- TOS (Betriebssystem)
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TOS (Akronym für The Operating System, seltener Tramiel Operating System, nach dem damaligen Atari-Chef Jack Tramiel) ist ein Computerbetriebssystem. Es wurde für die Heimcomputerserie Atari ST von 1985 bis 1994 entwickelt.
TOS war bei seinem Erscheinen 1985 vollständig in GEM, eine von Digital Research entwickelte und für seine Zeit sehr komfortable graphische Benutzeroberfläche, integriert. Es bestand somit für Endanwender keine unmittelbare Notwendigkeit, den Rechner auf Betriebssystemebene zu bedienen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
TOS ist aus CP/M-68K (einem Betriebssystem von Digital Research) hervorgegangen und wurde durch die Mac-ähnliche grafische Benutzeroberfläche GEM ergänzt, die schon von MS-DOS-PCs her bekannt war. Die Schnittstellen vieler Systemaufrufe entsprachen denen von DOS, auch die Diskettenformate der beiden Systeme waren sehr ähnlich. Auf dem ersten Atari ST (520 ST 1. Serie) wurde das TOS noch von einer Diskette geladen, danach war es fest im ROM integriert.
TOS 1.0x
TOS 1.0 wurde unter großem Zeitdruck entwickelt und galt als stark fehlerbehaftet und extrem langsam. TOS 1.02 (auch Blitter-TOS genannt) behob die größten Probleme und unterstützte den grafischen Koprozessor Blitter, blieb jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Erst mit TOS 1.04 (auch „Rainbow“-TOS genannt, wegen der Regenbogenfarben des Atari-Logos in der „ About“-Dialogbox) konnte Atari ein ausgereiftes Betriebssystem mit besserer Unterstützung von Festplatten, verbesserter Speicherverwaltung für Dateisysteme und einem freundlicheren Datei-Selektor ausliefern. Auf Basis des TOS 1.04 wurde TOS 1.06 entwickelt, das die STE-Hardware unterstützte und einen „Cookie-Jar” (eine Sammlung von System Variablen)[1] verfügte. Aufgrund kleinerer, aber deutlich sichtbarer Fehler musste Atari recht früh nachbessern und entwickelte TOS 1.62.
TOS 3.0x
TOS 3.0x wurde vom Atari TT sowie seinen Klonen verwendet. Während sich in den vorangegangenen Versionen nur wenig an der Benutzeroberfläche verändert hatte, stellt TOS 3 eine echte Überarbeitung dar: Dateien können auf dem Desktop abgelegt, Icons individuell zugewiesen und Dateien gesucht werden.
TOS 2.0x
TOS 2.0x wurde mit dem MegaSTE und somit zeitlich nach TOS 3 eingeführt. Es übernahm den erweiterten Desktop von TOS 3 und war mit 256 KB ROM deutlich größer als TOS 1.0x (192 KB). Adapterplatinen anderer Hersteller sorgten für die nötigen Adressanpassungen, um TOS 2.06 auch in älteren STs einsetzen zu können. TOS 2.06 unterstützte HD-Disketten (1,44 MB).
TOS 4.0x
Neben den Anpassungen an die leistungsfähigere Hardware des Falcon und der Unterstützung des DSP bot TOS 4 erstmals animierten 3D-Look, Farbicons, Pop-ups und Untermenüs. Diese Erweiterungen konnten dank eigener GEM-Bibliotheken (WinDom, SysGem, faceVALUE) auch unter älteren TOS Versionen genutzt werden. Erstmals in einem TOS sind die verschiedenen Sprachversionen in einem ROM zusammengefasst, die Einstellungen werden aus dem NVRAM ausgelesen.
Ein unerwartetes Comeback erlebte TOS 4 auf dem Atari-Klon Milan der Firma Milan Computersysteme. Neben der Verwendung eines moderneren Compilers (GNU C-Compiler) und Anpassungen an die veränderte Hardware (68040 CPU), gibt es in späteren Versionen (TOS 4.08) sichtbare Änderungen in Form von runden Optionsfeldern (Radiobutton) und eckigen Auswahlkästen (Checkbox). Diese rein optischen Neuerungen waren schon vor dem Milan-TOS in diversen GEM-Bibliotheken eingebaut worden. TOS 4.08 ist nur auf dem Milan lauffähig. An der Umsetzung und Erweiterung von TOS 4 auf den Milan war Atari nicht beteiligt.
Zeitlich vor dem Milan-TOS erschien noch inoffiziell TOS 4.92, welches als Beta-Version auf diversen Internet-Seiten kursiert. Auffälligste Änderungen: Zusatzprogramme (Accessories) können nun jederzeit nachgeladen werden, und die Fenster der Benutzeroberfläche sind minimierbar.
MultiTOS
Ein unvollständiges Multitasking war schon in TOS 1 bis 4 möglich (Start sogenannter „Accessories”). Andere Hersteller (MultiGEM, Mag!X) boten hingegen schon echtes Multitasking an. Schließlich schloss Atari auf und veröffentlichte MultiTOS. Es war eine komplette Neuentwicklung und basierte nicht auf TOS 1–4, sondern auf dem von Eric Smith entwickeltem MiNT, das in der Lage war, mehrere TOS-Programme ohne grafische Benutzeroberfläche auszuführen, und der grafischen Oberfläche MultiAES, die den parallelen Einsatz von GEM-Programmen erlaubte. Sie war der Benutzeroberfläche des TOS 4.0x sehr ähnlich, brachte aber Inkompatibilitäten mit sich.
MultiTOS bot präemptives Multitasking und Speicherschutz (mit dem 68030 mit Hilfe der PMMU), die Benutzeroberfläche entsprach weitgehend dem Falcon-TOS. Besonders der (abschaltbare) Speicherschutz stellte viele Atari-Programme vor Probleme, ein großer Kritikpunkt war außerdem die niedrige Geschwindigkeit: Ein sinnvoller Einsatz war erst auf Rechnern mit 68030 CPU möglich.
MultiAES 4.1, eine fehlerbereinigte und beschleunigte Version der GEM-Komponente in MultiTOS, wurde nicht mehr offiziell als Update angeboten, das quelltextoffene MiNT wird hingegen bis heute weiterentwickelt.
Weiterentwicklungen
Es gab mehrere Erweiterungen von TOS von anderen Anbietern, die bekannteste war wohl KaOS.
TOS unterliegt nach wie vor Lizenzbestimmungen und ist nicht frei verfügbar. Die Nutzungsrechte an TOS liegen heute bei der Milan Computer GmbH (Kiel, Deutschland) und der Medusa Computer Systems (Uster, Schweiz). Diese dürfen TOS anpassen und mit ihren Computern verwenden und verkaufen. So wurde TOS an die, nicht mehr von Atari entwickelte, neuere Hardware angepasst. Ab 2002 wurde von freien Entwicklern ein völlig freies TOS namens EmuTOS programmiert.[2]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ http://toshyp.atari.org/en/003007.html
- ↑ Matthias Jaap: Das offene TOS: EmuTOS (Interview). ST-Computer, 2002, abgerufen am 1. Februar 2011.
Weblinks
Commons: Atari – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- tos.hyp - ein Nachschlagewerk für die Systemfunktionen der Betriebssysteme TOS, MultiTOS, MagiC und MagiCMac
- TOS/MiNT-Emulator
- EmuTOS
- TeraDesk
- GEMDOS
- FireTOS
- ATARI-Wiki OS
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