Sixteen Tons

Sixteen Tons

Sixteen Tons (Company Store) ist der Titel eines sozialkritischen Country-/Folk-Songs, im Original von Merle Travis, später durch Tennessee Ernie Ford in der Melodie leicht abgeändert und zum Millionenseller gemacht. Beschrieben wird die Realität in einigen US-amerikanischen Kohlegruben etwa zur Zeit des Zweiten Weltkriegs.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Auf wen das Urheberrecht zum Song letztlich zurückgeht, ist seit 1967 umstritten. Der Folksänger George Davis behauptet, den Folksong bereits in den 1930er Jahren unter dem Titel Nine-to-Ten-Tons geschrieben zu haben, als er selbst in einer Kohlegrube gearbeitet hatte[1]. Andere Quellen gehen von einem Traditional aus[2]. Der BMI zufolge ist jedoch der Country-Star Merle Travis als Urheber eingetragen[3]. Von diesem stammt jedenfalls auch die erste veröffentlichte Version aus dem Jahre 1946.

Während der Aufnahmesession zur LP Folk Songs of the Hills wurde Travis von Cliffie Stone seines Plattenlabels Capitol Records gebeten, auch Songs über den Bergbau für diese vierteilige LP zu berücksichtigen. Da ihm keine derartigen Songs bekannt waren, komponierte er Nine-Pound Hammer und Sixteen Tons für diese LP[4]. Aufgenommen am 8. August 1946 in den Capitol Studios, Hollywood, wurde Sixteen Tons auf der LP Capitol 48001 im Juni 1947 veröffentlicht. Gleichzeitig erschien der Song als A-Seite einer Single (B-Seite Dark As A Dungeon), die jedoch nicht die Country-Charts erreichte. Dann geriet der Song für einige Zeit in Vergessenheit.

Tennessee Ernie Ford - Sixteen Tons

Der auch bei Capitol Records unter Vertrag stehende Tennessee Ernie Ford kam im Jahre 1955 auf die Idee, ein Cover hiervon aufzunehmen. „Einen Begeisterungsanfall haben die bei Capitol nicht bekommen“, erinnert sich Ford[5]. Ford ließ sich von der Zurückhaltung nicht beeindrucken und nahm Sixteen Tons ebenfalls in den Capitol Studios am 21. September 1955 auf. Um das Tempo zu beschleunigen, schnippte Ford zum Unmut seines Produzenten mit den Fingern. Das wurde vom Produzenten Lee Gillette irrtümlich beim Mastertape nicht mehr entfernt. Als B-Seite der Single You Don't Have to Be a Baby to Cry kletterte der Song von #40 (am 15. Oktober 1955) auf #1 (am 26. November 1955). Innerhalb der ersten 11 Tage seit Veröffentlichung wurden 400.000 Exemplare verkauft[6], und bereits am 3. Dezember 1955 meldete das Musikmagazin Billboard das Überschreiten der Millionengrenze, am 15. Dezember 1955 waren bereits 2 Millionen Platten verkauft. Damit entwickelte sich Sixteen Tons zur ersten #1 von Capitol Records und war lange Zeit die am schnellsten verkaufte Single aller Zeiten. Der Superhit verweilte 10 Wochen an #1 in den Country-Charts und gleichzeitig 8 Wochen an der Topposition der Pop-Charts.

Inhalt

Archie Green zufolge beinhaltet der Text einige Schlüsselpassagen, die Travis von Familienangehörigen zitiert hatte. So soll sein Vater auf seine Gesundheit angesprochen geantwortet haben, dass er es sich nicht leisten kann zu sterben, da er seine Seele dem Lebensmittelladen schulde[7].

Der Song greift sozialkritisch die Umstände im amerikanischen Bergbau der Vorkriegszeit auf, die durch folgende Merkmale der Lohnsklaverei gekennzeichnet waren:

  • bezahlt wurden die Arbeiter nicht mit Bargeld, sondern mit speziellen Coupons (Scrips – Coupons oder Wertmarken), die teils nur im Firmenladen eingelöst werden konnten;
  • die örtliche Lebensmittelversorgung (Company Store) war monopolisiert, die Preise überhöht;
  • die Einkünfte aus dem Ladengeschäft überstiegen die Einkünfte der Bergarbeiter zum Teil erheblich und stellten eine der wesentlichen Einnahmequellen der Grubenbesitzer dar;
  • die Verfügung über Arbeitszeit (und damit die Kohlemenge) sowie über die Anzahl der Arbeiter unter Tage (bei gleichem Grubenertrag) lag ebenfalls beim Grubenbesitzer;
  • durch die Einnahmen- und Ausgabensituation entstanden unvermeidbare Schulden (debts), aus denen ein der Leibeigenschaft ähnliches Abhängigkeitsverhältnis entstand („I owe my soul“);
  • eventuelle Streiks und Aufstände wurden durch Streikbrecher, Söldner, Polizei oder Armee teils blutig beendet. Siehe auch Joe Hill.

Coverversionen

Eine frühe, an die Originalveröffentlichung anschließende Coverversion stammte von Johnny Desmond, die im November 1955 keine Chance hatte (#17). Dann erschien die deutsche Fassung von Freddy Quinn (Juni 1956, #6) und Ralf Bendix (Juni 1956, #2) mit einem deutschen Text von Peter Moesser unter dem Titel Sie hieß Mary-Ann[8]. Frankie Laine brachte eigens für den britischen Markt eine Version heraus (November 1956, #10).

Die Anzahl weltweit eingespielter Coverversionen dürfte mittlerweile im vierstelligen Bereich liegen. Allein Apples Downloadportal iTunes Music Store führte 2010 rund 200 Versionen im Angebot. Weitere zeitnahe Coverversionen stammen im Stil des Rhythm and Blues von den Platters (1957) und Eugene Church (1963), eine rockige Version von Tom Jones (1967), eine Bluesrock-Version von CCS (1972), im Country-Stil von Johnny Cash (LP Johnny Cash Is Coming to Town; 1987), Eric Burdon (LP Nightwinds Dying; 1998) oder in langsam-jazziger Form von Stan Ridgway (LP Anatomy; 1999). Eingespielt wurde der R’n’B-Klassiker darüber hinaus von so unterschiedlichen Musikern wie den Rattles, Joe Cocker, dem Independent-Rocker Frank Tovey, dem französischen Chansonsänger Joe Dassin sowie dem Folk- und Straßenmusik-Duo Gee Gee & Soluna.

Einzelnachweise

  1. John Cohen, Begleittext (liner notes) zur LP When Kentucky Had No Union Men (hierauf ist George Davis mit seiner eigenen Version vertreten; Folkways FA 02343; 1967)
  2. "Originating in Cumberland, Maryland, in the late 19th century ...": Albert Gamse (Hg.), First Omnibus Of Folk Songs – The Best Of Folk Music. Book One, New York, 1968.
  3. BMI-Eintrag für Sixteen Tons
  4. Fred Bronson, The Billboard Book Of Number One Hits, 1985, S. 5
  5. "Nobody threw a fit over it"; Interview von Pete Martin mit Tennessee Ernie Ford, in: Saturday Evening Post (vom 28. September 1957), 124; abgedruckt in Archie Green, Only a Miner – Studies in recorded coal-mining songs, University of Illinois Press, 1972, S. 301-302.
  6. Joseph Murrells, Million Selling Records, 1978, S. 89
  7. "I owe my soul to the company store"; Archie Green, Only a Miner – Studies in recorded coal-mining songs, University of Illinois Press, 1972, S. 309. Die kräftige Schulter mit schwachem Hirn ("strong back and weak mind") ist eine Redensart unter Bergbauarbeitern
  8. Bei der deutschen Version des Liedes handelt der Text von einem jungen Seemann, der auf dem Schiff "Mary-Ann" anheuert und nach der dritten Seereise zum Maat aufsteigt. Er lehnt die Angebote anderer Kapitäne ab, weil er auf der "Mary-Ann" bleiben will. Schließlich wird er Steuermann und verliebt sich in eine Frau, weshalb er sich aus der Seefahrt zurückzieht, bis sie ihm untreu wird. Er kehrt auf die "Mary-Ann" zurück und fährt wieder zur See. Immer wieder schwört er sich, abzumustern und sich endgültig aus der Seefahrt zurückzuziehen. Nachdem er aber Kapitän der "Mary-Ann" geworden ist, geht er zusammen mit ihr unter und sie wird sein Grab.

Weblinks


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