- Teilung des Römischen Reiches
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Unter der römischen Reichsteilung von 395 versteht man die nach dem Tod des Kaisers Theodosius I. erfolgte Teilung des Imperium Romanum in eine westliche und eine östliche Hälfte, in der jeweils ein Kaiser residierte. Der erste oströmische Kaiser war Theodosius’ älterer Sohn Arcadius, der erste weströmische Kaiser sein jüngerer Sohn Honorius. Kaiserresidenz des Ostens war Konstantinopel, im Westen residierte der Hof zunächst in Mailand, später dann meist in Ravenna sowie vereinzelt auch in Rom.
Die Idee, die Macht im Römischen Reich unter mehreren Herrschern zu verteilen, denen unterschiedliche regionale Aufgabenbereiche zugewiesen wurden, war alt: Bemerkenswerterweise verlief die Trennlinie 395 fast genau dort, wo beinahe 450 Jahre zuvor die Grenze zwischen den Machtbereichen von Octavian und Marcus Antonius festgelegt worden war. Spätestens im 3. Jahrhundert war diese Idee unter Kaiser Valerian, der sich die Herrschaft mit seinem Sohn Gallienus geteilt und diesem die Westhälfte des Reiches zugewiesen hatte, erneut aufgegriffen worden. In der Spätantike war seit Diokletian das Mehrkaisertum die Regel geworden und alles spricht dafür, dass auch die Teilung von 395 in diese Reihe gehört. Auch nach diesem Jahr bildete das Imperium Romanum staatsrechtlich weiterhin eine Einheit; das Bild des Kaisers der jeweils anderen Reichshälfte stand in den Senatscurien von Rom und Konstantinopel, die allermeisten Gesetze galten reichsweit, und nicht selten griff ein Kaiser auch in die Politik der anderen Hälfte ein. Hinzu kamen einige gemeinsame Militäroperationen. Man hatte die Herrschaft aus technischen und administrativen Gründen auf zwei Augusti verteilen müssen, an eine Spaltung des Reiches in zwei unabhängige Hälften dachte man offensichtlich nicht.
Trotzdem kam der Teilung von 395 im Rückblick einige Bedeutung zu – denn da das weströmische Kaisertum 476/480 erlosch, bevor es wieder zu einer Alleinherrschaft eines einzigen Kaisers (Augustus) hätte kommen können, erwies sie sich faktisch als endgültig. Nicht wenige Althistoriker sind zudem der Ansicht, dass sich bereits im Verlauf des 4. Jahrhunderts eine stärkere kulturelle, religiöse und ökonomische Auseinanderentwicklung des griechisch geprägten Ostens und des lateinischen Westens abgezeichnet habe. Diese sei durch die Trennung von 395 befestigt und verstärkt worden. Zudem scheint es von Nachteil gewesen zu sein, dass Geld- und Truppenverschiebungen von Ost nach West nun viel umständlicher waren als zuvor; dieser Faktor mag den Fortbestand des Ostens und den endgültigen Zerfall Westroms mit verursacht haben. Um 400 kam es aufgrund von Rivalitäten an den beiden Kaiserhöfen sogar fast zu einem Krieg zwischen Ost- und Westrom.
In der Sicht der Zeitgenossen scheint die Zeit der Reichsteilung 476 geendet zu haben – fortan gab es wieder nur einen einzigen römischen Kaiser, den in Konstantinopel. Nach dem Erlöschen des westlichen Kaisertums lag die Herrschaft über den Westen nun bei ihm, auch wenn man sie bis auf weiteres an die Herrscher der Germanenreiche delegierte. Noch Kaiser Justinian I. machte dann aber 140 Jahre nach der Reichsteilung deutlich, dass er gewillt war, diese Ansprüche auch tatsächlich wieder durchzusetzen: Die Idee der Reichseinheit überdauerte die Teilung von 395 letztlich um mindestens 200 Jahre. Noch 597 scheint Kaiser Maurikios das zwei Jahrhunderte zuvor angewandte Konzept vor Augen gehabt zu haben, als er verfügte, nach seinem Tod solle sein älterer Sohn in Konstantinopel, sein jüngerer aber in Rom als Kaiser residieren – allerdings wurde dieser Plan 602 durch die Ausrottung der kaiserlichen Familie durch den Usurpator Phokas zunichte gemacht.
Literatur
- Paul S. Barnwell: Emperors, Prefects and Kings. The Roman West 395–565. London 1992.
- Heinz Bellen: Grundzüge der römischen Geschichte III. Die Spätantike von Constantin bis Justinian. Darmstadt 2003.
- Émilienne Demougeot: De l’unité à la division de l’empire Romain (395–410). Paris 1951.
- Ferdinand R. Gahbauer: Die Teilung des Imperium Romanum als Ursache für die ost-westliche Kirchenspaltung. In: Ostkirchliche Studien. Nr. 34, 1985, S. 105–127.
- Ernst Kornemann: Doppelprinzipat und Reichsteilung im Imperium Romanum. Leipzig 1930.
- Jens-Uwe Krause: Die Spätantike (284–565 n. Chr.). In: Hans-Joachim Gehrke, Helmuth Schneider (Hrsg.): Geschichte der Antike. Stuttgart/Weimar 2006, S. 409–477.
- Hartmut Leppin: Theodosius der Große. Darmstadt 2003.
- John Moorhead: The Roman Empire divided, 400–700. Edinburgh 2001.
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