- Sichtweite
-
Als Sichtweite oder Sicht bezeichnet man die größte horizontale Entfernung, bei der im Gelände ein dunkles Objekt in Bodennähe gerade noch vor hellem Hintergrund erkannt werden kann. Diese meteorologische Sichtweite unterscheidet sich von der Sichtweite bei Nacht (Tragweite, Nachtsicht, Feuersicht), bei der eine Lichtquelle von einem Beobachter gerade noch wahrgenommen wird. Diese Definition der Sichtweite hat nichts mit geometrischen Beschränkungen durch Berge oder Erdkrümmung zu tun.
Drei Effekte schränken die Sichtweite auf der Erde ein:
- atmosphärisch: Niederschläge, Schneefall oder Nebel dämpfen das Licht bzw. den Kontrast
- Luftverschmutzung: Aerosole verursachen eine zusätzliche Lichtdämpfung.
Hinzu kommen geometrische Beschränkungen durch Berge oder die Erdkrümmung, die entfernte Objekte hinter dem Horizont verschwinden lässt.
Inhaltsverzeichnis
Atmosphärische Sichtweite
Atmosphärische Streuung und Absorption reduzieren den Kontrast eines Objekts relativ zur Umgebung. Dieses Phänomen nennt man Lichtdämpfung. Der Kontrast K hängt exponentiell von der Entfernung s und einem Absorptionskoeffizienten σ ab:
Für die Wahrnehmung ist ein Mindestkontrast von
erforderlich. Unter der Annahme, dass der Ausgangskontrast K0 ungefähr 1 ist, kann unmittelbar aus der Sichtweite s auf σ geschlossen werden:
Eine Sichtweite von 50 km entspricht einer Absorptionskonstanten von 10 − 4 / m. Bei guten Bedingungen beträgt die Fernsicht einige hundert Kilometer, siehe Tabelle.
Im Beispielbild nimmt der Kontrast der Berge zum Himmel mit zunehmender Entfernung ab. Die Bergkette im rechten Bild ist bei Nebel nicht mehr zu sehen.
Wetterabhängigkeit der Sichtweite Wetterbedingung Sichtweite in km Außergewöhnlich klar 280 Sehr klar 50 Klar 20 Leicht diesig 10 Diesig 4 Starker Dunst, leichter Nebel 2 Mäßiger Nebel 1 Dichter Nebel, Starkregen 0,1 Extremer Nebel, Schneetreiben 0,01 Sichtweite im Wasser
→Hauptartikel: Sichtweite (unter Wasser)
Reines Meerwasser hat je nach Wellenlänge eine Extinktionslänge 1/σ von 2-100 m. Beim Tauchen gilt eine Sichtweite von 40 Metern als außerordentlich gut. Die Sicht wird getrübt durch Schwebeteilchen (Plankton, Blütenstaub, Wüstensand), durch Schwemmteilchen in Strömungen (Flussmündung) oder durch Abwässer oder durch Einleitung chemischer Stoffe.
Geometrische Sichtweite
Berechnung
Die Krümmung der Erde begrenzt die maximale Sichtweite für Objekte auf der Erde. Die Sichtweite von einem erhöhten Beobachtungspunkt oder die Sichtbarkeit eines hohen Objekts (z. B. Berggipfel) aus einer Ebene oder Meereshöhe lässt sich nach dem Satz des Pythagoras berechnen, da Sichtverbindung und Erdradius die Katheten eines rechtwinkligen Dreiecks bilden und der Abstand des erhöhten Punktes vom Erdmittelpunkt dessen Hypotenuse:
- (1) s2 + R2 = (R + h)2
- (2)
Nach der ersten binomischen Formel ergibt sich daraus:
- (3)
Da außer in der Raumfahrt h2 gegenüber 2Rh vernachlässigbar klein ist, lässt sich die Formel vereinfachen zu
- (4)
In den folgenden Formeln ist die Höhe h in Metern einzusetzen, die Sichtweite s ergibt sich dann in [km].
Unter Zugrundelegung des mittleren Erdradius von R = 6.370 km ergibt sich:
- (5a)
Die Refraktion der Atmosphäre krümmt die Lichtstrahlen und lässt die Erde größer erscheinen. Der mittlere scheinbare Erdradius liegt bei Rk ≈ 7680 km. Die optische Sehweite vergrößert sich um bis zu 10 % auf:
- (5b)
Bei der Reichweite von elektromagnetischen Wellen sehr kurzer Wellenlänge (Ultrakurzwelle und kürzer) ist der scheinbare Erdradius für UHF zu verwenden. Er liegt er bei Rk ≈ 8470 km:
- (5c)
Sind Augen und Objekt über die Referenzebene erhoben, was schon durch die Augeshöhe der in der Ebene stehenden Person gegeben ist, so addieren sich die Abstände beider von der Stelle, wo die sie verbindende Tangente die Erdoberfläche berührt.
- (6)
- bzw. (6b)
Zur zweiten Zeichnung:
Von jedem der beiden Berggipfel gesehen, ragt der jeweils andere nur knapp über den Horizont.
Beispiele
Im rechten Bild sieht man ein Schiff am Horizont, von dem die Erdkrümmung einen Teil des Rumpfs verdeckt. Die Aufnahme entstand bei einer Blickhöhe von h1 = 2 m. Nimmt man an, dass der verdeckte Teil Rumpfs eine Höhe von ca. h2 = 5 m über dem Wasserspiegel hat und der Erdradius R = 6370 km beträgt, ist das Schiff ca. 13 km entfernt.
Die Tabelle stellt einige Werte für die maximale geometrische Sichtweite zusammen. Daran wird die Bedeutung der Höhe des Ausgucks alter Kriegsschiffe deutlich. Von einem 15 m hohen Mast kann der Beobachter ein Schiff in 15 km Entfernung ausmachen. Umgekehrt sieht die Wache dort von 0 m Höhe aus nur mit viel Glück den kleinen Mast am Horizont.
Geometrische Sichtweiten (h2 = 0 m) Augenhöhe Sichtweite 1 m 3,6 km 2 m 5,0 km 3 m 6,1 km 4 m 7,1 km 5 m 8,0 km 6 m 8,7 km 7 m 9,4 km 8 m 10,0 km 9 m 10,7 km Augenhöhe Sichtweite 10 m 11 km 20 m 16 km 30 m 19 km 40 m 22 km 50 m 25 km 60 m 27 km 70 m 29 km 80 m 31 km 90 m 33 km Augenhöhe Sichtweite 100 m 35 km 200 m 50 km 300 m 61 km 400 m 71 km 500 m 79 km 600 m 87 km 700 m 94 km 800 m 100 km 900 m 107 km Augenhöhe Sichtweite 1000 m 112 km 2000 m 159 km 3000 m 195 km 4000 m 225 km 5000 m 252 km 6000 m 276 km 7000 m 298 km 8000 m 319 km 9000 m 338 km Geographische Breite
Bei hochfliegenden Objekten wie Flugzeugen vor allem aber Satelliten ist man weniger an der Sichtweite als Entfernungsangabe interessiert. Statt dessen möchte man wissen, welcher Bereich der Erde, ausgedrückt in Winkelgraden, der Beobachtung zugänglich ist oder Signale empfangen kann. In der Schemazeichnung sieht ein Beobachter ein Flugzeug im Winkel a über dem Horizont. Es fliegt in der Höhe h über der Erde und der Höhe h+R über dem Erdmittelpunkt. Das Flugzeug ist auf der Erde mit einer Elevation ≥a im Winkelbereich von 2·b zu sehen[1] (Winkel in Bogen):
- (1)
Bei einer Elevation von a=0, wenn das Flugzeug gerade am Horizont zu erkennen[1] ist, vereinfacht sich (2) zu:
- (2)
Die Beziehung (3) gibt ebenfalls an, um wie viel sich die Kimm aus einer erhöhten Beobachtungsposition heraus verschoben hat.
Als Näherung gilt:
- (2b) :
bzw.
- (2c) :
Beispiele:
- Aus einer Flughöhe von h = 10 km sieht ein Pilot einen Bereich auf der Erde von 2·b = 3,2°, entsprechend einer Fläche mit einem Durchmesser von ca. 350 km. Den Randbereich erkennt er nur streifend. Bei einem Elevationswinkel von a = 10° reduziert sich der Durchmesser auf ca. 50 km.
- Ein Satellit in 36.000 km Höhe erfasst einen Bereich von maximal 2·81,3° (siehe auch Footprint).
- Messungen, die mit einem Sextanten bei einer Augenhöhe von 4 m über der Wasseroberfläche durchgeführt werden, müssen je nach Zustand der bodennahen Atmosphäre normalerweise um 3,5' bis 3,8' korrigiert werden.
Einzelnachweise
- ↑ a b "Sehen" und "Erkennen" ist hier rein theoretisch gemeint. Ein Verkehrsflugzeug mit Rumpfdurchmesser von 8 Metern ist ab etwa 40 Kilometer Entfernung mit bloßem Auge nicht mehr vom Himmel zu unterscheiden. Siehe Auflösungsvermögen.
Siehe auch
Kategorie:- Meteorologische Größe
Wikimedia Foundation.