Sprachbad

Sprachbad

Unter Immersion (von lat. immersio: Eintauchen; daher auch deutsch „Sprachbad“) versteht man in der Sprachwissenschaft und der Pädagogik eine Situation, in der Personen, v. a. Kinder, in ein fremdsprachiges Umfeld versetzt werden, in dem sie – beiläufig oder gewünschtermaßen – die fremde Sprache erwerben. Anders als bei der Anwendung von Sprachlernmethoden folgt bei der Immersion der Erwerb der fremden Sprache ausschließlich den Prinzipien des Mutterspracherwerbs.

In vielen mehrsprachigen Kulturen, wie z. B. den Niederländischen Antillen, ist der Spracherwerb durch Immersion eine alltägliche Selbstverständlichkeit, die einen Fremdsprachunterricht oft weitgehend ersetzt.

Inhaltsverzeichnis

Pädagogischer Nutzen

Vorschulunterricht

In Einwanderungsländern wie Kanada, in denen ein Großteil der Kinder Vorschulprogramme besucht, erlernen Einwandererkinder die Landessprachen (Englisch und Französisch) seit jeher durch Immersion. Kanadische Kindergärten sind darüber hinaus jedoch oftmals zweisprachig und bieten in Regionen mit starken sprachlichen Minderheiten auch eine muttersprachliche Betreuung, z. B. auf Hochchinesisch, Deutsch oder Inuktitut.

In Deutschland beträgt der Anteil der Kindertagesstätten, in denen Kinder eine Fremdsprache (außer Deutsch) durch Immersion erwerben können, noch weniger als 1 %.[1]

Schulunterricht

In vielen mehrsprachigen Kulturen, in denen die Amtssprache nicht die von der Bevölkerung gesprochene Sprache ist, erfolgt auch an den Schulen der Fremdspracherwerb nicht durch Sprachunterricht, sondern durch Immersion.

Während diese Praxis in armen Ländern oft als bildungspolitisches Versäumnis eingestuft wird, bemüht man sich heute in manchen reichen Ländern im Gegenteil, die Möglichkeiten der Immersion auszuloten, um z. B. im Schulunterricht eine Alternative zum herkömmlichen Fremdsprachunterricht zu schaffen. Erprobt wurde dies bereits an Schulen im Baskenland, an den bretonischen Diwan-Schulen, im sorbisch-deutschen Sprachraum (Projekt Witaj) und an der Grundschule Simonswolde in Ostfriesland, wo die Schüler auch auf Plattdeutsch unterrichtet werden. [2]

Allerdings tauchen auch im deutschsprachigen Raum in letzter Zeit immer mehr Schulen auf, die bereits ab der 1. Grundschulklasse durchgehend Immersionsunterricht anbieten. In der Schweiz sind Immersionsklassen keine Seltenheit, und auch in Deutschland steigt die Nachfrage nach englischsprachiger Immersion seitens der Eltern sprunghaft an.

Der Vorteil des englischsprachigen Immersionsunterrichts ab der 1. Grundschulklasse besteht im Wesentlichen darin, dass die Schüler ohne ständige Erinnerung daran, dass sie sich eine Fremdsprache erarbeiten, die englische Sprache quasi nebenbei erlernen. Während sie am Mathematik, Sport oder Heimat- und Sachunterricht teilnehmen, begegnen sie englischen Fachbegriffen und erlernen diese Wörter allein durch die Wiederholung und die Anwendung. Da der Grundschullehrer ohnehin jeden Arbeitsschritt vormacht, fällt seinen Schülern auch das Verstehen nicht schwer. Im Laufe der Zeit entwickelt sich so ein Gerüst von Grundbegriffen, mit deren Hilfe die Schüler ihre Arbeitsanweisungen immer besser verstehen. Gegen Ende der 2. Klasse können dann die Ersten bereits relativ komplexe englische Texte selbst vortragen.

Englischsprachiger Immersionsunterricht bedeutet für den Lehrer eine zusätzliche Herausforderung und eine zusätzliche Unterrichtsvorbereitung. Er muss nicht nur wesentlich mehr Anschauungsmaterial (Flash-Cards, Clip-Arts, Bilder) präsentieren, sondern auch in stärkerem Umfang auf die Reaktionen seiner Schüler eingehen und z.B. einen Sachverhalt auf alternative Weise darstellen, wenn das Schülerecho ausbleibt, oder Äußerungen der Schüler in englischer Sprache zurückgeben. Darüber hinaus ist es sinnvoll, mit englischen oder amerikanischen Online-Ressourcen zu arbeiten, um nicht jedes Unterrichtsmaterial neu erfinden zu müssen.

Erwachsenenbildung

Im Sprachunterricht für Erwachsene war es vor allem Maximilian Delphinius Berlitz, der die Prinzipien der Immersion nutzbar zu machen versucht hat.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Broschüre Ich kann zwei Sprachen (pdf)
  2. Ostfriesischer Kurier, 21. November 2008, S. 26

Literatur

  • Brohy, C. & Bregy, A.-L. (1998). Mehrsprachige und plurikulturelle Schulmodelle in der Schweiz oder: What's in a name? In: Bulletin suisse de linguistique appliquée. 67: 85-99.
  • Prof.Dr. Henning Wode: Mehrsprachigkeit durch immersive KiTas, Universität Kiel
  • Wode, Henning: Multilingual education in Europe - What can preschools contribute? In: S. Björklund (ed.): Language as a Tool - Immersion Research and Practices. University of Vaasa: Proceddings of the University of Vaasa, Reports, 424-446, 2001
  • Petra Burmeister & Angelika Daniel: How effective is late partial immersion? Some findings from a secondary school program in Germany. In: Burmeister, Petra; Piske, Thorsten; Rohde, Andreas (Eds.): An Integrated View of Language Development. Papers in Honor of Henning Wode, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2002. ISBN 3-88476-488-8. www.wvttrier.de
  • Marjorie Bingham Wesche: Early French Immersion: How has the original Canadian model stood the test of time? In: Burmeister, Petra; Piske, Thorsten; Rohde, Andreas (Eds.): An Integrated View of Language Development. Papers in Honor of Henning Wode, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2002. ISBN 3-88476-488-8. www.wvttrier.de

Weblinks


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