- Sinterklaas
-
Sinterklaas ist die niederländische Bezeichnung für Nikolaus von Myra. Als Sinterklaas ist er Hauptfigur eines Kinderfestes, das am 5. Dezember in den Niederlanden, am 6. Dezember in Belgien und in vielen ehemaligen niederländischen Kolonien gefeiert wird.
Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Der Überlieferung nach reitet Sinterklaas auf einem Schimmel über die Dächer und kommt mit seinem Helfer Zwarte Piet durch den Schornstein in die Häuser, um den dort wohnenden Kindern Geschenke zu bringen. Er trägt dazu seine Bischofskleidung, einen roten Talar und einen Bischofsstab.
Viele Traditionen gehen dabei zurück auf den heiligen Nikolaus von Myra, dessen Sterbetag der 6. Dezember ist. Ursprünglich wurde Sint-Nicolaas nur im Osten gefeiert. Im 13. Jahrhundert beschloss man, dass sein Namenstag auch im Westen zu einem wichtigen Festtag werden sollte. In dieser Zeit wurde das Sinterklaasfest in Utrecht bereits dadurch gefeiert, dass die Schuhe von armen Kindern mit Geldstücken gefüllt wurden. In anderen Städten wurde an diesem Tag auch einiges für die Armen getan.
Nach dem Niederländischen Aufstand gegen Philipp II. von Spanien versuchten Kirchenkreise das Sinterklaasfest abzuschaffen, weil dies zu viele heidnische und katholische Elemente enthielte. Das Fest war aber in der Bevölkerung selbst bei der überwiegend protestantischen Bevölkerung schon so populär geworden, dass dieses Bestreben wenig Erfolg zeigte.
Feiertag
Heutzutage ist der Nikolaustag als gesetzlicher Feiertag weltweit abgeschafft. Auch in den Niederlanden und Belgien sind 5. und 6. Dezember ganz normale Werktage.
Pakjesavond
In den Niederlanden gibt es diese Tradition seit dem 15. Jahrhundert. Zunächst fand dieser Brauch in der Kirche statt, als Opfergabe für die Armen. Aus Archiven kann man entnehmen, dass seit 1427 in der Sint Nicolaas Kirche in Utrecht am 5. Dezember, dem pakjesavond („Päckchenabend“), Schuhe aufgestellt wurden. Reiche Utrechter legten Geldstücke in die Schuhe, damit die Armen diese Opfergaben am nächsten Tag erhielten, dem offiziellen Sterbetag des heiligen Nikolaus.
Aus dem 16. Jahrhundert sind Beschreibungen bekannt, nach denen Kinder ihre Schuhe zuhause aufstellen. Kunstmaler Jan Steen hat im 17. Jahrhundert auf zwei Bildern den Sinterklaasabend festgehalten. Auf diesen ist auch gut zu erkennen, was den Kindern in ihre Schuhe gelegt wurde: Kuchen, Süßigkeiten und Spielsachen. Auch heute noch werden in vielen Gegenden in den Niederlanden zwischen der offiziellen Ankunft von Sinterklaas (Mitte November) und dem Abend des 5. Dezember die Schuhe vor den Kamin, vor die Zentralheizung oder an die Hintertür gestellt und am folgenden Morgen (pakjesochtend) geleert. Das Aufstellen der Schuhe geschieht meistens ein oder zwei Mal in der Woche. Das eigentliche Fest wird am Abend des 5. Dezember gefeiert, dem Vorabend des heiligen Tages. Im Süden der Niederlande und in Teilen von Belgien wird Sinterklaas am Abend des 6. Dezember gefeiert.
Am Pakjesavond bringt Sinterklaas Geschenke, vor allem Spielzeug für die Kinder. Dieser „Päckchenabend“ geht zurück auf einen vorchristlichen Brauch, bei dem Geschenke in der Runde verteilt wurden. Äpfel und Nüsse waren dabei herbstliche Symbole der Fruchtbarkeit des Bodens. Dieser Streuabend nahm im Laufe der Zeit den Platz des eigentlichen Sinterklaasfestes ein.
Germanische Tradition
Das Reiten über die Dächer geht wahrscheinlich auf den germanischen Obergott Odin zurück, der auch diese Kunst beherrschte. Auch andere Sinterklaastraditionen stammen vermutlich von germanischen Traditionen ab. So baten während des Sonnenwendfestes früher junge Mädchen Wotan um eine Abbildung ihres noch unbekannten zukünftigen Geliebten. Dies sind heute die Spekulatiuspuppen. Die Gabe von Geschenken durch den Kamin soll zurückgehen auf germanische Opferfeste am Feuer. Und auch der Zwarte Piet soll davon abstammen, Odin wurde begleitet durch die Raben Hugin und Munin.
Spanien
Der niederländischen Tradition nach reist Sinterklaas jedes Jahr aus Spanien an. Der heilige Nikolaus wurde in Patara geboren, das heute in der Türkei liegt. Im Jahr 280 gehörte dies zum ehemaligen Byzantinischen Reich. Später wurde er Bischof von Myra. Er nahm unter anderem am Ersten Konzil von Nicäa teil. Er starb am 6. Dezember 342. Nachdem die Muslime dieses Gebiet erobert hatten, wurden die sterblichen Überreste des Heiligen nach Bari gebracht, ins Königreich beider Sizilien wo Karl V. später König wurde. Sein Sohn Philipp II. erbte die Niederlande, Spanien und das Königreich beider Sizilien. Aus dieser Zeit stammt die Überlieferung, dass Sinterklaas aus Spanien kommt. Der heilige Nikolaus ist auch der Schutzpatron der Seefahrt. Daher kommt Sinterklaas mit dem Dampfschiff, meist Pakjesboot 12, in die Niederlande.
Regionale Unterschiede und „Konkurrenz“ durch den Weihnachtsmann
Das Sinterklaasfest wird in den gesamten Niederlanden gefeiert, außer im Friesischen Dorf Grouw. Dort feiert man am 21. Februar Sint-Piter. Außer dem Namen, seiner Herkunft (Sint-Piter ist eine Personifikation vom heiligen Petrus) und der Farbe seines Talars (weiß statt rot), ist Sint-Piter fast identisch mit Sinterklaas.
Auf den Friesischen Inseln weicht das Brauchtum stark vom Rest der Niederlande ab. Dort feiert man am 5. Dezember Sunderklaas. In den Straßen laufen die Männer maskiert herum, während Frauen und Kinder zuhause bleiben müssen. Wer als Frau oder Mädchen dennoch auf der Straße erkannt wird, bekommt einen „Schlag“ als Strafe. Es gilt aber gerade unter den einheimischen jungen Frauen als Herausforderung, am Umzug teilzunehmen, ohne gefasst zu werden, und damit die Männer zu necken. Ein ähnliches Brauchtum findet am selben Tag unter dem Namen Klaasohm auf der ostfriesischen Insel Borkum statt, die den friesischen Inseln am nächsten liegt.
Auf Texel feiert man eine Woche nach dem Sinterklaasfest den „Alten Sunderklaas“. Verkleidet und maskiert wird dabei das vergangene Jahr „auf den Haken“ genommen (vergleichbar mit Krampus).
Auch in Flandern wird nicht überall zur gleichen Zeit gefeiert. In der Region von Aalst und in Westhoek sowie Poperinge wird der heilige Sankt Martin am 11. November gefeiert. Die dazugehörige Legende weicht leicht von der von Sinterklaas ab. In der kleinen Gemeinde Westouter werden Die Engel gefeiert. Der Ursprung davon ist unklar, aber es soll auf britische Soldaten während des 1. Weltkriegs zurückgehen.
Am Ende des 20. Jahrhunderts bekommt Sinterklaas als Geschenkebringer „Konkurrenz“ durch den Weihnachtsmann (kerstman). Dieser war ursprünglich auch Sinterklaas, aber über die Jahre veränderte sich dies langsam. Das Fest findet auch nicht mehr nur für Kinder statt. Auch Erwachsene geben sich gegenseitig Geschenke. Angekurbelt wurde diese Entwicklung von der niederländischen Wirtschaft, die so auf hohe Einnahmen im Weihnachtsgeschäft setzt.
Santa Claus
Der amerikanische Name des Weihnachtsmanns ist Santa Claus, was eine Abwandlung von Sinterklaas durch die niederländischen Einwanderer war, die in Nieuw Amsterdam sich der englischen Sprache angepasst haben. Über Amerika kam Santa Claus wieder nach Europa und wurde dort zunächst in Großbritannien bekannt. Selbst in den Niederlanden tritt Sinterklaas heutzutage in Konkurrenz zu sich selbst auf als Santa Claus.
Fernsehen
Im niederländischen und belgischen Fernsehen ist Sinterklaas zu einer wahren Ikone geworden. Es entstanden zahlreiche Sinterklaas-Serien und Filme. Von diesen sind einige auch in Deutsch erschienen, wie zum Beispiel Winky will ein Pferd von 2005.
Ein mediales Ereignis ist die Ankunft von Sinterklaas mit dem Dampfschiff. Dies wird in den Niederlanden Mitte November - an einem Samstag ungefähr drei Wochen vor dem Feiertag - live übertragen. Seit 2001 gibt es 3 Tage vor der Ankunft bis zum 4. Dezember für Kinder jeden Abend eine Sinterklaas-Tagesschau, in der über die täglichen Erlebnisse von Sinterklaas, aber vor allen von den vielen Zwarte Pieten berichtet wird. Meist geht bei den Vorbereitungen auf das Fest etwas schief, was dennoch jedes Jahr im letzten Moment - also am 4. Dezember - gerettet wird.
Ankunft
Die Ankunft von Sinterklaas mit seinem Gefolge ist heutzutage der offizielle Starttermin. Die Kinder wissen dadurch, dass sie ihre Schuhe aufstellen müssen - und wenn sie „artig“ waren, bekommen sie am nächsten Abend etwas hineingelegt. In Amsterdam wird schon seit 1934 jährlich die Ankunft von Sinterklaas gefeiert. Die Ankunft findet im November am ersten Samstag nach dem Martinstag statt, ungefähr drei Wochen vor dem Feiertag und wird alljährlich im niederländischen Fernsehen ausgestrahlt. Jedes Jahr darf eine andere Stadt die Hauptankunft organisieren. In Belgien ist Antwerpen der wichtigste Ankunftort. Andere Städte mit der Möglichkeit, dass ein Schiff anlegen kann, inszenieren eigene Ankünfte.
Kritik
Gegen das Sinterklaasfest gab es aus protestantischen Kreisen zunächst heftigste Kritik wegen der katholischen Heiligenverehrung. Um 1600 wurde in Delft das Feiern des Sinterklaasfestes verboten, dem sich weitere Gemeinden anschlossen. Auch der Kirchenreformer Martin Luther sprach sich gegen dieses Fest aus. Erst im 19. Jahrhundert brach allmählich der Widerstand gegen das Fest.
Selbst in jüngster Zeit gibt es aber noch vereinzelten Widerstand. 2004 wurde das Feiern des Sinterklaasfestes durch den Pastor im Nord-Limburgischen Well verboten, weil er die Kirche für kirchliche Belange benötigte. Das Feiern von Sinterklaas gehörte seiner Meinung nach nicht dazu, weil nirgends geschrieben stehe, dass dieser auch der Kirchenheilige Sankt Nikolaus sei. Dies löste eine Protestwelle aus, auch aus den Reihen seiner Kirche.
Siehe auch
- Sint-Niklaas (Stadt in Belgien)
- Krampus (Helfer von Sinterklaas in Alpenregion)
Weblinks
Commons: Sinterklaas – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Sinterklaasjournaal in Niederländisch
- [1] in Niederländisch
Kategorien:- Adventszeit
- Feste und Brauchtum (Niederlande)
- Feste und Brauchtum (Belgien)
- Nikolaus von Myra
Wikimedia Foundation.