- Textilviertel
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Das Textilviertel ist ein Stadtviertel von Augsburg. Es umfasst ein etwa 180 ha großes Gebiet in den Stadtbezirken Am Schäfflerbach und Wolfram- und Herrenbachviertel. Es wird im Westen durch Lechhauser Straße und Stadtgraben, im Süden durch die Friedberger Straße und im Norden und Osten durch den Lech begrenzt.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung des Textilviertels
Blütezeit
Bereits in vorindustrieller Zeit war Augsburg ein Zentrum der europäischen Textilindustrie. Die erste Manufaktur für Kattunverarbeitung hatte 1759 eröffnet und um 1870 zählte man in Augsburg und Umgebung nicht weniger als 19 Spinnereien, Webereien, Bleichereien und wollverarbeitende Betriebe.
Längst jedoch war das Platzangebot innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern zu gering geworden. So entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts besonders auf dem unbebauten Wiesengelände im Osten der Altstadt repräsentative Fabrikbauten (so etwa das „Fabrikschloss“ oder der Glaspalast), Unternehmervillen, aber auch Arbeitersiedlungen („Proviantbachquartier“, „Kammgarnquartier“). Die erste dieser Werkskolonien wurde 1896 errichtet und schon 1910 waren die Quartiere auf 21 Häuser mit 300 Wohnungen samt Lebensmittelgeschäft und Metzgerei angewachsen. Besonders die Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg AG (SWA) engagierte sich für ihre Mitarbeiter auch im sozialen Bereich und richtete im Textilviertel ein Altersheim und ein Kinderheim für Werksangehörige sowie einen Turn- und Spielplatz ein.
Niedergang
Nachdem die Augsburger Textilindustrie auf dem Gipfel ihres wirtschaftlichen Erfolges zu Anfang des 20. Jahrhunderts nahezu 30.000 Mitarbeiter beschäftigt hatte, setzte ab dem 2. Weltkrieg ihr Niedergang ein. Unter dem Druck billiger Stoffimporte aus dem Ausland mussten viele der traditionsreichen Augsburger Textilunternehmen schließen (Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg 1986, Neue Augsburger Kattunfabrik 1996, Augsburger Kammgarn-Spinnerei 2002). Das Schicksal der einzigartigen Bausubstanz im Textilviertel wurde dabei seitens der Stadt weitgehend den Konkursverwaltern und Spekulanten überlassen. Die Folge eines schleichenden und von der Öffentlichkeit über lange Zeit unbeachteten Veränderungsprozesses war der Verlust vieler bedeutsamer Baudenkmäler der städtischen und deutschen Industriegeschichte.
Das Textilviertel heute
Trotz eines spürbaren Wandels in der öffentlichen Wahrnehmung ist das Textilviertel auch heute noch von Strukturproblemen und Modernisierungsbestrebungen bedroht. Nur wenige der verlassenen Industrieanlagen werden neu genutzt, viele Gebäude sind baufällig, mehrere Komplexe (etwa die Neue Augsburger Kattunfabrik und die Shedhallen der SWA) bereits abgerissen.
Es ist vor allem dem starken Engagement einer Bürgerinitiative zu verdanken, dass sich inzwischen auch das offizielle Augsburg wieder der Wurzeln seiner Industriegeschichte erinnert und mit der Schaffung des Bayerischen Textil- und Industriemuseums neue Akzente im Textilviertel setzt. Ein ambitioniertes Gesamtkonzept zur Erhaltung und behutsamen Entwicklung des Augsburger Textilviertels lässt jedoch weiter auf sich warten.
Historische Unternehmen im Augsburger Textilviertel
- Schülesche Kattunfabrik
- Augsburger Kammgarn-Spinnerei (AKS)
- Mechanische Baumwoll-Spinnerei und Weberei Augsburg (SWA)
- Neue Augsburger Kattunfabrik (NAK)
- Martini & Cie
Literatur
Grünsteudel, Hägele, Frankenberger (Hrsg.): Augsburger Stadtlexikon 2. Auflage. Perlach Verlag, Augsburg 1998, ISBN 3-922769-28-4
Weblinks
Rundgang durch das Textilviertel (private Homepage) 48.36666666666710.916666666667Koordinaten: 48° 22′ N, 10° 55′ O
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