Staatsquote

Staatsquote

Die Staatsquote, auch Staatsausgabenquote, ist eine wirtschaftswissenschaftliche Kennzahl. Sie soll den Anteil der staatlichen und staatlich bedingten wirtschaftlichen Aktivität an der wirtschaftlichen Gesamtleistung einer Volkswirtschaft aufzeigen.

Inhaltsverzeichnis

Kerngedanke

Die Staatsquote ist (in den meisten Fällen) definiert als das Verhältnis der Summe der Haushaltsausgaben von Bund, Ländern und Kommunen sowie der gesetzlichen Sozialsysteme (Parafisci) zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) (manchmal auch zum Bruttonationaleinkommen (BNE)).

Allerdings sind alle Berechnungen stets umstritten. So legen manche Wirtschaftswissenschaftler auch das Volkseinkommen anstatt des BIP oder BNE als Maßstab an. Des Weiteren können auch die Staatseinnahmen anstatt der Staatsausgaben als Grundlagen für die Berechnungen genommen werden. Berücksichtigt man den Faktor der in Deutschland kontinuierlich zunehmenden Staatsverschuldung, so dürften jedoch die Staatsausgaben relevanter sein.

Man unterscheidet oft zwei Staatsquoten, eine im engeren Sinn und eine im weiteren Sinn. Die Staatsquote i. e. S. ist wie folgt definiert.

{C_\mathrm{Staat} + I_\mathrm{Staat} \over Y}

Die Staatsquote i. w. S. ist wie folgt definiert:

{C_\mathrm{Staat} + I_\mathrm{Staat} + Z + S \over Y}

Hierbei: C = Konsum; I = Investitionen; S = Ausgaben für Sozialtransfers und Subventionen; Y = Bruttoinlandsprodukt; Z = Zinsausgaben.

Letztere ist eigentlich keine echte Quote, da sie sich mit der privaten Ausgabenquote und der Auslandsabgabenquote nicht zu 100 % addiert. Sie wird oftmals jedoch als aussagekräftiger angesehen, da sie angibt, wie viel Geld durch die Hand des Staates geht.

Neben den allgemeinen Quoten, bei denen die gesamten Staatsausgaben ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt gesetzt werden, gibt es auch spezielle Staatsquoten. Die Ausgaben für Gesundheit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt wäre beispielsweise eine spezielle Staatsquote.

Berechnung und Quellen

Als Quellen für die Staatsquote dient einerseits die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung, andererseits die Finanzstatistik.

Staatsquote in ausgewählten Ländern

Angaben in Prozent, Quelle: Statistisches Bundesamt[1], Europa 2005-2009 (ohne Schweiz): Deutsches Bundesministerium der Finanzen auf Basis „Statistischer Anhang der Europäischen Wirtschaft“ der EU-Kommission, Statistisches Jahrbuch 2010, Entwicklung der Staatsquote sowie Bundesamt für Statistik[2].

Land 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
Belgien 51,1 49,3 52,1 48,6 48,4 50,1 54,1
Dänemark 55,3 55,1 52,6 51,5 50,8 51,9 58,3
Deutschland 47,6 48,1 48,5 47,1 46,8 45,4 43,7 43,7 47,6 46,6
Finnland 50,0 50,3 50,0 48,9 47,2 49,3 55,8
Frankreich 53,4 53,2 53,3 52,7 52,3 52,8 56,0
Griechenland 49,2 49,8 43,8 44,9 46,2 49,1 53,2
Großbritannien 42,8 43,1 44,1 44,2 43,9 47,5 51,7
Irland 33,5 34,0 34,0 34,5 36,8 42,7 48,9
Italien 48,3 47,8 48,1 48,7 47,9 48,9 51,9
Luxemburg 42,3 43,1 41,5 38,6 36,2 36,9 42,2
Niederlande 47,1 46,3 44,8 45,5 45,2 46,0 51,4
Österreich 51,1 50,3 50,1 49,3 48,3 48,7 52,3
Portugal 45,8 46,7 45,8 44,5 43,7 43,5 48,1
Schweden 58,2 56,7 53,6 52,6 50,9 51,5 54,6
Schweiz[2] 35,0 36,3 37,9 37,5 37,2 35,4 34,2 32,5 34,6
Spanien 38,2 38,8 38,4 38,4 39,2 41,3 45,8

In Japan betrugen die Ausgaben des Staates im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt 2008 36,4 %[3] und in den USA 2010 43,2 % [4].

Staatsquote und Wirtschaftswachstum

Im Mainstream der Wirtschaftswissenschaft gilt derzeit eine niedrige Staatsquote als positiv für höheres Wirtschaftswachstum („schlanker Staat“). Läge die Staatsquote bei 0 %, so ließe sich ein evtl. Marktversagen nicht mit Hilfe staatlicher Institutionen beseitigen. Läge die Staatsquote hingegen bei 100 %, so wäre jedes individuelle ökonomische Handeln unterbunden, Despotie läge vor.

Phänomen steigender Staatsquoten

Steigende Staatsquoten werden durch das Wagnersche Gesetz beschrieben. Einen Erklärungsversuch bietet die Peacock-Wiseman-Hypothese. Eine weitere Erklärung wird durch das Budgetmaximierungsmodell von Niskanen geleistet.

Das Popitzsche Gesetz geht von einem Zusammenhang zwischen steigender Staatsquote und steigendem Anteil des Zentralstaats an den Gesamtstaatsausgaben aus. In diesem Zusammenhang gehört auch das Modell der Baumolschen Kostenkrankheit.

Bewertung

Nachteil der Staatsquoten ist, dass Ausgaben mit geringer Budgetintensität nicht ausreichend erfasst werden. Bürokratieüberwälzungskosten bleiben unberücksichtigt.

Möchte man die Industrie in einem Land stützen, dann könnte man einerseits Subventionen zahlen, die sich direkt im Budget niederschlagen, andererseits könnte man aber auch ein Einfuhrverbot auf ausländische Konkurrenzprodukte verhängen ohne dabei das Budget zu belasten, was somit nicht von der Staatsquote erfasst wird.

Situation in Deutschland

Die Staatsquote in Deutschland liegt zurzeit bei 43,5 % (2008).[5] In Deutschland wird derzeit von vielen Wirtschaftswissenschaftlern gefordert, die Staatsquote zu senken, damit sich mehr ökonomische Dynamik entfalten könne. Die Staatsquote ist zwischen 2003 und 2007 um 4,6 Prozentpunkte gesunken und liegt damit jetzt deutlich unter dem Schnitt der EU-Staaten, hat jedoch im Vergleich mit Japan und den USA noch immer ein höheres Niveau. Allerdings ist in den USA ein Teil des Sozialsystems privat organisiert und geht deshalb nicht in die Staatsquote ein. Die Staatsquote Deutschlands ohne den Anteil der Sozialsysteme lag 2007 bei 24,7 %.

Siehe auch

Literatur

  • Ralf Kronberger: Ergänzungen zur Aktuellen Unterlage „Öffentliche Finanzen in Österreich“: Wie wirtschaftet der Staat? In: Aktuelle Unterlagen der Arbeitsgemeinschaft für Wirtschaft und Schule. Nr. 49, März 2005 (PDF)

Weblinks

Fußnoten

  1. Anteil der Gesamtausgaben des Staates am Bruttoinlandsprodukt (Stand 1. November 2006, Internet Archive)
  2. a b Statistik Schweiz - Kennzahlen in % des BIP. Abgerufen am 3 November 2011.
  3. http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/vwl2/downloads/material/Staatsquote.pdf
  4. http://de.statista.com/statistik/daten/studie/158267/umfrage/staatsquote-der-usa/
  5. Hans-Böckler-Stiftung: Bofinger: Deutscher Staat verliert massiv an finanziellen Ressourcen und Entscheidungskompetenzen. 30. Juli 2008

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