Targum

Targum

Ein Targum (hebr. תרגום: „Übersetzung, Erklärung“; Plural: Targumim, deutsch auch Targume, abgekürzt Tg.) ist eine antike Übersetzung von hebräischen oder altgriechischen Bibel-Handschriften in das Aramäische. Targumim sind im Judentum zwischen 200 v. und 800 n. Chr. entstanden.

Inhaltsverzeichnis

Targumim aus Qumran

Nach dem Babylonischen Exil (539 v. Chr.) verdrängte Aramäisch, die Hauptsprache im Perserreich, das Hebräische als Alltagssprache in Israel. Die ältesten bekannten aramäischen Bibelhandschriften wurden 1956 unter den Schriftrollen von Qumran gefunden. Sie entstanden zwischen 200 und 150 v. Chr. und übersetzen Teile des hebräisch abgefassten 3. Buchs Mose (4Q156) und des Buchs Ijob (4Q157, 11Q10).

Die aramäischen Ijobtexte unterscheiden sich nur an wenigen Stellen geringfügig von den bis dahin bekannten, etwa 1000 Jahre jüngeren masoretischen Handschriften. Sie sind einfacher, daher leicht verständlich und zeigen eine Tendenz, mythische Motive zu reduzieren und rational zu deuten.[1]

Palästinische Targumim

Eine Reihe jüdischer Targume sind im 1. Jahrhundert n. Chr. im Raum Palästina entstanden. Ihre Textvarianten sind vielfältig, da der Tanach damals noch nicht endgültig festgelegt und einheitlich redigiert worden war. Sie verbinden freie Übertragungen von Bibeltexten (teilweise Paraphrasen) mit Auslegungen dazu, die im Synagogengottesdienst verwendet wurden. Sie erlauben Einblicke in das Judentum in der Entstehungszeit des Urchristentums.

Der Targum Neophyti 1 (Tg N) umfasst die gesamte Tora (1.-5. Buch Mose, Pentateuch). Eine vollständige Abschrift stammt aus dem Jahre 1504 und wurde fälschlich als Targum Onqelos tituliert im Jahre 1886 von der Bibliotheca Vaticana vom Collegium Ecclesiasticum Neophytum nach dessen Schließung erworben, das es seinerseits im Jahre 1602 von Gregor XIII. erhalten hatte. Dass es sich um einen eigenständigen Targum handelt, wurde im Jahre 1949 von den spanischen Professoren Jose Maria Millas Vallicrosa and Alejandro Díez Macho entdeckt.

Der Targum Pseudo-Jonathan oder Jeruschalmi I (Tg J) umfasst ebenfalls die Tora sowie Midraschim (predigthafte Auslegungen) dazu. Auch der Fragmententargum oder Targum Jeruschalmi II (Tg JII oder Tg F) enthält gesammelte Midraschim zur Tora, die aber nur in einzelnen Versen oder Versgruppen erhalten sind. Es wurde vor 800 n. Chr. abgeschlossen.

Weitere Bruchstücke von Targumim sind mit anderen alten Bibelhandschriften 1890 in einer Geniza in Kairo gefunden worden.[2]

Babylonische Targumim

Anders als die palästinischen waren die in der jüdischen Diaspora in Babylonien entstandenen Targumim offizielle, von damals führenden Auslegern autorisierte Bibelübersetzungen. Dazu gehört vor allem der Targum Onkelos (Tg O), der im Talmud auf Onkelos bzw. Rabbi Aquila, einen Proselyten und Revisor der griechischen Septuaginta, zurückgeführt wird. Er umfasst die Tora und überträgt sie wortgetreu, sehr ähnlich wie der masoretische Text, jedoch mit einigen aktualisierenden exegetischen Ergänzungen. Er wurde wahrscheinlich um 200 begonnen und bis zum Abschluss im 5. Jahrhundert mehrfach überarbeitet.

Der Targum Jonathan (Tg L) wurde auf Theodotion bzw. Jonathan, einen anderen Revisor der Septuaginta, zurückgeführt, aber wahrscheinlich schon früher begonnen. Es überträgt die biblischen Nevi'im in erzählerischer Ausgestaltung (Haggada).[2]

Weitere

Targumim existieren ferner zu den Psalmen, zum Buch der Chronik, zu den Sprichwörtern, zum Buch Ester und zum Hohelied.

Literatur

Textausgaben und Übersetzungen

  • Martin McNamara (Hg.): The Aramaic Bible: The Targums. Edinburgh 1987ff. ISBN 0-567-09477-4
  • Ernest G. Clarke (Hg.): Targum Pseudo-Jonathan of the Pentateuch: Text and Concordance. With Collaboration by W. E. Aufrecht, J. C. Hurd, and F. Spitzer. Hoboken/NJ: Ktav Publishing House 1984. ISBN 0-88125-015-5
  • Alejandro Díez Macho: Neophyti 1: Targum Palestinense, ms de la Biblioteca Vaticana. Madrid: Consejo Superior de Invest. Cientif. 1968-1979. ISBN 84-00-03973-4
  • Michael L. Klein: The Fragment-Targums of the Pentateuch according to their Extant Sources. Bd. 1: Texts, Indices and Introductory Essays. Bd. 2: Translation. (Analecta Biblica 76.) Rom 1980.
  • Michael L. Klein: Genizah Manuscripts of Palestinian Targum to the Pentateuch. 2 Bände. Cincinnati: Hebrew Union College Press 1986. ISBN 0-87820-206-4
  • Alexander Sperber: The Bible in Aramaic Based on Old Manuscripts and Printed Texts I-IV. Leiden 1959-1973.

Bibliographie

  • Bernard Grossfeld: A Bibliography of Targum Literature 1 (Bibliographica Judaica 3). Cincinnati/Oh. u.a.: Hebrew Union College Press u.a. 1972. ISBN 0-87068-192-3
  • Bernard Grossfeld: A Bibliography of Targum Literature 2 (Bibliographica Judaica 8). Cincinnati/Oh. u.a.: Hebrew Union College Press u.a. 1977. ISBN 0-87820-905-0

Studien

  • Steven E. Fassberg: A Grammar of the Palestinian Targum Fragments from the Cairo Genizah (Harvard Semitic Studies 38). Atlanta/Ga.: Scholars Press 1990. ISBN 1-555-40569-X
  • Paul V. M. Flesher (Hg.): Targum studies. Atlanta/Ga.: Scholars Press 1998ff.
  • Uwe Gleßmer: Einleitung in die Targume zum Pentateuch. Tübingen: Mohr 1995. ISBN 3-16-145818-4
  • David M. Golomb: A Grammar of Targum Neofiti (Harvard Semitic Monographs 34). Chico/Ca.: Scholars Press 1985. ISBN 0-89130-891-1
  • Kevin J. Cathcart, Michael Maher (Hg.): Targumic and Cognate Studies: Essays in Honour of Martin McNamara. JSOT.S 230. Sheffield 1996. ISBN 1-85075-632-5
  • Günter Stemberger: Einleitung in Talmud und Midrasch. München: C.H. Beck 81992.

Weblinks

Einzelbelege

  1. Heinz-Josef Fabry: Der Text und seine Geschichte, in: Erich Zenger (Hrsg.): Einleitung in das Alte Testament, 6. Auflage 2006, S. 59
  2. a b Heinz-Josef Fabry: Der Text und seine Geschichte, a.a.O., S. 58

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