Spielmann

Spielmann
Spielleute im Mittelalter

Der Spielmann (Plural: Spielleute) oder Musikant ist ein Musizierender, der zu bestimmten Gelegenheiten zur Unterhaltung aufspielt.

Inhaltsverzeichnis

Antike und Frühmittelalter

Historisch geht der Begriff auf die Zeit des Römischen Reiches zurück (ludarii). Der Ausdruck Spielmann lässt sich bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgen.

Hochmittelalterliche Spielmannskultur

Die hochmittelalterliche Spielmannskultur entstand gegen Ende des 11. Jahrhunderts zunächst südlich und nördlich der Pyrenäen und breitete sich im Verlauf des 13. Jahrhunderts über ganz Westeuropa aus. Die ältesten Bezeichnungen der Spielleute sind joglar und jogleor. Sie unterhielten ein zahlungskräftiges Publikum durch möglichst spektakuläre Kunststücke. Unter diesen Spielleuten befanden sich spätestens seit Anfang des 13. Jahrhunderts auch Instrumentalspieler. Der Minnesänger Guiraut de Calancon zählte in dieser Zeit bereits neun Instrumente (etwa Fidel, Harfe, und Drehleier) auf, die von jongleurs gespielt würden.

Aufgrund der Quellenlage ist es nicht möglich, die Wurzeln dieser frühen Instrumentalmusik im Abendland näher zu beschreiben. Jedoch sind aus dieser Zeit eine stattliche Anzahl bildlicher Darstellungen von Musikinstrumenten der Spielleute erhalten. Dazu zählen außer den Reliefen an Kathedralen und Buchilluminationen auch eine Reihe von Abbildungen in musiktheoretischen Traktaten. Herrad von Landsberg bildete in ihrem Hortus deliciarum Musikinstrumente wie die Harfe und eine Drehleier (Organistrum oder Symphonia) ab.

Diese finden sich in erster Linie als Miniaturen in Prachthandschriften, von denen die berühmteste eine Ausgabe der spanischen Cantigas de Santa Maria[1] aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ist. Dieser Codex enthält (neben einer mehr als stattlichen Liedersammlung) eine ganze Reihe von Illuminationen, die Musiker (meist paarweise) mit diversen Instrumenten zeigen. Auftraggeber dieser Handschrift war König Alfons X. von Leon und Kastilien († 1284).

Etliche schriftliche Quellen bezeugen, dass sich unter den jongleurs und spilleuten im Verlauf des 13. Jahrhunderts auch fahrende Instrumentalmusiker befanden.

In diesem Jahrhundert erfolgt aber bereits auch ein sehr deutlicher Aufschwung der Städte. Diese werden neben den jeweiligen Landesherrschern nach und nach zum zweiten Förderorgan von Instrumentalmusik, indem sie „Stadtpifer“ oder -„dromper“ in ihre Dienste nehmen. Musikantenzünfte finden sich seit 1288; die älteste bekannte ist die Wiener Nikolaibruderschaft.

Somit waren die entscheidenden Weichen für den neuzeitlichen Instrumentalmusiker bereits im 14. Jahrhundert gestellt.

Daneben bildet sich in den Landsknechtsheeren seit dem 15. Jahrhunderts der militärische Spielmannszug.

Instrumentarium

Um den Ansprüchen bei verschiedensten Anlässen gerecht zu werden, sollte ein Spielmann möglichst viele Instrumente beherrschen. Zu den bevorzugten Instrumenten gehörten Schlaginstrumente, diverse Flöten und Blasinstrumente, sowie gezupfte und gestrichene Instrumente. Die unterschiedlichen Benennungen und Bauformen einzelner Instrumententypen waren mannigfaltig. Generell war der Klang im allgemeinen relativ hoch (zwischen Sopran und Tenorlage) und hell. Erst gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts wurde die Bassregion verstärkt. Das Instrumentarium wurde in privilegierte (das Ansehen des Instruments und die gesellschaftliche Stellung des Spielers betreffende) und gewöhnliche, sowie laute und leise Gruppen eingeteilt. Sie verfügten über einen im Vergleich zu heute relativ beschränkten Tonumfang und wurden ohne allzu große dynamischen Differenzierungen meist in voller Lautstärke gespielt. Manche Instrumente stammten, in teilweise modifizierter Form, aus dem antiken bzw. nordeuropäischen Raum. Andere wurden speziell im Rahmen der Kreuzzüge aus dem arabischen Raum bzw. Zentralasien importiert.

Blasinstrumente und Flöten

Dazu zählen Schalmei und Sackpfeife (Dudelsack).

Streich- und Zupfinstrumente

Die im Vergleich relativ leise gezupfte und gestrichene Saiteninstrumente, etwa die Knickhalslaute, dienten vornehmlich der Liedbegleitung.

Schlaginstrumente

Dazu gehörte die Pauke.

Ensembles

Das gesamte Mittelalter kannte (wie auch teilweise die Renaissance und auch noch das Barock) keine exakt für ein Musikstück vorgeschriebenen Instrumente oder Instrumentenkombinationen. Meist wurde die genaue Zusammensetzung situationsbedingt dem jeweiligen Anlass und den verfügbaren Instrumentalisten angepasst vorgenommen. Erst in der Mitte des 15. Jahrhunderts bildeten sich vage Regelungen für Ensembles für verschiedene den Anlässen angepasste Musikgattungen heraus. Leise Musik im intimen Rahmen oder mit „romantischer bzw. religiöser Textaussage“ wurden meist mit Saiteninstrumente, Blockflöten, Portativ, und Gesang aufgeführt. Laute, meist bei festlichen bzw. repräsentativen Anlässen gespielte Musik, war vornehmlich mit Schalmeien, Trompeten, Posaunen, Schlagwerk und Flöten besetzt.

Neuzeit

Drei Herumziehende Musikanten, Theodor Hosemann 1838

Spielleute zogen als (vogel-)freies fahrendes Volk von Stadt zu Stadt, spielten mit der Spielmannsgeige zum Tanze auf, traten aber auch als Erzähler – selbst begleitet von der Spielmannsgeige – auf. Als Erzähler sangen sie zum einen Liebeslieder („Minnegesang“) oder Heldengesänge („Epen“), zum anderen aber auch Nachrichten (auch Lokalnachrichten), welche sie auf der Wanderung aufschnappten und in Reimform verarbeiteten.

Sich zu Gruppen verbündende Spielleute sind die Vorläufer späterer fahrender Musik- und Gauklertruppen, welche wiederum Vorläufer von wandernden, später sesshaften Theatergruppen wurden.

Der Begriff Musikant ist seit etwa 1600 belegt und deutlich älter als der um 1800 entstandene Begriff des Musikers, der ausgebildet und beruflich Musik ausübt. Er beschreibt den Übergang von fahrenden zum „ehrbaren“ Musiker.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Codex BI2, El Escorial

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