Sonderführer

Sonderführer

Sonderführer ist eine Einrichtung, die von der Deutschen Wehrmacht im Jahr 1937 für den Mobilmachungsfall geschaffen wurde. Mit der Heranziehung als Sonderführer sollten die zivilen Spezialkenntnisse von Soldaten, die keine oder nur eine ungenügende militärische Ausbildung hatten, genutzt werden. Dieser Personenkreis wurde in einen Offizier- oder Unteroffizierdienstrang übernommen.

Die gebräuchlichen Abkürzungen waren Sdf = Sonderführer und Sf = Sonderführer mit militärischer Befehlsbefugnis.[1]

Inhaltsverzeichnis

Sonderführer-Kategorien

Bundesarchiv Bild 101I-255-1189-07, Frankreich. In der Mitte ein Sonderführer (O), auch Dolmetscher O

Sonderführer gab es in allen Waffengattungen und zwar mit den Diensträngen für Offiziere:

  • Sonderführer (B), entsprechend einem Major oder Oberstleutnant in der Heeres-Hierarchie,
  • Sonderführer (K), entsprechend einem Hauptmann oder Rittmeister in der Heeres-Hierarchie,
  • Sonderführer (Z), entsprechend einem Leutnant/Oberleutnant oder Zugführer in der Heeres-Hierarchie.

und für Unteroffiziere:

  • Sonderführer (O), auch Dolmetscher O, entsprechend einem Oberfeldwebel in der Heeres-Hierarchie,
  • Sonderführer (G), entsprechend einem Unteroffizier in der Heeres-Hierarchie.

Eine ideologisch ausgerichtete besondere Aufgabenstellung für den Sonderführer ist nicht zu belegen. Sonderführer wurden hauptsächlich eingesetzt

Der nationalsozialistische Schirm war natürlich über jeder Aufgabenstellung gespannt. Bei Vorliegen literarischer oder fotografisch-zeichnerischer Eignungsmerkmale kamen Sonderführer in einer Propagandatruppe der Wehrmacht zum Einsatz.

Eine besondere Einflussnahme bis in die Sprache des okkupierten Gebiets belegt der Fall des Sonderführers Leo Weisgerber, der die bretonische Sprache vereinheitlichen wollte, was bis heute Nachwirkungen in der Auseinandersetzung mit diesem Thema in der französischen Region Bretagne hat.[2]

Stellung und Uniform

Bei der Einberufung als Sonderführer handelte es sich stets um eine jederzeit widerrufliche Übergangsmaßnahme mit dem Zweck, Stellen zu besetzen, die sonst nicht mit regulärem militärischem Personal gedeckt werden konnten. Änderte sich diesbezüglich die Situation, wurde der Sonderführer wieder in den „normalen“ Ablauf mit militärischer Ausbildung etc. eingegliedert. Dabei war die Dienststellung als Sonderführer - diese beinhaltete keinen Dienstgrad, sondern nur den Dienstrang - nicht zu berücksichtigen.

Im Jahr 1942 wurde befohlen, dass die Sonderführer im Offizier-Rang militärisch ausgebildet werden sollen, um in das Reserve-Offizierskorps übernommen werden zu können.[3]

In der Landsersprache wurden Sonderführer, wie Pfarrer und Wehrmachtbeamte, auch Schmalspuroffizier genannt.

Die Rechtsstellung des Sonderführers war die eines Soldaten im Sinne des nationalsozialistischen Wehrgesetzes, woraus auch seine Einstufung als Kombattant folgert. Nach dem Versorgungsrecht der BRD sind die Sonderführer ausdrücklich den Soldaten gleichgestellt.[4]

Die Uniform der Sonderführer[5] war der von regulären Soldaten sehr ähnlich.

In der Organisation Todt wurden ebenfalls Sonderführer eingesetzt.

SS-Sonderführer

Der Begriff „SS-Sonderführer“ hat einen anderen Bezug und schließt sich an die Dienstrang-Ordnung der „Schutzstaffel“ mit der stets gleichen Endung „-führer“ an. Mit der Bezeichnung „SS-Führer im Sonderdienst“ oder „SS-Sonderführer“ wurde die technische Ausbildung eines SS-Angehörigen charakterisiert und durch Ärmelrauten auf der Uniform weiter spezifiziert, z.B.

  • Äskulapstab = Führer im medizinischen Dienst
  • Negativer Äskulapstab = medizinisches Personal
  • Gotisches Z = Führer im dentalmedizinischen Dienst
  • Gotisches A = Apotheker
  • Schlange = Führer und Unterführer im Veterinärdienst
  • Harfe = Musikführer

Grundsätzlich gab es die Bezeichnung SS-Sonderführer für jeden Dienstrang. Es erfolgte keine gesonderte Einberufung hierfür.

Bekannte ehemalige Sonderführer

  • Lothar-Günther Buchheim, Maler, Fotograf, Schriftsteller, Verleger und Kunstsammler, war Sonderführer (Kriegsberichterstatter) in einer Propaganda-Kompanie(PK) der Kriegsmarine. Aus den Erlebnissen vor allem während der U- Boot-Fahrten schöpft sein bekannter, auch verfilmter Roman Das Boot.
  • Hans von Dohnanyi, Sonderführer im Stab von Admiral Wilhelm Canaris, als Widerstandskämpfer 1945 hingerichtet.
  • Hans Fallada, Roman-Autor, Sonderführer (B) beim Reichsarbeitsdienst in Frankreich, lebte nach dem Krieg in der sowjetischen Besatzungszone, seelisch und gesundheitlich zerrüttet starb er 1947.
  • Joachim Fernau, war Kriegsberichterstatter als SS-Sonderführer in der Propagandatruppe, nach dem Krieg sehr erfolgreicher Sachbuch-Autor (u.a. Deutschland, Deutschland über alles...) und Maler.
  • Hans Bernd Gisevius, wurde als Sonderführer in der Abteilung Ausland/Abwehr im OKW unter Admiral Canaris eingezogen, war beteiligt am Attentat vom 20. Juli 1944, schrieb das Buch Bis zum bitteren Ende.
  • Gerhard Heller, war Sonderführer bei der Propaganda-Staffel Paris, zuständig für literarische Zensur und Papierzuteilung; nach dem Krieg Verlagsleiter.
  • Robert Pilchowski, als Tee- und Gummi-Pflanzer prädestiniert für die Aufgabe als Sonderführer in der Dienststelle „Arbeitsgemeinschaft niederländisch-indischer Firmen“ in Amsterdam zur Verwaltung überseeischer Teefirmen; nach dem Krieg Schriftsteller.
  • Eberhard Taubert, war ranghoher Mitarbeiter des Reichsministeriums für Volksaufklärung, als Sonderführer für die Propaganda im besetzten Norwegen tätig. Er schrieb das Manuskript zu dem Propaganda-Film Der ewige Jude. Nach dem Krieg zunächst untergetaucht, wurde er Berater des damaligen Verteidigungsministers Franz Josef Strauß.
  • Wolfgang Willrich, fanatischer Verfechter der nationalsozialistischen Kunst-Auffassung, jedoch eigenwilliger Ausprägung, die sich z.B. darin zeigte, dass Willrich seine Berufung als Sonderführer rückgängig machen ließ.

Literarische Werke

  • Willi Bredel, Der Sonderführer, Berlin: Dietz-Verlag, 1948.
  • Werner Müller, Sonderführer Günter Krüll, in: Zivilcourage Hg. Wolfram Wette; Frankfurt/M: Fischer Taschenbuch Verlag, 2003. ISBN 3-596-15852-4 - beschreibt die Rettung eines Juden aus dem Getto Pinsk.
  • Walter Kempowski, Alles umsonst, München: Verlag Knaus, 2006. ISBN 978-3-8135-0264-0. Die Romanfigur Eberhard von Globig war Sonderführer im Zweiten Weltkrieg.

Film

In Die letzte Nacht spielt Peter Schütte 1949 den Sonderführer und Dolmetscher Hauptmann Venor.

Literatur

  • Adolf Schlicht, John R.Angolia, Die deutsche Wehrmacht: Uniformierung und Ausrüstung 1933–1945, Stuttgart: Motorbuch-Verlag, 1992.
  • Rudolf Absalon, Die Wehrmacht im Dritten Reich, Boppard am Rhein: Boldt-Verlag; Band V, S.161 und 183 ff.

Einzelnachweise

  1. [1] Abkürzungen
  2. [2] L’origine historique et politique du >H< de BHZ
  3. Förderung von Sonderführern: HM 26.10.1942, HM 1942. zitiert nach: Dirk Richardt, Auswahl und Ausbildung junger Offiziere 1930–1945, Dissertation Marburg, 2002, S.504.
  4. [3] Gesetz über die Versorgung der Opfer des Krieges, S. 7, Nr. 3
  5. [4] Rangabzeichen der Deutschen Wehrmacht (1935–1945)

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