Staupe

Staupe
An Staupe erkrankter Hund mit eitrigem Nasenausfluss und Hyperkeratose des Nasenspiegels

Die Staupe ist eine Viruserkrankung, die bei Hunden, Mardern, Stinktieren, Robben und Kleinbären auftreten kann. Sie wird nach dem Entdecker ihres Erregers Henri Carré[1] auch als Carrésche Krankheit, auf englisch als (canine) distemper bezeichnet. Kennzeichnend für die Erkrankung sind hohes Fieber und Abgeschlagenheit. Je nach befallenem Organsystem können Durchfall und Erbrechen oder Atemwegssymptome auftreten. Im weiteren Verlauf kann es zu einer Schädigung des Gehirns mit zentralnervösen Erscheinungen kommen.

Inhaltsverzeichnis

Erreger

Die Krankheit wird durch das Canine Staupevirus (CDV, Canine Distemper Virus) ausgelöst. Der Erreger ist ein Morbillivirus aus der Unterfamilie der Paramyxovirinae. Es ist eng verwandt mit dem Masernvirus des Menschen, dem bovinen Rinderpestvirus und dem Seehund-Staupevirus, welches für das massenhafte Seehundesterben 1988 in der Nordsee verantwortlich war. Außerhalb des lebenden Organismus bleibt der Erreger nur wenige Tage infektiös. Während er gegenüber Trocknung und Kälte recht resistent ist, wird er von allen gängigen Desinfektionsmitteln sehr schnell inaktiviert.

Pathogenese

Histologisches Präparat aus der Lunge eines Afrikanischen Wildhundes mit Staupe. A: Verlegte Bronchiole mit umgebendem lymphozytärem Infiltrat. B: Detailaufnahme mit erkennbaren Einschlußkörperchen durch Einlagerung von Virusproteinen. (HE-Färbung)

Von der Erkrankung sind vor allem junge Hunde im Alterszeitraum von acht Wochen bis sechs Monaten betroffen. Die Inkubationszeit beträgt in der Regel zwischen drei und sieben Tagen. Nachdem das Virus über die Maul- oder Nasenschleimhaut aufgenommen wurde, vermehrt es sich zunächst in den Mandeln oder den Bronchiallymphknoten. Vier Tage nach der Infektion kommt es zur Virämie, in deren Folge vor allem Gewebe des Abwehrsystems wie Milz, Thymus, Knochenmark, Lymphknoten oder Kupffer-Sternzellen besiedelt werden. Kann der Körper innerhalb der ersten neun Tage ausreichend Antikörper bilden, bilden sich im Allgemeinen keine Krankheitssymptome aus. Unterbleibt die Bildung von Antikörpern, befällt der Erreger neben dem Verdauungs- und dem Nervensystem auch den Atmungsapparat und den Urogenitaltrakt. Da ab diesem Zeitpunkt alle Sekrete und Exkrete des Hundes Virusmaterial enthalten, kann sich die Krankheit in der Population weiter verbreiten.

Klinik

Abhängig von den befallenen Organen werden unterschiedliche Verlaufsformen beobachtet, die jedoch auch kombiniert auftreten können. Allen gemeinsam ist das Auftreten hohen Fiebers, welches bis auf 41°C ansteigen kann, sowie Appetitlosigkeit und Apathie.

Bleibt es bei diesen beiden Formen, nimmt die Krankheit einen vergleichsweise milden Verlauf und hat nach zwei bis vier Wochen häufig eine Erholung zur Folge. Wird jedoch das Nervensystem betroffen, ist die Prognose wesentlich ungünstiger und endet häufig mit dem Tod des Tiers.

Mit schweren Verlaufsformen verbunden sind Hyperkeratosen im Bereich der Ballen und des Nasenspiegels, die sogenannte Hard pad disease. Sie ist als prognostisch ungünstiges Zeichen zu werten. Da die Viren auch die für die Zahnbildung zuständigen Zellen (Adamantoblasten) befallen, tritt nach einer im Welpenalter überstandenen Infektion nicht selten ein Staupegebiss auf, welches durch ausgedehnte Defekte des Zahnschmelzes der Hunde gekennzeichnet ist.

Als Spätfolge einer Staupeinfektion kann es bei älteren Hunden selten zu einer chronisch fortschreitenden Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) kommen; man spricht dabei von Old Dog Encephalitis (ODE). In solchen Hunden kann das Staupevirus aus nicht näher erforschten Gründen dauerhaft im Hirn persistieren und verursacht progressiv schlechter werdende neurologische Symptome. Viren werden dabei keine ausgeschieden, so dass solche Hunde für Artgenossen nicht ansteckend sind.[2]

Bei Nerzen, Frettchen und Waschbären verläuft die Infektion in der Regel tödlich.

Diagnose

Die Diagnose der Staupeerkrankung ist außerordentlich schwierig. Ein klinischer Verdacht kann bei entsprechenden Symptomen und einer fehlenden oder unvollständigen Grundimmunisierung geäußert werden. Serologische Untersuchungen sind bei geimpften Tieren ohne Bedeutung, da nicht zwischen Antikörpern einer Infektion oder Impfung unterschieden werden kann. Ein direkter Virusnachweis im Blut kann in der Spätphase der Infektion negativ ausfallen, wenn die virämische Phase bereits vorüber ist. Am sichersten kann die Diagnose am lebenden Tier durch einen Nachweis der Virus-RNA mittels RT-PCR im Blut und Liquor cerebrospinalis gestellt werden.[3]

Prophylaxe

Impfungen sind die wichtigste Prophylaxe, gerade weil die Erkrankung in den letzten Jahren wieder vermehrt aufgetreten ist. Daher sollten Hunde mittels einer Grundimmunisierung und anschließende Wiederauffrischungsimpfungen geschützt werden. Weil Hundewelpen oft noch sehr lange über einen Schutz durch maternale Antikörper verfügen, kann der richtige Zeitpunkt für den Beginn einer Grundimmunisierung variieren. Die Ständige Impfkommission vet. empfiehlt jedoch für junge Hunde eine Erstimpfung im Alter von acht Wochen, vier Wochen später die Zweitimpfung und mit 16 Wochen die dritte Vakzination sowie eine Wiederauffrischung nach 15 Monaten. Ab dem zweiten Lebensjahr ist eine Wiederauffrischung im dreijährigen Rhythmus ausreichend. Sollte ein Welpe erst nach zwölf Lebenswochen erstmals geimpft werden, reichen zwei Impfungen im Abstand von drei bis vier Wochen sowie eine Auffrischung nach einem weiteren Jahr zur Grundimmunisierung[4].

Frettchen können ab der zehnten Lebenswoche gegen Staupe geimpft werden. Hier gilt eine Impfung im einjährigen Rhythmus als ausreichend[5].

Im Umgang mit erkrankten Tieren ist strikte Hygiene erforderlich, um eine Verbreitung der Viren zu vermeiden. Zur Therapie wird die Behandlung mit Serumantikörpern und Interferonen eingesetzt, gegen die Begleit- und Folgeerkrankungen sind Infusionen und die Verabreichung von Antibiotika angezeigt.

In Fällen, wo ein Wurf einem hohen Infektionsdruck ausgesetzt ist, ist es möglich, die Welpen schon ab dem Alter von sechs Wochen mit humanem Masern-Impfstoff zu impfen. Aufgrund der engen Verwandtschaft von Staupe- und Masernviren bietet diese Impfung einen Schutz vor einer klinischen Staupeerkrankung: Durch die geringfügig verschiedenen Antigene wird der Impfstoff nicht in nennenswerter Weise von den zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen maternalen Antikörpern inaktiviert und stimuliert so die Ausbildung einer Immunantwort, die klinisch auch gegen das Staupevirus wirksam ist.[6] Auch die experimentelle Infektion von Hunden mit Masernviren führt zur Ausbildung einer Immunität gegen Staupe.[7]

Einzelnachweise

  1. Carré, H. Sur la maladie des jeunes chiens In: Comptes rendus de l'académie des sciences [III] 1905, 140:689-90 und 1489-91
  2. The Merck Veterinary Manual: Canine Distemper
  3. Andreas Moritz et al.: Beurteilung diagnostischer Möglichkeiten bei der Staupevirusinfektion des Hundes. In: Kleintierpraxis 43 (1998), S. 153–172.
  4. Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission vet. für Hunde
  5. Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission vet. für Frettchen
  6. W. S. Chalmers, W. Baxendale: A comparison of canine distemper vaccine and measles vaccine for the prevention of canine distemper in young puppies In: Vet. Rec. 135, 1994, S. 349–353 PMID 7846822.
  7. R. A. MOURA, J. WARREN: Subclinical infection of dogs by canine-adapted measles virus evidenced by their subsequent immunity to canine distemper virus In: J. Bacteriol. 82, 1961, S. 702–705 PMID 14476677 PMC 279238.

Weblinks

 Commons: Staupe – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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