St. Pankratiuskirche (Bockum-Hövel)

St. Pankratiuskirche (Bockum-Hövel)

Die St. Pankratius-Kirche ist der älteste und traditionsreichste Sakralbau der katholischen Kirche im Ortsteil Hövel, Teil des Stadtbezirks Bockum-Hövel der Großstadt Hamm. Die erste, bereits damals dem heiligen Pankratius geweihte Kirche an diesem Standort, wurde zwischen 1025 und 1030 von Bernhard von Werl-Hövel gestiftet, dem ersten Grafen von Hövel. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts ist dann die ursprüngliche Holzkirche durch eine Sandsteinkirche ersetzt worden. Der heutige Kirchbau wurde in den Jahren 1892 bis 1894 errichtet. Nach umfangreichen Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg musste die Kirche zwischen 1954 und 1956 wiederaufgebaut werden. Ihr 1564 errichtetes Pastorat steht unter Denkmalschutz, ebenso zwei der innerhalb des Kirchbaus befindlichen Glocken aus den Jahren 1511 und 1678.

Inhaltsverzeichnis

Architektur

Der Architekt Wilhelm Rincklake, Baumeister des Historismus in Westfalen, konzipierte im Jahre 1892 den Neubau der im alten Höveler Dorfkern gelegenen St. Pankratius-Kirche. 1894 waren die Bauarbeiten beendet. Sachlichkeit und Strenge des hoch aufstrebenden Innenraums werden durch das Anfang der achtziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts über dem Altar aufgebrachte, großflächige Mosaik gemildert. Dieses stellt den auferstandenen Jesus Christus dar. Unweit der Kirche findet sich an der Straße "Am Wemhof" das nunmehr als Gemeindesaal von St. Pankratius genutzte – 1564 errichtete – Alte Pastorat. Das Gebäude ist als Münsterländer Hallenhaus errichtet und steht unter Denkmalschutz.

Das denkmalgeschützte Geläut

Denkmalgeschützt sind auch die Glocken von 1511 und 1678.

Das Kirchengeläut des abgrissenen Kirchenaltbaus hatte ursprünglich drei Glocken sowie eine kleine, außen am Turmdach hängende Uhrglocke. Diese wurde in den 1894 fertiggestellten Neubau übernommen und in den neuen Turm eingebaut. Von dem Geläut der alten Höveler Kirche sind heute außer der Uhrglocke nur noch die beiden großen Hauptglocken erhalten. Die größere der beiden Glocken (datierend auf das Jahr 1511) ist eine Arbeit des Glockengießermeisters Wolter Westerhues. Sie zeigt die für seine Glocken typischen spitzenartigen Ornamente und ist von besonders kunstfertigem Guss. Die zweite erhaltene Glocke (gefertigt 1678) wurde durch den Meister Gottfried de la Paix gegossen. Beide Glocken stehen seit dem 8. Januar 2003 unter Denkmalschutz (laufende Nummer 260).

Eine dritte ursprünglich vorhandene kleine Glocke des Turmgeläutes, die 1768 von Christian Wilhelm und Rutgerus Voigt (Vater und Sohn) in Isselburg gegossen worden ist, ging im Ersten Weltkrieg dauerhaft verloren.

Als Ersatz für die zerstörte Glocke wurden 1925 zwei neue Glocken angefertigt, die im Zweiten Weltkrieg abermals verloren gingen, so dass im Jahre 1963 schließlich erneut zwei neue Glocken gegossen werden mussten, um das Geläut wieder zu vervollständigen.

Die ebenfalls erhaltene Uhrglocke, die Johann Scheys 1749 in Münster fertigte, gelangte über einen Umweg (Hof Schulze-Elberg) als Dauerleihgabe in das Westfälische Glockenmuseum in Gescher.

Geschichte

St. Pankratius

Pfarrgemeinde St. Pankratius

Zwischen 1025 bis 1030 stiftete Bernhard von Hövel, erster Graf von Hövel und Erbauer der Burg Hövel, auf der Anhöhe eine Eigenkirche, die er unter das Patronat des St. Pankratius stellte. Der Heilige Pankratius, der im Alter von vierzehn Jahren unter Kaiser Dikletian den Märtyrertod starb, erfreute sich in den Kreisen der Ritterschaft besonderer Beliebtheit und wurde oft von ihnen zum Schutzheiligen erwählt. Nach Schnieder sind seine Reliquien im Jahre 985 von Rom nach Gent in Flandern überführt worden. Schon zu dieser Zeit bestanden lebhafte Handelsbeziehungen zwischen Westfalen und den flandrischen Häfen. Eine Begleiterscheinung dieser Beziehung war, dass die in Fladern verehrten Heiligen auch in Westfalen bekannt wurden, unter ihnen Pankratius.

Da Bernhard von Hövel die Kirche nach den damaligen Gepflogenheiten selbst erstellte, unterstand sie nicht dem Bischof. Bis etwa 1180 gehörte sie zum Pfarrbezirk Ahlen. Um 1180 wurde dann die Oberin des Zisterzienserinnen-Klosters auf dem Klosterhof auf Anordnung des Fürstbischofs Hermann II. echte Lehnsfrau der St. Pankratiuskirche in Hövel. Der Ausbau der Kirche erfolgte vermutlich um diese Zeit. Kirche und Pfarrhof (der Wemhof) wurden auf dem Grundbesitz der Herren von Hövel erbaut.

Im Jahre 1193 bildete Bischof Hermann II. das Archidiakonat des Propstes von St. Martin in Münster, dem die Pfarreien Ahlen, Bockum und Hövel zugeteilt wurden.

Das Patronatsrecht über die Pfarre Hövel besaßen zuerst die Herren von Hövel. Später übertrugen sie es dem Grafen von der Mark, der es dann an das Kloster Kentrop weitergab. In Urkunden wird die Äbtissin von Kentrop (zwischen der damaligen Stadt Hamm und der Burg Mark gelegen) echte Lehnsfrau der Pfarre Hövel genannt.

Über die erste Kirche ist nichts bekannt. Es dürfte sich wohl um einen bescheidenen Holzbau gehandelt haben. In der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde dann das erste feste Gebäude aus Sandstein errichtet worden sein. Kaplan Schwieters aus Herbern bezeichnete gegen Ende des 19. Jahrhunderts das Kirchlein zu Hövel als eigentümlichen Bau. Das Schiff war etwa fünfzehn Meter lang und acht Meter breit, mit flacher Decke und mit ursprünglich vier Fenstern. Die Mauern hatten keine Streben. Der Turm war viereckig mit einer vierseitigen Pyramide als Dach. Er neigte sich zur Zeit, als Kaplan Schwieters ihn beschrieb, bedenklich nach Westen; deshalb musste er ausweislich einer Kirchenrechnung schon 1498 verankert werden. In der Rechnung heißt es: Item van den torn to ankerne 6 Goldgulden und 12 Pfg. for ysern; dem smede 3 MArk und 20 Pfg. Item 2 scepel roggen to brot gebacken; een gulden 6 Schil. vor beer, visch und brot; 16 gulden dem mester und den knechten.

In der gleichen Weise geben die Kirchenrechnungen auch über die Einrichtungen des Gotteshauses Aufschluss. Gemäß einer Rechnung von 1489 war die Kirche bereits zu dieser Zeit mit einer Orgal ausgestattet. Die Rechnung berichtet auch, was die Reparaturen kosteten und wie viel Lohn der Organist erhielt. 1724 wurde eine neue Orgel angeschafft, die 159 Taler kostete.

Als Bischof Franz im Jahre 1534 zur Abgeltung der Kriegskosten gegen die Wiedertäufer von allen Kirchen die Kirchenschätze einforderte, wurde die Monstranz mit den anderen Kleinodien gegen Zahlung von 57 1/2 Goldgulden ausgelöst.

Im Turm der Kirche hingen lange Zeit fünf Sensen, die dort von Höveler Bauern aufgehängt worden sind. Die Vorgeschichte dieser seltsamen Begebenheit: Der Bischof als Landesherr erhob von den Bauernhöfen eine Abgabe für die Bedürfnisse des Landes, die bei kleineren Höfen ein bis zwei Taler betrug, bei größeren drei bis fünf Taler. Schwieters führt hierzu aus: Da wegen der schlechten Zeiten und häufigen Kriegsunruhen die Höfe oft "wüst" wurden, indem die Kolonen mit Weib und Kind den Hof verließen und anderswo ein besseres Los suchten, oder nach dem Aussterben des Geschlechts ein neuer Kolonus nicht zu finden war, so entstanden Schwierigkeiten wegen der von solchen Erben zu entrichtenden Schatzung, da die Gutsherren sich weigerten, von den "wüst" liegenden Höfen selbst die Schatzung zu zahlen. Daher wurde schon früh bestimmt, dass wüste Erbschaften von der Schätzung frei bleiben sollten. Die von Merveldt auf Schloss Westerwinkel, die Eigentümer einiger verlassener Höfe im Kirchspiel Hövel waren, wollten die Schatzung der Gemeinde aufbürgen. Das geschah im Jahre 1677. Die Höveler waren darüber aufgebracht und nahmen den Grasmähern, die von Westerwinkel in die Höveler Mark geschickt waren, mit Gewalt fünf Sensen ab und hängten sie "zum ewigen Andenken" in der Kirche auf. Sie wurden deshalb beim weltlichen Gericht verklagt, doch ist der Ausgang des Streites nicht bekannt.

Das Gehalt des Pfarrers und des Küsters wurde aus den Einkünften der zur Pfarre gehörenden Ländereien, aus Stiftungen und den üblichen Naturabgaben der Bauern beglichen. So sind beispielsweise folgende Zahlungen des Hofes Lübbert an den Pfarrer verbrieft: ein Scheffel Gerste, zwei Klanken Flachs. An den Küster: ein Scheffel Roggen, ein halber Schweinskopf, zwei Klanken Flachs und ein Käse. Die anderen Höfe hatten Abgaben in etwa derselben Höhe zu leisten. Bei manchen kam noch hinzu, dass sie den Abholern eine Mahlzeit vorzusetzen hatten. Die Verpflichtungen wurden um 1870 durch Zahlung einer Geldsumme abgelöst. Dazu waren Beträge von etwa 30 bis 70 Talern aufzubringen.

Im Jahre 1323 vermachten Deibold von Hövel und seine Frau Geseke dem Pastorat in Hövel eine bedeutende Stiftung aus Schürkmanns Erbe. Der Hof Schürkmann liegt in der Bauernschaft Nodick im Kirchspiel Herbern. Es handelte sich um zwölf Scheffel Gerste, zwei Scheffel Weizen und zwei Hühner, die dem Pfarrer jährlich zu überbringen waren. Dieser hatte im Gegenzug dreimal im Jahr ein Gedenken zu halten hatte. Außerdem musste er dem Überbringer eine Mahlzeit mit Bier geben.

Jahrhundertelang blieben die kirchlichen Verhältnisse unverändert, bis die Stürme der Reformation sie umgestalteten. 1550 trat Gert von Galen zu Haus Ermelinghof zur neuen Lehre über. Ihm und seinen Nachkommen ist es wohl mit zuzuschreiben, dass von 1563 bis 1618 protestantische Pfarrer in Hövel eingesetzt wurden.

Als besonders eifriger Verfechter der lutherschen Lehre und Förderer des deutschen Kirchengesanges fand der Pfarrer Johann Hard starken Zulauf, und zwar sogar aus der nicht auf münsterischem, sondern märkischem Gebiet gelegenen Stadt Hamm. Aus diesem Grund ließ der Rat an Sonntagvormittagen das Nordentor sperren, um den Zustrom nach Hövel zu verhindern. Johann Hard wurde später als Prediger nach Hamm berufen. 1618 stellte dann der Pfarrer Theodor Baggel den katholischen Gottesdienst in vollem Umfang wieder her. Er wirkte von 1618 bis 1668, also genau fünfzig Jahre, und hatte die schwere Aufgabe, seine Gemeinde in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges zu betreuen.

Es gelang ihm, während dieser Zeit einen bedeutenden Grundbesitz zu erwerben. So brachte er schon 1623 den ganzen Kuhkamp, eine 200 m unterhalb der Burg Hövel liegende Weide, in seinen Besitz. Später erwarb er neben mehreren Kotten, Weiden und Kämpen auch noch die Burg. Mit diesen Gütern als wirtschaftlicher Grundlage gründete er 1663 als Familienstiftung die Vikare Beatae Mariae Virginis. Nur Angehörige der Familien Baggel und Kluitmann konnten Inhaber dieser Stelle werden. Der Name Baggel ist noch heute in den Zeichnungen Baggelberg (das Land zwischen Vikarie und Kirche), Baggelkamp und Bageldiek (die inzwischen zugeschüttete Gräfte des Hauses Hövel) erhalten.

Sieben Jahrhunderte lang bestatteten die Höveler ihre Toten auf dem rings um die Kirche gelegenen Friedhof (oder Gottesacker, wie man damals sagte). Als im Laufe der Zeit die Bevölkerung immer mehr zunahm, legte man 1861 an der jetzigen Bahnhofstraße einen neuen Friedhof an, der aber nach dem zweiten Weltkrieg eingeebnet und als Parkanlage in die Gedänkstätte der Gemeinde einbezogen wurde.

Auch das alte Kirchlein reichte gegen Ende des vorigen Jahrhunderts für die wachsende Gemeinde nicht mehr aus. 1892 wurde die mittelalterliche Kirche mit dem spätgotischen Chor abgebrochen. Im gleichen Jahr begann man mit der Errichtung eines neuen Gotteshauses, das mit seinem hohen schlanken Turm ein Wahrzeichen Hövels geworden und bis zu den Höhen des Haarstrangs und weit bis ins Münsterland hinein sichtbar ist. Seine Einweihung erfolgte am 5. Juli 1894 im Rahmen eines großen Festes. Am 5. Juni 1896[1] wurde die neogotische Pfarrkirche (erneut) St. Pankratius geweiht.

Fünfzig Jahre diente die neue Kirche ihrer Bestimmung, als im fünften Jahre des Zweiten Weltkrieges das Unglück über sie hereinbrach. An diesem Tage griffen feindliche Bomber mittlere Orte des Münsterlandes an, vor allem Drensteinfurt und Ahlen. Ein Verband, der aus Richtung Hamm kam, warf mehrere Bomben auf das Dorf Hövel, von denen zwei das Schiff der Kirche mit Chor trafen und es vollständig zerstörten. Westwerk und Turm blieben beim Luftangriff auf Hövel am 22. März 1944[2] trotz schwerer Beschädigungen erhalten; das Kirchenschiff mit Chor wurde jedoch zerstört.

Großes Glück hatte eine Frau, die in den Turm geflüchtet war. Sie kam, zwar verletzt, doch mit dem Leben davon. Auch die umliegenden Häuser wurden nur beschädigt. Menschenleben waren nicht zu beklagen. Seit diesem Tage versammelte sich die Pankratiusgemeinde zum Gottesdienst in dem durch Anbau zur Notkirche erweiterten Pfarrhause zu Hövel.

1954 wurde mit dem Wiederaufbau der zerstörten Kirche begonnen, der 1956 (1957) abgeschlossen wurde. Die heutige Kirche wurde nach den Plänen von Eberhard Michael Kleffner und Christa Kleffner-Dirxen unter Einbeziehung des alten Westwerks errichtet.

Pfarrgemeinde Heilig Geist

Seit dem 1. Januar sind die ehemals selbständigen Kirchengemeinden Christus König, Herz Jesu, St. Pankratius und St. Stephanus zur neuen katholischen Kirchengemeinde Heilig Geist Bockum-Hövel zusammengelegt worden; neue Pfarrkirche ist St. Pankratius, die anderen werden als Filialkirchen genutzt. Die katholischen Kirchengemeinden Maria Königin und Herz Jesu in Hamm-Norden sind mit Wirkung vom 27. November zur Katholischen Kirchengemeinde Clemens August Graf von Galen zusammengelegt worden.

Pfarrer der Pfarrgemeinde St. Pankratius

  • 1961 - 1973: Ludwig Uhlenbrock
  • 1973 - 1990: Ludger Bügener
  • 1990 - 2005: Meinolff Winzeler
  • 2005 - 2008  : Stefan Peitzmann

Anschrift

Am Wemhof 15
59075 Hamm
Telefon: (02381) 71123
Fax: (02381) 780618
Die Kirche liegt an einer Haltestelle der Linie 9.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Jerrentrup 2002, S. 77; die Gedenktafel gibt hingegen das Jahr 1894 an.
  2. Vgl. Jerrentrup 2002, S. 77; die Gedenktafel gibt hingegen den 23. März 1944 an.

Literatur

  • Brücker, Rainer; Die Konfessionsentwicklung in Westfalen im 17. Jahrhundert, Dissertation, Münster 2004[1]
  • Dehio, Georg, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Dt. Kunstverl., München, 1964., S. 63;
  • Masannek, Winfried "Bockum-Hövel - Erinnerungen an eine junge, dynamische Stadt", Bockum-Hövel 1974
  • Schuhmacher, Fritz und Greilich, Hartmut; "Bockum-Hövel - Aus Geschichte und Heimatkunde",Regensberg, Münster, 1956
  • Schwieters, Julius; Geschichtliche Nachrichten über den östlichen Teil des Kreises Lüdinghausen, 1886
  • Denkmalliste der Stadt Hamm[2]
  • Schroeder, Willi E., Ein Heimatbuch. Zwei Stadtteile stellen sich vor. Bockum und Hövel., 1980.
  • Winfried Masannek, Bockum-Hövel. Erinnerungen an eine junge, dynamische Stadt, 1974.
  • Fritz Schumacher, Hartmut Greilich, Bockum-Hövel. Aus Geschichte und Heimatkunde, Hamm 1956, Neuauflage 2002.
  • Broschüre der Bezirksvertretung Bockum-Hövel[3]
  • Friedrich Wilhelm Jerrentrup: Katholische Pfarrkirche St. Pankratius, in: Kirchen der Neuzeit in Hamm, Hamm 2002, S. 76-81.

Weblinks


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