Tabletop

Tabletop
Tabletop-Spiel Warhammer
Bemalen einer napoleonischen Miniatur

Als Tabletop (engl. „Tisch-“) bezeichnet man ein Strategiespielsystem, bei dem mit Miniaturfiguren (früher aus einer Zinnlegierung gegossen oder aus Papier ausgeschnitten, heute meist Zinn- oder auch Kunststofffiguren) auf einer beliebigen Oberfläche (besonders Tischen) gespielt wird. Die Spielfläche wird oft mit sogenannten „Geländestücken“ (Hügel, Wälder, Ruinen aus Spielwarenläden oder selbstgebaut) gestaltet. Da es kein herkömmliches Spielbrett gibt, werden Entfernungen (Bewegungs- oder Schussreichweiten) in den meisten Regelsystemen mit einem Maßband ausgemessen. Einige Systeme verwenden Hexfelder, um Entfernungen darzustellen (Battletech, Demonworld u. a.). Die Figuren werden meistens aus vorgefertigten Bausätzen sorgfältig zusammengebaut und aufwändig bemalt oder in Form von Sammelfiguren erworben. Das Tabletop lässt sich in den Bereich der Konfliktsimulationen einordnen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die heutigen Tabletopspiele sind Weiterentwicklungen des sogenannten „Kriegsspiels“, das Anfang des 19. Jahrhunderts von Baron von Reisswitz entworfen wurde, um preußische Offiziere in Strategiefragen zu trainieren.

Genres

Miniatur für historisches Tabletop, 15 mm/1:100

Obwohl es nicht ungewöhnlich ist, mit einem Tabletopregelwerk unterschiedlichste Hintergründe darstellen zu können, können die meisten Tabletopsysteme einem Genre zugeordnet werden. Die derzeit in Deutschland am weitesten verbreiteten Tabletopspiele haben einen Fantasy- oder Science-Fiction-Hintergrund oder eine Mischung aus beiden. Dabei werden sowohl speziell für das Spiel entwickelte Hintergründe als auch bekannte Fantasiewelten wie z. B. J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe oder das Star-Wars-Universum verwendet, um den Wiedererkennungswert zu erhöhen und die Einstiegshürden zu minimieren. Die am häufigsten anzutreffenden Elemente bei diesen Fantasy Tabletops sind Magie, fiktive Rassen wie z. B. Orks oder futuristische Gegenstände wie Laserwaffen und Raumschiffe.

Neben den Fantasy-Tabletops gibt es aber auch Tabletops, die in historische Hintergründe eingebettet wurden (Historische Tabletops). Bei diesen Spielen werden Truppen oder Armeen dargestellt, die in der Geschichte tatsächlich existiert haben. Historische Regelsysteme lassen sich grob in 3 Epochen einteilen: Antike und Mittelalter, Neuzeit bis 1900 und Moderne ab 1900. Die weitere Einteilung erfolgt nach geschichtlichen Epochen und nach Regionen. (Zum Beispiel Frühmittelalter, Renaissance, Siebenjähriger Krieg, Napoleonische Kriege, Szenarien zum Zweiten Weltkrieg, Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg etc). Die Unterteilung folgt dabei meist spieltechnischen Zwängen. Während es relativ einfach ist, mit einem einzigen Regelwerk die Antike, das Mittelalter und sogar Fantasy-Hintergründe darzustellen, unterscheiden sich z.B. die Anforderungen an Regeln für den 30jährigen Krieg und den spanischen Erbfolgekrieg so stark, dass hier meist unterschiedliche Regelsysteme verwendet werden. Eine Besonderheit bei historischen Tabletops ist die Vernachlässigung von Konflikten, die im angelsächsischen Raum weniger Interesse wecken, da die meisten Systeme aus Großbritannien oder den USA kommen. So gibt es zum Mittelalter auf den britischen Inseln dutzende detaillierte Regelwerke und Figurenreihen, aber nur sehr wenig über das deutsche oder italienische Mittelalter.

Bisher weniger verbreitet sind Genres wie Horror, Abenteuer (Piraten u. ä.), Western oder Pulp (Pseudohistorisch im Comic- oder Hollywoodstil), allerdings ist die Anzahl an Publikationen in den letzten Jahren deutlich gestiegen.

Abgrenzung zu Brett- und Rollenspielen

Die Grenzen zwischen Tabletop- und anderen Spielen sind oft fließend. Einige Brettspiele mit Miniaturen wie z. B. HeroQuest sind für Tabletop-Einsteiger konzipiert, Varianten mit variablem Spielplan können dabei schon fast als Tabletop bezeichnet werden. Auf der anderen Seite können klassische Tabletops wie Battletech oder Demonworld durch ihre vorgefertigten Spielpläne beinahe als Brettspiele bezeichnet werden. Ähnlich fließend ist der Übergang zum Rollenspiel. Während Rollenspieler durchaus Miniaturen zur Darstellung ihrer Aktionen im Spiel verwenden, gibt es auch Tabletops, deren Regeln einen starken Rollenspielanteil haben.

Spielregeln

Mit teilweise sehr komplexen Spielregeln wird versucht, möglichst alle Aspekte einer tatsächlichen Schlacht im Spiel umzusetzen. So werden in vielen Tabletops die Moral der Truppe, Vor- und Nachteile von Gelände und Ausrüstung sowie Einheiten mit speziellen Fähigkeiten und Taktiken wie Phalanx, Plänkler, Kavallerie und natürlich die Eigenschaften der verschiedenen Waffen regeltechnisch umgesetzt. Es muss immer ein Kompromiss zwischen komplizierten, realistischen Regeln und einfachen, abstrakten Regeln gefunden werden. Hierin liegt auch der grundlegende Unterschied der verschiedenen Regelsysteme.

Gemäß den Regeln werden die meisten Aktionen über Würfelwürfe bestimmt. Viele Systeme nutzen neben gewöhnlichen sechsseitigen Würfeln auch spezielle Würfel mit anderen Seitenzahlen. Einige weniger verbreitete Systeme werden mit Hilfe von Spielkarten gespielt oder nutzen Kombination aus Würfeln und Karten. Daneben gibt es Systeme, die den Zufall weitestgehend ausschalten und vor allem über den Vergleich von Eigenschaftswerten funktionieren.

Maßstäbe

Größenvergleich der gängigen Tabletop-Maßstäbe
Historisches Tabletop mit Papiermodellen im kleinsten Standardmaßstab 6 mm (1:285)

Die Figuren von Tabletops gibt es in verschiedenen Größen und Maßstäben. Am meisten verwendet werden Figuren der Größe 6 mm, 10 mm, 15 mm, 25 mm, 28 mm, 32 mm und 54 mm, sowie der Maßstäbe 1:87, 1:76, 1:72 und 1:64. Die mm-Anzahl gibt die Größe eines durchschnittlichen Menschenmodells in Millimetern an. Bei klassischen Figuren kann damit allerdings auch die Höhe der Miniatur vom Boden bis zu den Augen gemeint sein, da die meisten historischen Miniaturen Kopfbedeckungen tragen, was zu einer ungenauen Größenangabe führen könnte. Der 6-mm-, 10-mm- und 15-mm-Maßstab wird zumeist für historische Tabletops genutzt, während der 25-mm- und der 28-mm-Maßstab vorwiegend für Fantasy- und Science-Fiction-Tabletops genutzt wird, da er einen höheren Detailgrad der Figuren ermöglicht.

Der Maßstab entscheidet, ob das Tabletopspiel eher dazu gedacht ist, um große Truppenverbände mit großen Regimentern darzustellen, oder ob mehr Wert auf Einzelminiaturen gelegt wird, die entsprechend weniger zahlreich, dafür aber detaillierter modelliert und mit genaueren Sonderregeln ausgestattet sind.

Sammelminiaturenspiele

Mage Knight bezog den von Trading Card Games bekannten Sammlereffekt mit ein, indem die (hier schon vorbemalten) Figuren in „Boosterpacks“ verkauft wurden. Zudem wird hier die Standfläche (Fachbegriff: Base) als Lebenspunkt- und Werteanzeige verwendet. Auch gibt es einen Sammlermarkt, der sich auf alte, nicht mehr produzierte Miniaturen konzentriert.

Das durch Trading Card Games großgewordene US-Unternehmen Wizards of the Coast brachte im August 2006 auf ähnlicher Basis das Sammelminiaturenspiel Dreamblade auf den Markt.

Das letzte große System stammt ebenfalls von Wizards of the Coast. Es handelt sich dabei um die Star Wars Reihe, unter anderem gibt es ein System bei denen man Raumschlachten nachstellen kann.

Tabletopsysteme und anbietende Unternehmen

Aufgestellte, bemalte Figuren

Warhammer zählt zu den traditionelleren Systemen und stellt Schlachten zwischen Fantasy-Armeen dar. Truppen werden in Kampfverbänden oder Regimentern zusammengefasst und in Gruppen gesteuert. Die Modellanzahl liegt pro Armee meist bei über 100 Modellen. Skirmish-Tabletops hingegen benötigen ungleich weniger Modelle. Meistens wird jedes Modell separiert gespielt (z. B. Fearless) oder in kleineren Truppenverbänden zu 2–4 Modellen zusammengefasst (z. B. Dark Age, Arcane Codex Arena und Warmachine/Hordes oder das Herr der Ringe Skirmish-Tabletop). Zwischenbereiche stellen Chronopia, Warzone oder Titan2577 dar, welche erheblich größere Truppenverbände nutzen können, aber eine Vielzahl an Einzelmodellen einsetzen. Weit verbreitet sind die Produkte von Games Workshop wie Warhammer Fantasy, Warhammer 40000 und Herr der Ringe.

Neben Games Workshop gibt es weitere bekannte Unternehmen: Excalibur Miniaturen mit Fearless, Titan2577 und Magic Challenge; Rackham mit Confrontation und AT-43; Urban Mammoth mit Urban War und Metropolis; Wizkids mit Mage Knight, Mechwarrior: Dark Age und Crimson Skies; FANPRO LCC mit Classic BattleTech (dem bekannteren Mechwarrior-Vorgänger), Kraken Editions mit Alkemy, Asmodee mit Helldorado, Corvus Belli mit Infinity the Game, Privateer Press mit Warmachine und Hordes und Ral Partha Europe mit Demonworld.

Im Bereich historischer Schlachten ist De Bellis Magistrorum Militum (kurz DBMM), De Bellis Multitudinis (DBM) zusammen mit seinem kleineren Bruder De Bellis Antiquitatis (DBA) sehr verbreitet. In Deutschland wird DBM hauptsächlich im 15-mm-Maßstab gespielt. Beide Systeme decken den Zeitraum von etwa 3000 vor Christus bis ins späte 16. Jahrhundert ab. Games Workshop ist mit Warhammer Ancient Battles, Legends of the Old West u. a. vertreten. Weitere in den letzten Jahren erschienene, bedeutende Systeme sind Field of Glory und Force on Force von Osprey Publishing, einem Fachverlag für Militärgeschichte und Flames of War von Battlefront.

Daneben gibt es noch viele Unternehmen, welche eine Vielzahl an Figuren in ihrem Sortiment haben, die nicht für ein bestimmtes Spielsystem produziert werden, zum Beispiel Ral Partha, Gamezone, Fenryll, Foundry, Reaper Miniatures, Thomarillion, Freebooter Miniatures, TIN Bitz und Assassin Miniaturen.

2004 wurde vom Spielzeugriesen Hasbro ein Einsteiger Tabletop namens Heroscape auf den Markt gebracht, dass im Vergleich zu seinen großen Brüdern ein eher simples Regelsystem besitzt. Der Hauptunterschied ist, dass Heroscape eine veränderbare 3D-Landschaft besitzt, auf der die Kämpfe stattfinden.

Weblinks

 Commons: Miniatures games – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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