Thyateira

Thyateira

Thyat(e)ira (τὰ Θυάτειρα), das heutige Akhisar in der Türkei, war in der Antike eine bedeutende Handels- und Industriestadt in der kleinasiatischen Landschaft Lydien. Sie lag im Lykostal, an der Straße von Pergamon nach Sardes.

Geschichte

Der Name Thyateiras deutet darauf, dass es ursprünglich eine lydische Siedlung war. Während des Hellenismus, nach 281 v. Chr., siedelte Seleukos I. dort Militärkolonisten an. Die Stadt blieb etwa hundert Jahre, bis 188 v. Chr., unter seleukidischer Kontrolle und geriet dann in die Hand des Attaliden Eumenes II. von Pergamon. Mit deren gesamtem Reich gelangte Thyateira nach dem Aristonikosaufstand 129 v. Chr. an Rom und gehörte fortan zur Provinz Asia.

Thyateira war für seine Textilindustrie und Purpurfärberei bekannt, die mehrmals inschriftlich belegt ist. Kaiser Caracalla erhob die Stadt 215 zum Vorort eines eigenen conventus iuridicus, nachdem sie bisher zur Gerichtsregion von Pergamon gehört hatte. Seit 297 gehörte Thyateira zur Provinz Lydia, in byzantinischer Zeit zum Thema Thrakesion.

Frühes Christentum

Im Neuen Testament begegnet Thyateira Apostelgeschichte (Apg) 16,14; Apokalypse 1,11; 2,18.24.

Apg 16, 14 f. enthält einen singulären Verweis auf eine aus Thyateira stammende Purpurhändlerin namens Lydia, die sich als erste in Europa von Paulus mit ihrem ganzen Haus taufen ließ. Dass diese Episode ursprünglich als Gründungslegende der christlichen Gemeinde in Thyateira zu lesen ist, ist wenig wahrscheinlich.

Ungleich gewichtiger ist die Erwähnung Thyateiras in der Johannesapokalypse. Die christliche Gemeinde ist die Empfängerin des 4. Sendschreibens (Apk 2,18-29) an die sieben Gemeinden. Neben dem Lob für die Gemeinde, in ihrem geistlichen Leben nicht ab-, sondern zugenommen zu haben (2,19), steht freilich auch hier der Tadel: Es gibt in der Gemeinde eine Gruppierung, gegen die die Gemeinde sich nur unzureichend abgrenzt (2,20). Diese Gruppe steht unter der Leitung einer selbsternannten Prophetin, die wegen ihrer verderblichen Wirkung mit dem Namen der alttestamentlichen Königin Isebel (vgl. 1. Kön 16-2. Kön 9) bezeichnet wird: Sie verführt Teile der Gemeinde zu „Hurerei“ und zum Verzehr von Götzenopferfleisch.

Dieser Vorwurf ist identisch mit dem an die Gemeinde in Pergamon (2,14) und wird dort auf „Nikolaiten“ (2,15; vgl. 2,6) bezogen. Diese offenkundig häretische Gruppierung ist nur aus der Apokalypse bekannt und daher nur schwer näher zu beschreiben oder gar zu identifizieren. Jedenfalls scheint es sich um eine libertinistische Gruppe gehandelt zu haben, unter der Leitung einer prophetischen Frau, möglicherweise um eine Erscheinungsform der frühen Gnosis.

Die patristische Tradition führt die Bezeichnung „Nikolaiten“ auf den in der Apostelgeschichte erwähnten Nikolaos von Antiochien (6,5) zurück, einen der Jerusalemer Sieben. Möglicherweise enthält diese Erinnerung einen historischen Kern, sicher erweisbar ist auch dies nicht.

In der frühen Kirchengeschichte spielt Thyateira eine zeitweilige Hauptrolle als ein Zentrum des Montanismus (Epiphanius, haereses 51, 33).

Literatur

  • Otto F. A. Meinardus: The Greeks of Thyatira. Athen 1974
  • Peter Herrmann (Hrsg.): Tituli Asiae Minoris. Vol. 5: Tituli Lydiae linguis Graeca et Latina conscripti. Fasc. 2: Regio septentrionalis ad occidentem vergens. Verlag d. Österr. Akad. d. Wiss., Wien [u.a.] 1989, ISBN 3-7001-1516-4 (Griechische und lateinische Inschriften aus Thyateira, teilweise nach Aufzeichnungen Josef Keils herausgegeben)

38.92083333333327.8416666666677Koordinaten: 38° 55′ N, 27° 51′ O


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Thyateira — 38° 55′ 13″ N 27° 50′ 11″ E / 38.920175, 27.836274 Thyateira (également Thyatira et Th …   Wikipédia en Français

  • Archdiocese of Thyateira and Great Britain — The Archdiocese of Thyateira and Great Britain is an Archdiocese of the Eastern Orthodox Church, part of the Ecumenical Patriarchate of Constantinople. Its present Archbishop is His Grace Gregorios Theocharous.See also List of Archbishops of… …   Wikipedia

  • List of archbishops of Thyateira and Great Britain — List of Archbishops of the Eastern Orthodox Archdiocese of Thyateira and Great Britain: * Germanos Strenopoulos (1922 1951) * Athenagoras Kavadas (1951 1962) * Athenagoras Kokkinakis (1963 1979) * Methodios Fouyias (1979 1988) * Gregorios… …   Wikipedia

  • Thyatire — Thyateira 38° 55′ 13″ N 27° 50′ 11″ E / 38.920175, 27.836274 Thyateira (également Thyatira …   Wikipédia en Français

  • Akhisar — Infobox Settlement settlement type = Town subdivision type = Country subdivision name = TUR timezone=EET utc offset=+2 map caption =Location of Akhisar within Turkey. timezone DST=EEST utc offset DST=+3official name = Akhisar image caption =… …   Wikipedia

  • Thyatira — For the moth genus, see Thyatira (moth).Infobox Settlement official name = Thyatira (Θυάτειρα) other name = (Akhisar) native name = Ancient City of Greece imagesize = 280px image caption = Paul s third journeyLocation map Turkey label=Thyatira… …   Wikipedia

  • Thyatira — 38.9227.836388888889 Koordinaten: 38° 55′ N, 27° 50′ O …   Deutsch Wikipedia

  • Russian Orthodox Diocese of Sourozh — Plaque at the Cathedral of the Dormition, Ennismore Gardens, London. The Russian Orthodox Diocese of Sourozh (Russian: Сурожская Епархия) is a diocese of the Russian Orthodox Church which has for its territory the islands of Great Bri …   Wikipedia

  • Religion in England — St Paul s Cathedral, seat of the (Anglican) Bishop of London. Christianity is the most widely practiced and declared religion in England. The Anglican Church of England is the established church of England holding a special constitutional… …   Wikipedia

  • Ecumenical Patriarchate of Constantinople — This article is about the institution of the Ecumenical Patriarchate. For the office of the patriarch, see Ecumenical Patriarch of Constantinople. Ecumenical Patriarchate of Constantinople Founder Apostle Andrew …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”