- Tennoke
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Tennō oder sumera-mikoto (jap. 天皇, tennō oder sumeragi, dt. Himmlischer Herrscher oder eingedeutscht Tenno), auch bekannt als der Mikado (帝, Göttlicher [Kaiser], Schöpfer; oder 御門, erlauchtes Tor) ist ein japanischer Herrscher- und Adelstitel, der im Deutschen oft mit „Kaiser“ übersetzt wird, sowie in loserer Verwendung auch die Bezeichnung für das dynastische Geschlecht, das in Japan diesen Titel getragen hat. Derzeit ist Akihito unter der Regierungsdevise (Nengō) Heisei (dt.Frieden überall) der amtierende Tennō.
Inhaltsverzeichnis
Funktion
Die Hauptfunktion des Tennō ist heute rein zeremonieller Natur. Das Datum aller offiziellen Anlässe, sowohl staatlich als auch geschäftlich, wird berechnet nach der Dauer der Herrschaft des gegenwärtigen Kaisers.
Artikel 1 der Nachkriegs-Verfassung von 1946 erklärt, dass der Kaiser „das Symbol des Staates und der Einheit des Volkes“ sei. Seine politische Rolle ist auf eine Symbolfunktion beschränkt, die durch das Volk legitimiert ist; de jure ist er kein Staatsoberhaupt.
Zu seinen politischen Funktionen gehören die Ernennung des Premierministers und des Präsidenten des obersten Gerichtshofes, die Einberufung des Parlamentes, die Verkündung von Gesetzen und die Entgegennahme der Akkreditierungsschreiben ausländischer Botschafter. Er hat in diesen Angelegenheiten aber keinerlei eigene Entscheidungsgewalt. Der Shōwa-Tennō Hirohito, der als Mitverantwortlicher des Zweiten Weltkrieges gilt, beteiligte sich nach Kriegsende nicht mehr am politischen Tagesgeschehen. Seit seinem Tod 1989 setzt sein Sohn Akihito diese Haltung fort, er nimmt aber anlässlich von Staatsbesuchen[1] und Audienzen[2][3] anders als sein Vater zu außenpolitischen Fragen insbesondere der Aussöhnung mit den Kriegsgegnern Japans im Zweiten Weltkrieg Stellung, wobei ihm aber die Verfassung nach Ansicht der japanischen Regierung enge Grenzen auferlegt.[4]
In religiöser Hinsicht gilt er als der oberste Priester des Shintō.
Kaiserliches Siegel
Hauptartikel: Nationales und Kaiserliches Siegel Japans
Das Kaiserliche Siegel zeigt eine stilisierte Chrysantheme mit 16 Blütenblättern. Aus diesem Grund wird der japanische Kaiserthron auch als Chrysanthementhron bezeichnet. Das Kaiserliche Siegel wird nur von Mitgliedern der kaiserlichen Familie verwendet. Es existiert zwar kein Gesetz, welches das Kaiserliche Siegel zum Staatswappen erklärt, jedoch wird es weitestgehend als solches genutzt und ziert unter anderem die Hülle des japanischen Passes.
Geschichte
Die Institution des Tennō wird bis in das Jahr 660 v. Chr. zurückgeführt. In diesem Jahr soll einer Legende nach Jimmu durch seine Thronbesteigung das japanische Kaiserhaus gegründet haben.[5] Allerdings ist dies umstritten. Eventuell existiert die Institution erst seit der Gründung des japanischen Staatswesens im 5. Jahrhundert. Es fand kein Dynastienwechsel mehr seit der Begründung des Yamato-Reichs statt. Diese Kontinuität kam unter anderem dadurch zustande, dass für das Tennō-Amt in Ausnahmefällen auch Frauen eingesetzt werden konnten, wenngleich auch nur in symbolischer Funktion. Die Staatsgeschäfte wurden dann in diesen Fällen von ihren Ehemännern, den Prinzregenten ausgeführt. In den ersten japanischen Reichschroniken, die 712 und 720 abgefasst wurden, wird die Sonnengottheit Amaterasu als Ahnherrin des Tennō angeführt.[6]
Die Bedeutung des Tennō-Amtes hat im Laufe seiner Geschichte stark fluktuiert. Vom 7. bis zum 8. Jahrhundert stellten die Tennō tatsächlich die oberste Regierungsinstanz dar, im Laufe der Zeit wurde die Entscheidungsmacht des Tennō aber immer stärker durch Regenten, und schließlich durch die Shōgune eingeschränkt. Die Shogune übernahmen vom 12.-16. Jahrhundert praktisch die gesamte Regierungsgewalt, sie schafften das Amt des Tennō aber nicht ab, sondern behielten es bei, als Legitimation ihrer eigenen Rolle. Auch diese Machtlosigkeit während des Großteils der japanischen Geschichte sicherte indirekt den Fortbestand der Dynastie; denn wer die Macht im Lande übernehmen wollte, musste nicht den Tennō, sondern den Regenten oder Shōgun absetzen.
In dieser Form existierte das Tennō-Wesen auch während der so genannte Edo- oder Tokugawa-Zeit (1600–1868) weiter. Erst durch die Reformen des Jahres 1868, bekannt als Meiji-Restauration, bekam der Tennō wieder mehr politische Bedeutung zugesprochen. Der ideologische Anspruch dieser Reformen war eine Rückkehr zum Staatswesen des Altertums, als der Tennō noch alle Macht innehatte. Daher spricht man auch von einer Restauration. Dieser Begriff ist allerdings umstritten, gebräuchlich ist auch Renovation oder Revolution.
Tatsächlich erfolgte nach 1868 aber eine konsequente Umgestaltung des japanischen Staates in einen modernen Nationalstaat. Der junge Meiji-tennō galt zwar als Oberhaupt des Staates, hatte aber de facto auch in dieser Regierungsform mehr zeremonielle Funktionen als wirkliche politische Gestaltungsmöglichkeiten. Die Verfassung von 1889, die an die Verfassung des Königreichs Preußen angelehnt war, sah die Person des Kaisers als unverletzlich an und seine ernannte Regierung war nicht dem Parlament, sondern ihm verantwortlich.
Als Symbol des Staates spielte der Tennō aber in der nationalistischen Staatsideologie, die besonders im 20. Jahrhundert immer stärker forciert wurde, eine umso bedeutendere Rolle. Der Staat wurde als Familie dargestellt, der Tennō als Vater und die Untertanen als Kinder (Familiarismus). Es durfte außerdem niemand am göttlichen Ursprung des Tennō (wie er in den alten Mythen dargestellt wird) zweifeln. Auch die japanische Eroberungspolitik, die schließlich im Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt erreichte, wurde im Namen des Tennō geführt.
Die Institution des Tennō wurde dennoch nach dem verlorenen Krieg unter der US-amerikanischen Besatzung nicht abgeschafft, der Tennō wurde lediglich aller politischen Funktionen enthoben. Ein Tennō, der sein Volk über den Rundfunk zum friedlichen Gehorsam gegenüber den amerikanischen Besatzern aufrief (die Gyokuon-hōsō war übrigens die erste öffentliche Stimmübertragung des Tennō überhaupt), erschien den USA nützlicher als ein abgesetzter. Außerdem setzten die Amerikaner nach dem Sieg der Kommunisten in China mehr auf die konservativen Kräfte in Japan, denen eine Abschaffung des Kaisertums nicht zuzumuten war. Weiterhin befürchtete man Unruhen, da durch den extremen national-religiösen Kaiserkult der letzten Jahrzehnte eine Abschaffung der Institution einer großen Demütigung des japanischen Volkes gleichgekommen wäre.
Dass der Tennō aber nach wie vor eine wichtige symbolische Rolle in der japanischen Gesellschaft einnimmt, lässt sich daran erkennen, dass die offizielle japanische Zeitrechnung seit 1979 wieder der Ärabezeichnung des jeweiligen Tennō folgt.
Derzeit (2004) hat die kaiserliche Familie Japans, auch bedingt durch die Abschaffung der einst üblichen Polygamie und Konkubinate im 19. Jahrhundert und die Abschaffung des japanischen Adels im Jahr 1946, ein großes Nachwuchsproblem: Nur sieben Männer leben heute noch, die nach derzeitiger Gesetzeslage als Thronfolger in Frage kämen, und fünf davon sind bereits im fortgerückten Alter.
Am 7. Februar 2006 teilte das kaiserliche Hofamt mit, dass Prinzessin Akishino überraschenderweise erneut schwanger sei und das Kind im Herbst erwarte. Am 6. September brachte sie ihren Sohn Hisahito zur Welt, für das japanische Kaiserhaus die erste Geburt eines Jungen seit mehr als vierzig Jahren. Der Junge ist dem Gesetz nach Dritter in der Thronfolge nach seinem Onkel und seinem Vater.
Namensgebung
Zu Beginn seiner Amtszeit erlässt der Tennō eine Regierungsdevise (nengō), welche sich nur aus jeweils 2 von ausgewählten 216 Schriftzeichen zusammensetzen darf. Sie dient offiziell seit 1874 zugleich als Ärabezeichnung – vor der Meiji-Restauration 1868 wurden die Nengō auch durch Shōgune und Prinzregenten verkündet, gewöhnlich nach bedeutenden Natur- oder politischen Ereignissen oder auf Basis astrologischer Erwägungen, und auch während der Amtsperiode eines Tennō geändert. Bis zu seinem Tod trägt der Tennō seinen nach seiner Geburt erhaltenen Eigennamen, wird jedoch von Japanern (außer vielleicht innerhalb seiner Familie) niemals so angeredet oder bezeichnet, sondern tennō heika (kaiserliche Majestät) angesprochen oder kinjō tennō (der gegenwärtige Tennō) genannt. Nach seinem Tod wird er nur noch mit seinem Regierungsmotto, das zugleich den "Totennamen" bildet, und dem suffix -tennō bezeichnet (etwa: Kaiser Hirohito, verstorben 1989, heißt heute Shōwa-tennō).
Inthronisation
In der Moderne wird die Inthronisation des Tennō durch zwei Zeremonien markiert. Die offizielle Krönungszermonie (即位の礼, Sokui no Rei), bei der der Premierminister anwesend ist, umrahmt die zeremonielle Besteigung des kaiserlichen Throns (高御座, Takamikura) und die formelle Übernahme der Throninsignien. Eine stärker religiös ausgerichtete Zeremonie, das Daijōsai (大嘗祭, auch Ōnie no Matsuri), wird danach vom Kaiserlichen Hofamt ausgerichtet. Es handelt sich um ein shintōistisches Opferritual.[7][8]
Wegen der verfassungsmäßig untersagten Ausübung religiöser Aktivitäten durch den Staat (Artikel 20 der japanischen Verfassung) klagten einige Gruppen gegen die Teilnahme öffentlicher Amtsträger am Daijōsai bei der Thronbesteigung Kaiser Akihitos, das trotz seiner „privaten“ Natur mit öffentlichen Mitteln finanziert wird. Vorher war bereits durch die Bestattung des Shōwa-Tennō eine öffentliche Debatte um die religiöse Rolle des Tennō ausgelöst worden (siehe unten). Der Oberste Gerichtshof erklärte die Inthronisationszeremonie und die Teilnahme öffentlicher Amtsträger als verfassungsgemäß, da die Teilnahme an den Inthronisationsriten als „soziales Ritual“ die säkulare Natur des Staates nicht beeinträchtige.[9][10] Die Regierung hatte bereits im Vorfeld der Thronbesteigung Akihitos eine Kommission mit der Vorbereitung der Zeremonie beauftragt und eine strikte Trennung der staatlichen und religiösen Akte vorgesehen.[11] Das Gesetz über die kaiserliche Familie (皇室典範, kōshitsu tempan) der Nachkriegszeit sieht in Artikel 24 zwar eine Inthronisierungsfeier vor, legt aber keine Details fest.
Bestattungsriten
Beim Tod des Tennō ist nach dem Gesetz über die kaiserliche Familie ein großer Bestattungsritus (大喪の礼, taisō no rei) abzuhalten. Der Ritus als solcher bedient sich stark shintoistischer Symbolik, ist aber trotz gegenteiliger Auffassung des Kaiserhauses eine Erfindung der Meiji-Zeit mit ihrer Politik der Trennung von Shintō und Buddhismus (Shinbutsu-Bunri) – vorher erhielt der Tennō, wie die meisten anderen Japaner auch, ein buddhistisches Begräbnis. Zuletzt wurde ein solcher Ritus am 24. Februar 1989 bei der Bestattung des Shōwa-tennō Hirohito durchgeführt. Es war das erste Mal, dass diese Zeremonie nach dem Krieg und der politischen und verfassungsmäßigen Neubestimmung des Kaisertums durchgeführt wurde. Dies führte fast zu einer Staatskrise und im asiatischen Ausland zu Protesten, da eine Abgrenzung der religiösen und staatlichen Funktionen und Bedeutungen während des Ritus sehr schwer war.
Siehe auch
Weblinks
- Kunaichō, das Kaiserliche Hofamt (japanisch, englisch)
- Eva-Maria Meyer: Universität Tübingen – Japans Kaiser
- Shima Zenkō: „Tennōsei, Tennōseido“ in der Encyclopedia of Shinto der Kokugaku-in, 12. März 2007 (englisch)
- Ueda Kenji: „Concepts of Emperor and the State“ in der Encyclopedia of Shinto der Kokugaku-in, 31. März 2007 (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ BBC News, 12. Mai 1998: Sympathy - but no apology
- ↑ BBC News, 23. Dezember 2005: History lesson from Japan emperor
- ↑ Presskonferenz zum Geburtstag des Kaisers 2001
- ↑ vgl. die Diskussion über die Bedauernserklärung gegenüber Korea, dokumentiert z.B. in: The New York Times, 25. Mai 1990: Japanese express remorse to Korea
- ↑ Der Brockhaus in Text und Bild 2003 [SW], elektronische Ausgabe für Office-Bibliothek, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, 2003; Artikel: "Jimmu Tenno"
- ↑ Meyer Lexikon -SW-, elektronische Ausgabe für Office-Bibliothek, Meyers Lexikonverlag, ; Stichwort: "Tenno"
- ↑ Time Magazine, 19. November 1928: Emperor Enthroned Artikel zur Thronbesteigung des Shōwa-Kaisers
- ↑ Takamori Akinori: „Daijōsai“ in der Encyclopedia of Shinto der Kokugaku-in, 29. Januar 2007 (englisch)
- ↑ Japan Times, 10. Juli 2002: Top court OKs officials' attendance of Shinto rite (Zugriff: 20. Dezember 2007)
- ↑ Tanaka Nobumasa: The Imperial Succession and Japanese Democracy: Citizens’ Court Challenge Denied. Übersetzung von Julie Higashi in: Japan Focus
- ↑ New York Times, 17. Dezember 1989: Japanese Debate How to Enthrone Emperor (Zugriff: 21.12.19)
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