Smart 155

Smart 155

SMArt 155 (Suchzünder Munition für die Artillerie, engl. SubMunition for Artillery) ist ein Artilleriegeschoss mit Submunition zur Bekämpfung schwer oder leicht gepanzerter Ziele auf mittlere Entfernung. Vertrieben wird die Munition von dem Unternehmen GIWS (Gesellschaft für Intelligente Wirksysteme mbH), einer Tochtergesellschaft der Unternehmen Diehl und Rheinmetall. Das Geschoss entspricht dem NATO-Standard für 155-mm-Artilleriegeschosse und kann somit aus einer Vielzahl von Artillerie-Geschützen verschossen werden.

Dieser Munitionstyp wird in einigen Ländern (z. B. in Österreich) als Streumunition definiert und wird somit geächtet.

Inhaltsverzeichnis

Verwendung

Die SMArt 155 wurde entwickelt, um stehende und fahrende Ziele in jeder Umgebung und bei jeder Witterung zu bekämpfen. Der Einsatz erfolgt gegen getarnte und ungetarnte, halb-harte (leicht gepanzerte Ziele wie Flugabwehrfahrzeuge) und harte Ziele (stark gepanzerte Ziele wie beispielsweise Kampfpanzer) mit minimalem Munitionsaufwand und unter weitestgehender Vermeidung von Kollateralschäden. Auch das Zerstören von weichen Zielen, das heißt ungepanzerten wie LKWs, ist möglich.

Aufbau

Das Geschoss besteht aus der Geschosshülle, einer Ausstoßeinrichtung und zwei annähernd identischen Submunitionen. Jede Submunition besteht aus Brems- und Stabilisierungssystem, Suchzünder und Gefechtskopf. Der Suchzünder besteht aus Infrarotsensor, Millimeterwellen-Radar-Sensor (mmW-Radar-Sensor), Millimeterwellen-Radiometer-Sensor, Signalverarbeitungselektronik und Energieversorgung.

Technische Beschreibung

Abschuss und Submunitionsausstoß

Das Geschoss wird mit einer konventionellen Treibladung aus einem Artilleriegeschütz verschossen und stößt nach einer voreingestellten Flugzeit und damit Entfernung die Submunition aus. Die beiden am Fallschirm spiralförmig herabsinkenden Submunitionen tasten das Zielgebiet mit ihrer Dreifach-Suchsensorik autonom nach Zielen ab. Die Sensor-Algorithmik ist in der Lage, gepanzerte Gefechtsfahrzeuge sicher zu erkennen, diese von Falschzielen zu unterscheiden und auch unter schwierigen Umgebungs- und Witterungsbedingungen zu bekämpfen. Zur Vermeidung von Blindgängern enthalten die Submunitionen eine redundante Selbstzerlegung.

Brems- und Stabilisierungssystem

Das Brems- und Stabilisierungssystem reduziert zunächst die hohen Geschwindigkeits- und Drallwerte der Submunition nach dem Ausstoß aus der Geschosshülle und stellt danach die Dynamik für die Suchphase der Submunition zur Verfügung.

Suchzünder

Der Suchzünder sucht das Gelände spiralförmig ab, erkennt Gefechtsfahrzeuge, misst die Entfernung zum Ziel, errechnet den optimalen Zündzeitpunkt und löst das Zündsignal aus. Eine Bestätigung der Zielerkennung ist nicht erforderlich. Damit ist es möglich, auch schnell fahrende Ziele zu bekämpfen.

Jeder der drei unabhängigen Sensoren ist in der Lage, Ziele zu erkennen und das Zündsignal auszulösen. Dadurch ist auch bei Störung oder Ausfall eines Sensors gewährleistet, dass die Auslösung der Zündung und die Bekämpfung des Ziels erfolgt.

Gefechtskopf

Der Gefechtskopf ist als projektilbildende Ladung ähnlich eines Hohlladungsgeschosses ausgeführt. Seine Leistungsfähigkeit ermöglicht die erfolgreiche Bekämpfung aller Gefechtsfahrzeuge einschließlich reaktiver Panzerung. Während der nur wenige Millisekunden dauernden Flugzeit des Projektils vom Zündsignal bis zum Auftreffen kann das Zielfahrzeug selbst mit höchster Geschwindigkeit maximal 50 Zentimeter zurücklegen, wodurch die Geschwindigkeit des Fahrzeugs unerheblich ist.

Nutzung

Bundeswehr

Die Bundeswehr nutzt die Suchzünder-Munition für die Artillerie im Kaliber 155 mm als SMArt 155mm DM 702 zusammen mit dem modularen Treibladungssystem MLTS (DM 72) in der Panzerhaubitze 2000 (PzH 2000). Die effektive Reichweite beträgt dann 28 Kilometer.

Andere Nutzer

Die SMArt 155 ist seit längerem in der Schweiz und in Griechenland eingeführt. In der griechischen Armee erfolgt der Einsatz wie bei der Bundeswehr in Kombination mit der PzH 2000.

Anfang 2008 wurde bekannt, dass auch die australische und die britische Armee die neue Munition erwerben werden. Beim britischen Heer erfolgt die Einführung im Rahmen des IFPA-Programmes (Indirect Fire Precision Attack). Die Entscheidung zugunsten der SMArt 155 wurde auch unter Berücksichtigung der britischen Politik im Zusammenhang mit insensitiver Munition gefällt.[1]

Kontroverse um die Klassifizierung

siehe auch: Eintrag im Artikel zur Diehl Stiftung

Rechtsstreit um die Bezeichnung der Munition

In einem Kommentar hatte der Regensburger Journalisten Stefan Aigner am 25. Juli 2008 in einem Onlinemagazin geschrieben: „Heute ist das Unternehmen Diehl einer der erfolgreichsten deutschen Waffenproduzenten. Nach eigenen Angaben stammt rund ein Drittel des Umsatzes von 2,3 Milliarden Euro aus der Rüstungsproduktion. Unter anderem produziert man Streumunition.“ Darauf haben Anwälte von Werner Diehl durch eine einstweilige Verfügung mit einem Streitwert von 50.000 Euro eine Entfernung des letzten Satzes erwirkt.

In einer im Oktober 2008 eingereichten Klagen fordern Diehls Anwälte eine endgültige Unterlassungserklährung und ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Die Anwälte berufen sich auf die im Oslo-Abkommen zum Verbot von Streubomben gemachten Ausnahmen für Streubomben, die angeblich keine Gefahr für Zivilisten darstellen.

Das Landgericht München hat am 2. März 2009 entschieden, daß die vom Unternehmen Diehl hergestellte Munition von Stefan Aigner [2] nicht als Streumunition bezeichnet werden darf.[3] Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen Vergleich, welcher nichts über die Rechtmäßigkeit dieser Aussage urteilt. Aigner selbst führt an, dass er den Vergleich zwischen den Parteien nur angenommen hat, um nicht die wirtschaftliche Basis seiner Redaktion zu gefährden. Der Richter hat allerdings ausgeführt, dass SMArt 155 als Streumunition bezeichnet werden darf, soweit sie hierbei von anderen Typen von Streumunition differenziert wird.[2]

Streubombe oder Submuntion

Ausgehend von den Diskussionen um die Einteilung der Munition nach dem Oslo-Abkommen, stellt die SMArt 155 keine Streubombe im „klassischen Sinn“ dar, die eine große Anzahl von ungelenkten Klein- oder Kleinstbomben ungerichtet gegen ein Flächenziel richteten. Sie stellt vielmehr eine spezialisierte Weiterentwicklung des Prinzips dar und kann zur dritten Generation („intelligente Submunition“) gerechnet werden. Auch bei einer derart weitentwickelten Munition ist die Bekämpfung eines Falschzieles (beispielsweise eines Fahrzeuges mit Zivilisten oder Krankentransportes) natürlich nicht ausgeschlossen. Von anderen Stellen wird hierzu allerdings angeführt, dass diese Bezeichnung keine völkerrechtliche Definition des Begriffes „Streumunition“ ist, da sie ausdrücklich nur für diesen Vertrag getroffen wurde.[4] Weiterhin wird von Kritikern auf die ähnlichen Wirkungen wie bisherige Streumunition auf die Zivilbevölkerung wie zum Beispiel bei Blindgängern oder bei der Fehlzielerfassung hingewiesen.[5]

Die offizielle Bezeichnung der Munition im Jargon des Bundesministeriums der Verteidigung ist Punktzielmunition.[5]

Verbot als Streumunition in Österreich

Die österreichische Regierung definiert SMArt 155 als Streumunition und hat die Verwendung deshalb verboten.[2]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung von Rheinmetall Defence zum Verkauf der SMArt an UK und Australien (dt., abgerufen am 3. März 2009)
  2. a b c Artikel in der TAZ vom 2. März 2009: "Vergleich in Prozess um Streumunition" (dt., abgerufen am 4. März 2009)
  3. „Punktzielmunition trifft Pressefreiheit“: Artikel auf Heise.de vom 3. März 2009 (dt., abgerufen am 3. März 2009)
  4. Artikel in der TAZ vom 2. März 2009: „Waffen bauen, Sprache säubern“ (dt., abgerufen am 3. März 2009)
  5. a b Landmine.de: Alternative Streumunition - Problem oder Lösung? (dt., pdf-Datei, abgerufen am 3. März 2009)

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