Ataxie

Ataxie
Klassifikation nach ICD-10
R27.0 Ataxie, nicht näher bezeichnet
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Ataxie (aus griechisch ataxia ἀταξία ‚Unordnung‘ ‚Unregelmäßigkeit‘) ist ein Oberbegriff für verschiedene Störungen der Bewegungskoordination. Eine Ataxie kann auftreten, auch wenn keine Lähmung (Parese) vorliegt, also bei normaler Muskelkraft.

Inhaltsverzeichnis

Formen der Ataxie

Als Rumpfataxie bezeichnet man die Unfähigkeit, gerade zu sitzen, so dass die Betroffenen nur noch mithilfe einer Stütze sitzen oder stehen können. Analog bezeichnet man als Standataxie die Unfähigkeit, zu stehen, so dass die Betroffenen nur noch mit Hilfe steh- und gehfähig sind. Menschen mit einer Gangataxie haben ein breitbeinig-unsicheres Gangbild. Eine Ataxie bei Zielbewegungen (auch afferente Ataxie genannt) führt zu Bewegungen falschen Ausmaßes mit daneben zeigen (Dysmetrie), zu überschießend-ausfahrenden Bewegungen (Hypermetrie) oder zu unflüssig-verwackelten Bewegungen (Asynergie) und damit zur Unfähigkeit einer raschen Folge antagonistischer Bewegungen (Dysdiadochokinese).

Ursachen von Ataxien

Jede Erkrankung, die die an der Bewegungssteuerung beteiligten Organsysteme des Nervensystems schädigt, kann eine Ataxie hervorrufen.

Häufigste Ursache von Ataxien sind Erkrankungen des Kleinhirns. Dieses ist für die Koordination der sensiblen Informationen aus dem Rückenmark, der Informationen des Gleichgewichtsorgans und der übrigen Sinneseindrücke und deren Umsetzung in motorische Bewegungsabläufe zuständig, also die Planung, Koordination und Feinabstimmung von Bewegungen.

Ataxien können deswegen auch auftreten, wenn die über das Rückenmark ankommenden sensiblen Informationen aus den peripheren sensiblen Nerven, Gelenken und Muskeln fehlen. Dadurch fehlt die für gezielte motorische Bewegungen erforderliche Feinsteuerung, es kommt zur sogenannten sensiblen Ataxie.

Zerebelläre Ataxie

Kleinhirn-Durchblutungsstörungen oder Kleinhirn-Blutungen, also Schlaganfälle des Kleinhirns, lösen eine Ataxie aus.

Ataxien treten nicht selten im Verlauf entzündlicher Erkrankungen des Nervensystems mit Schädigung des Kleinhirns und/oder Rückenmarks auf, vor allem bei der multiplen Sklerose. In seltenen Fällen können im Rahmen von Krebserkrankungen auftretende Antikörper zu einer Erkrankung des Kleinhirns und damit einer zerebellären Ataxie führen (paraneoplastische Erkrankung). Auch infektiös bedingte Ataxien wie z. B. eine Zoster-Zerebellitis oder ein Kleinhirn-Abszess sind selten. Immer häufiger ist Ataxie eine Folge der Borreliose nach Zeckenbiss.

Hirntumoren oder Metastasen im Kleinhirn und eine Einklemmung des Kleinhirns im Rahmen eines diffus erhöhten Hirndrucks jeder Ursache führen zur Ataxie, sofern nicht zuvor eine Bewusstseinstrübung eintritt.

Ataxien können durch chronische Vergiftungen ausgelöst werden, beim Menschen am häufigsten durch eine akute Kleinhirnfunktionsstörung im Rahmen eines akuten Alkoholrausches (reversibel) oder durch einen chronischen Alkoholismus (schlechtere Besserungstendenz). Als Symptom einer Überdosierung von Medikamenten kann es zu in der Regel schnell reversiblen Ataxien kommen, vor allem bei Überdosierung oder zu schneller Aufdosierung von Antiepileptika. Ebenso als häufige Nebenwirkung von Medikamenten aus der Gruppe der Benzodiazepine, auch in geringer Menge, welche aber nach dem Absetzen reversibel ist. Ataxien durch Vergiftungen mit Schwermetallen (besonders Quecksilber) oder Pestiziden sind extrem selten.

Spinale oder Sensible Ataxie

Auch hier ist die häufigste Ursache eine chronische Alkoholvergiftung. Ähnlich wie das Kleinhirn wird auch das Rückenmark häufig von der multiplen Sklerose betroffen. Tumore im Rückenmark oder in der Wirbelsäule sind insgesamt selten. Eine sensible Ataxie wird häufiger durch eine in den Rückenmarksraum eingebrochene Wirbelkörper-Metastase hervorgerufen. In der Tiermedizin wird sie als Wobbler-Syndrom bezeichnet.

Nicht ganz selten ist Ursache einer sensiblen Ataxie eine Schädigung der sensiblen Rückenmarksbahnen durch einen Vitamin B12-Mangel (die sogenannte Funikuläre Myelose), die bei entsprechender Behandlung komplett reversibel ist.

Als wichtige infektiöse Ursachen der sensiblen Ataxie sind die Syphilis des Nervensystems zu erwähnen, ferner auch HIV und die Infektion mit dem Zoster-Virus.

Hereditäre Ataxien

Ataxien treten ferner bei zahlreichen, insgesamt aber seltenen, genetisch bedingten (= hereditären) Erkrankungen auf, den hereditären Ataxien. Diese werden autosomal-rezessiv oder autosomal-dominant vererbt (ADCA = autosomal-dominante zerebellare Ataxien). Die autosomal-dominanten Ataxien werden heute zumeist spinocerebellare Ataxien (SCAs) genannt. Insgesamt 28 chromosomale Lokalisationen für SCAs sind bekannt, von denen ungefähr die Hälfte kloniert ist. Gemeinsam ist diesen Erkrankungen, dass sie das Kleinhirn und/oder die Hinterstränge des Rückenmarks befallen.

Autosomal-rezessive Ataxien

Der autosomal-rezessive Erbgang

Autosomal-dominante zerebellare Ataxien (ADCA)

Der autosomal-dominante Erbgang
  • Spinozerebellare Ataxien (SCA) Typ 1 – 7
  • Spinozerebellare Ataxie Typ 13
  • Dentato-rubro-pallido-luysianische Atrophie mit Demenz
  • ADCA mit pigmentärer Retinadegeneration (ADCA-II)
  • ADCA mit rein zerebellarer Symptomatik (ADCA-III)
  • ADCA mit Myoklonien und Taubheit (ADCA-IV)
  • ADCA mit mentaler Retardierung (SCA13)
  • Episodische Ataxie (EA) Typ 1-6

Siehe auch

Weblinks

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