria Weltring, die Besitzerin des Hofes in Baccum war. Der Vater starb bereits mit 42 Jahren (genau: mit 42 Jahren und 18 Tagen) und die Mutter bewirtschaftete den Hof mit ihren unmündigen Kindern alleine weiter. Heinrich war zu diesem Zeitpunkt gerade 8 Jahre alt. Um etwas Geld für die Familie zu verdienen, verdingte er sich nach der Schulzeit als Knecht auf dem Hof seines Onkels Clemens Sentker, geb. Weltring, im Ortsteil Ramsel. Als auch die Mutter 1868 im Alter von 42 Jahren verstarb, versuchte der damals 21-Jährige zunächst, den Hof mit seinen 4 Geschwistern weiter zu bewirtschaften.
Es wird berichtet, dass der Heinrich Weltring schon als Junge häufig figürliche Darstellungen aus Holz anfertigte. Seine Fähigkeit, etwas zu schnitzen, wurde auch dem Pastor Caspar Ludwig Schriever (1832–1905) aus Plantlünne bekannt. Mit dessen Unterstützung konnte Heinrich Weltring mit 23 Jahren eine vierjährige Lehre bei dem Osnabrücker Bildhauer Heinrich Seling (1843–1912) beginnen. Zuvor hatte er den Hof an seinen Onkel verpachtet und sich um eine Versorgung der Geschwister bemüht. Der jüngste Bruder Clemens folgte später seinem Bruder und wurde auch Bildhauer. 1874 ging Heinrich Weltring nach Berlin zum Bildhauer Heinrich Pohlmann (1839–1917) und besuchte die Königliche Akademie der Künste, die unter Leitung von Professor Fritz Schaper stand.
Erste Arbeiten
Die ersten Auftragswerke in Berlin waren eine Christusfigur und eine Maria-Hilf-Statue für die Kirche in Plantlünne. 1877 stellte er aus Buntsandstein Heiligenfiguren für die Säulen und Skulpturen von Adam und Eva für den Chorraum des Halberstädter Doms her. Nach dem Verkauf des Hofes in Baccum zog Weltring 1880 nach Karlsruhe um, wo er zunächst bei Professor Adolf Heer arbeitete.
Hauptschaffensperiode
Mit den Skulpturen „Badende oder Nymphe“ wurde er 1883 einem größeren Publikum bekannt. Heinrich Weltring fand in Karlsruhe in dem Fabrikanten Wilhelm Lorenz einen Mäzen, der ihm auch immer wieder Aufträge vermittelte. So entstanden in dieser Phase großer Schaffenskraft der „Violinspieler“, die „Lünner Krippe“, der „Nymphenbrunnen“ für den Erbprinzengarten in Karlsruhe, eine „Feuerbachbüste“ und weitere Potraitbüsten bedeutender Persönlichkeiten seiner Zeit.
Zwei weitere Erfolge markierten den Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. 1889 entstand die Fischersfrau mit Kind am Strand für die staatliche Kunsthalle in Karlsruhe und 1902 das Hirtenmädchen. Letztere Skulptur wurde von der Stadt Karlsruhe angekauft und befindet sich jetzt im Waldstaudengarten. Es kam zu einer Entfremdung zwischen Weltring und seinem Mäzen. Danach gingen die Aufträge zurück. Weltrings finanzielle Situation verschlechterte sich zusehends. Er ließ sich als Lehrer für Modellieren an einer Malerinnenschule in Karlsruhe anstellen und konnte schließlich nur noch mit Steinmetzarbeiten seinen Lebensunterhalt bestreiten. 1908 kehrte Heinrich Weltring mittellos in seine Heimat zurück und fand in Thuine bei seinem Bruder August Weltring, der als Hauptlehrer die dortige Volksschule leitete, ein Zuhause.
Späte Arbeiten
Die späten Werke haben lediglich eine lokale Bedeutung erreicht. So stellte er in dieser Zeit verschiedene Skulpturen für die Thuiner Pfarrkirche, für das Thuiner Kloster und den Friedhof her. Von seiner handwerklichen Fähigkeit zeugen auch die zwei Kopien der Pieta von Wilhelm Achtermann. Außerdem fertigte er einige private Arbeiten.
Das Können des Multitalents erschöpfte sich keineswegs in der Bildhauerei. Bewunderungen fanden auch Weltrings Entwürfe für Kirchenmalereien. Durch ihn nahmen auch Dorfkirchen an der sakralen Kunst teil, was wiederum zu einem Aufschwung im kirchlichen Leben führte. Neben der Pfarrkirche in Thuine, die Heinrich Weltring noch im betagten Alter, im spätgotischen Stil künstlerisch gestaltete, war es die katholische Kirche in seinem Geburtsort Baccum, die im Jahre 1910 durch ihn eine kunstvolle Behandlung erfuhr. Diese, dem Baustil durchaus angepasste Malerei, wich wiederum, wie viele seiner Kunstwerke, vorteilhaft von alten überlieferten Formen ab.
Die Grundfarbe des Gewölbes im Chor war in rötlich-braunem Ton gehalten, der sich nach oben hin zu lichtem blassen Rot entwickelte. Zwischen den Rippen des Sternengewölbes war je eine mit Sternen umgebene Sonne dargestellt, worin die Namen der Engelchöre mit dunklen Buchstaben auf Goldgrund eingetragen waren. Diese Darstellung machte einen imposanten Eindruck. Die Ansätze der Gewölbekappen waren mit goldenen Ähren und Trauben ausgefüllt. Die senkrechten Wände im Chorwaren bis zum Sockel in weißgrauen Sandsteinquadern abgesetzt.
Von dem in rötlichem Grundton teppichartig bemalten Sockel hoben sich verschiedenfarbige Ornamente ab. Am oberen Rand sah man einen breiten Goldstreifen mit den Anfangsbuchstaben des griechische Alphabets - Alpha und Omega.
Über dem Eingang zur Sakristei war ein Epitaph angebracht mit dem Biebelspruch: " Lasset uns mit Zuversicht hintreten zum Throne der Gnade, damit wir Barmherzigkeit erlangen". Der Sockel des Chorbogens war war in kräftigen Quadern gehalten. Dieses war die Fortsetzung des in Maßwerksteinen und Ornamenten ausgeführten Bogens und brachte diesen zu einem vorzüglichen Abschluss des Chores. Das Gewölbe des Schiffes hatte einen gelbgrauen Grundton. In den verschiedenen Feldern des Gewölbes waren die Bilder der zwölf Apostel porträtiert. Schön wirkte auch die eigenartige Farbenwahl der Gewölberippen, sie erschienen als eine Seltenheit. Die Ansätze der Gewölbekappen zeigten Rosenornamente, aus denen sich dekorativ Rosenzweige entwickelten. Die Ornamente der Fensternischen bestanden aus farbigem Laubwerk mit violetten Knospen. Der Sockel war teppigartig bemalt. das Ganze weckte den Eindruck einer gelungenen und eigenartigen Arbeit. Die Arbeit wurde ausgeführt vom Malermeister Telgkamp aus Freren, sie machte ihm alle Ehre.
Das letzte Kunstwerk des großen Meisters war eine Krippe aus Sandstein für die Thuiner Dorfkirche. Heinrich Weltring starb am 24.Mai 1917 und ist auf dem Thuiner Friedhof begraben.
Als gebürtiger Baccumer ist mir aus meiner Kinder- und Jugendzeit die herrliche Malerei der Kirche noch in guter Erinnerung. Leider wurde die künstlerisch wertvolle Arbeit in den ersten Nachkriegsjahren, etwa 1950, wo die Kunst das Interesse unseres Volkes nicht sonderlich beflügelte, entfernt und durch schlichte Binderfarbe ersetzt.
Auflistung der bekannten Werke und deren heutiger Standort
- Christusfigur und Maria-Hilf-Statue für Kirche in Plantlünne, 1874 (Sandstein) - heute in Lünne
- Heiligenfiguren an den Säulen im Halberstädter Dom, 1877 (Sandstein) - heute in der Halberstädter Dombauhütte
- Adam und Eva im Chorraum des Halberstädter Doms, 1877 (Sandstein) - heute in der Halberstädter Dombauhütte
- Nymphe oder Badende, 1883 (Bronze) - heute im Emslandmuseum Lingen
- Lünner Krippe, 1884 (Holz) - heute in der Kirche in Lünne
- Violinspieler, 1885 (Bronze) - unbekannter Standort
- Büste des Dichters Viktor von Scheffel, 1885/86 (Marmor) - unbekannter Standort
- Büste des Freihern von Drais, 1885/86 (Marmor) - unbekannter Standort
- Büste des Großherzog von Baden, 1885/86 (Marmor) - unbekannter Standort
- Büste des Markgrafen Georg Friederich von Baden, 1885/86 (Marmor) - unbekannter Standort
- Zehn Figuren für das Heidelberger Schloß, 1885/86 (Sandstein), heute Heidelberg
- Verschiedene Entwürfe für Kunstbrunnen, 1885/86 - unbekannte Standorte, zum Teil in Karlsruhe
- Nymphengruppe, 1889-91 (Bronze) - heute im Erbprinzengarten in Karlsruhe
- Feuerbachbüste, 1893 (Marmor) - heute in Karlsruhe
- Porträt für Denkmal von Kunsthistoriker Wilhelm Lübke, 1895 (Bronze) - heute in Karlsruhe auf dem Gelände der Universität
- Fischersfrau mit Kind am Strand, 1898 (Bronze) - heute Staatliche Kunsthalle Karlsruhe
- Hirtenmädchen, 1902 (Bronze) - heute im Stadtgarten Karlsruhe
- hl. Heinrich, hl. Aloysius, hl. Isidor, 1910/11 (Gips) - heute in Thuiner Pfarrkirche
- Entwurf des hl. Isidor, 1910 - heute Familie Hermann Brüne, Freren
- Pieta für Dorfkirche hl. Georg (Kopie der Madonna von Wilhelm Achtermann) - heute in der Thuiner Kirche
- Heinrich II.-Statue, 1910 (Sandstein) - heute Dorfpark Thuine
- Grabdenkmal für Pastor Einspannier - heute alter Friedhof Thuine
- Pieta in einer Klause im Klosterpark Thuine (Kopie der Madonna von Wilhelm Achtermann)
- hl. Antonius - heute im St. Georgstift Thuine
- Relief der hl. Cäcilia - heute Frau Anneliese Köhne, Lingen
- Kruzifix - heute Frau Anneliese Köhne, Lingen
- Gänseliesel, 1911 - heute Familie Bernd Robben, Lingen-Gleesen
- Wegkreuz mit Tafel, 1909 - heute Familie Teepker/Waller, Langen-Rentrup
- Bild der hl. Cäcilia - heute Familie Klaus Fasselt, Thuine
- Verschiedene Aquarelle - Privatbesitz in Berlin
- Krippe für Thuiner Dorfkirche, 1913 (Sandstein) - heute Thuiner Pfarrkirche
Literatur
- Eiynck, Andreas: Eine Nymphe vom Bildhauer Heinrich Weltring (1847-1917) im Emslandmuseum, in: Jahrbuch des Emsländischen Heimatbundes, Bd.38/1993, Sögel 1992
- Heine, Paul: Der Bildhauer Heinrich Weltring, in: Der Heimatbote 1987, Hrsg.: Heimatverein e.V. Baccum, Baccum 1987 (hier weitere Quelle)
- Lehrerverein der Diöszese Osnabrück (Hrsg.): Der Kreis Lingen. Beiträge zur Heimatkunde des Regierungsbezirks Osnabrück, Band 1, Lingen 1910
- Schriever, Ludwig: Geschichte des Kreises Lingen. Bd.II, Lingen 1910
Weblinks
Commons: Heinrich Weltring – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Deutscher Bildhauer
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