Susanne Leonhard

Susanne Leonhard

Susanne Leonhard (* 14. Juni 1895 in Oschatz / Sachsen; † 3. April 1984 in Stuttgart; geborene Köhler) war eine deutsche Schriftstellerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Nach dem frühen Tod ihres Vaters (1895) wuchs Susanne bei ihrem Großvater, einem Bankier, in Oschatz / Sachsen auf. Dort besuchte sie auch die Bürgerschule, anschließend zwei Jahre lang ein Internat in Leipzig und von 1912-1915 eine Höhere Mädchenbildungsanstalt in Chemnitz, wo sie auch das Abitur ablegte.

Von 1915 bis 1919 studierte sie in Göttingen und Berlin Mathematik und Philosophie. Schon als Studentin war sie politisch links orientiert, bemühte sich in der Organisierung der Freien Studenten und schloss sich 1916 der "Liebknecht-Jugend" (Spartakusbund) an. Gleichzeitig war sie auch journalistisch tätig und schrieb unter anderem für "Die Frau" von Minna Cauer. Von 1919 bis 1920 war sie Redaktionssekretärin der (illegalen) "Kommunistischen Räte-Korrespondenz" in Berlin.

Im Jahr 1918 heiratete Susanne Köhler den ebenfalls links orientieren expressionistischen Lyriker und Dramatiker Rudolf Leonhard. Die Ehe wurde schon 1919 wieder geschieden. 1920 ging sie - inzwischen Mitglied der KPD - als Leiterin der Presseabteilung der sowjetischen Botschaft nach Wien, wo sie 1921 den damaligen Sowjetbotschafter Mieczysław Broński (1882–1938) heiratete. Auch diese Ehe hatte keinen Bestand und wurde, weil nur nach sowjetischem Recht geschlossen, später wieder aufgehoben.

Rudolf Leonhard, Leonhards erster Ehemann, kannte die Vaterschaft ihres 1921 geborenen Sohnes Wolfgang Leonhard, welcher später unter anderem durch sein Hauptwerk "Die Revolution entlässt ihre Kinder" und seine langjährige Tätigkeit an der US-amerikanischen Elite-Universität Yale große internationale Publizität erlangte, an. Aus dieser Zeit stammt auch die erste größere Arbeit Leonhards über die "Unterirdische Literatur im revolutionären Deutschland des Weltkriegs" (1921).

Schon 1922 kehrte Leonhard nach Berlin zurück und betätigte sich dort wieder als Journalistin. Sie schrieb vorwiegend für kommunistische Organe, später, nach ihrem wegen ideologischer Differenzen vollzogenen Austritt aus der KPD im Jahre 1925, in der linksbürgerlichen Presse. Daneben gehörte sie in Berlin einem von Karl Korsch initiierten, marxistischen Diskussionszirkel an, an welchem u.a. auch Bertolt Brecht und Alfred Döblin teilnahmen.

1933 wurde Leonhard die Aufnahme in die "berufsständische NS-Organisation" verweigert, wodurch ihre publizistische Tätigkeit vorerst ein Ende fand. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt nun unter anderem als Tänzerin, nachdem sie schon in den zwanziger Jahren die Wigman-Schule besucht und ein Diplom erworben hatte. Politisch betätigte Leonhard sich in der kommunistischen Widerstandsbewegung, vornehmlich als Kurier.

Im März 1935 reiste Leonhard nach Schweden. Dort erreichte sie die Nachricht drohender Verhaftung, worauf sie mit ihrem Sohn nach Moskau übersiedelte. Hier lebte sie als Sprachlehrerin, wurde jedoch schon 1936 verhaftet und verbrachte zwölf Jahre in sowjetischer Gefangenschaft im Arbeitslager Workuta und in Sibirien.

Ihr Sohn Wolfgang Leonhard machte 1945 nach seiner Rückkehr nach Deutschland (zusammen mit Walter Ulbricht) rasch Karriere. 1948 half ihm der spätere DDR-Staatspräsident Wilhelm Pieck sogar, seine Mutter aus Sibirien zurückzuholen.

Im August 1948 kehrte Susanne Leonhard nach Deutschland zurück. Anfangs lebte sie in Ost-Berlin, um dann im Frühjahr 1949 nach West-Deutschland überzusiedeln. Hier wurde sie vom US-Geheimdienst CIC (Counter Intelligence Corps) festgenommen und bis April 1950 inhaftiert. Als weiterhin überzeugte - antistalinistische - Sozialistin lehnte sie jedoch eine Arbeit für die US-Spionage ab.

Nach ihrer Entlassung aus der US-Haft ließ sich Susanne Leonhard in Stuttgart nieder. Hier schloss sie sich Anfang der 1950er Jahren der kurzlebigen weit links stehenden Unabhängigen Arbeiterpartei Deutschlands (UAPD) an, die einen Sozialismus nach titoistischem Vorbild anstrebte. In den 1960er Jahren leitete sie den Ortsverein des Deutschen Freidenkerverbandes und arbeitete mit unabhängigen Linkssozialisten wie Fritz Lamm eng zusammen.[1]

Werke

  • Unterirdische Literatur im revolutionären Deutschland während des Weltkrieges. Berlin 1920, DNB 458487104 (Nachdruck 1968).
  • Gestohlenes Leben. Schicksal einer politischen Emigrantin in der Sowjetunion. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1956, DNB 453000258.
  • Fahrt ins Verhängnis. Als Sozialistin in Stalins Gulag. Herder, Freiburg/Breisgau 1983, ISBN 3-451-07998-4, DNB 830457100 (Gekürzte und überarb. Fassung des unter dem Titel "Gestohlenes Leben" erschienenen Werkes).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arbeiterstimme, Nürnberg, Herbst 2007 (Nr. 157), S. 31f

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