Thyreotropin

Thyreotropin
Thyreotropin, beta-Untereinheit

Masse/Länge Primärstruktur 92 + 112 = 204 Aminosäuren (α + β)
Sekundär- bis Quartärstruktur TSH = TSH-α + TSH-β
Präkursor (118 Aminosäuren)
Bezeichner
Gen-Name TSHB
Externe IDs OMIM188540 UniProtP01222 CAS-Nummer9002-71-5
Arzneistoffangaben
ATC-Code H01AB01
V04CJ01
DrugBank DB00024
Wirkstoffklasse Hormon
Verschreibungspflicht ja
Vorkommen
Homologie-Familie LH-beta
Übergeordnetes Taxon Wirbeltiere

Thyreotropin (Handelsname: Thyrogen®, Hersteller: Genzyme) wird auch thyreotropes Hormon oder Thyreoidea-stimulierendes Hormon (TSH) genannt. Das Thyreotropin ist ein Hormon, das in den basophilen Zellen des Hypophysenvorderlappens produziert wird und stimulierend auf das Wachstum, die Iodaufnahme und die Hormonbildung der Schilddrüse wirkt. Geregelt wird die TSH-Produktion der thyreotropen Zellen des Hypophysenvorderlappens zum einen von der Schilddrüse über die Konzentration der Schilddrüsenhormone (negative Rückkopplung), als auch vom Hypothalamus, einem bestimmten Zwischenhirn-Areal.

Inhaltsverzeichnis

Struktur

Das Peptidhormon TSH besteht aus zwei Untereinheiten, der α-Untereinheit (TSH-α) mit 92 Aminosäuren und der β-Untereinheit (TSH-β) mit 112 Aminosäuren.[1] Die β-Untereinheit ist spezifisch für das TSH. Die α-Untereinheit enthält drei N-terminale Aminosäuren weniger als die alpha-Untereinheit in den Hormonen humanes Choriongonadotropin (hCG), follikelstimulierendes Hormon (FSH) und luteinisierendes Hormon (LH). Außerdem enthält die alpha-Untereinheit fünf Disulfidbrücken und zwei getrennte Kohlenhydratanteile.

Physiologie

Der thyreotrope Regelkreis oder die Hypothalamisch-Hypophysär-Thyreotrope Achse (vereinfachte Darstellung)]. Die Endprodukte T4 und T3 hemmen sowohl die TRH- als auch die TSH-Bildung.

Mit Hilfe des Releasing-Hormons Thyreoliberin (TRH), das im Hypothalamus, einem bestimmten Hirnareal, produziert wird und danach durch ein besonderes Portalgefäßsystem in hoher Konzentration zum Hypophysenvorderlappen gelangt, stimuliert der Hypothalamus die Produktion und Ausschüttung von TSH aus den thyreotropen Zellen. TSH gelangt über den Blutweg zur Schilddrüse und bewirkt in den Schilddrüsenzellen eine beschleunigte Teilung, eine vermehrte Iodaufnahme und eine gesteigerte Bildung der iodhaltigen Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Triiodthyronin (T3); zudem fördert es in der Peripherie die Umwandlung von T4 in das wirksamere T3. Umgekehrt hemmen die Schilddrüsenhormone durch negatives Feedback im Rahmen des thyreotropen Regelkreises die Produktion und Ausschüttung von TRH aus dem Hypothalamus und von TSH aus dem Hypophysenvorderlappen. Auf diese Weise werden konstante und bedarfsadaptierte Blutkonzentrationen der Schilddrüsenhormone erreicht.

TSH-Mangel, TSH-Überproduktion

Fehlt TSH oder kann es nicht ausreichend produziert werden, dann hat die Schilddrüse keinen Anreiz mehr zu wachsen, Iod aufzunehmen und Schilddrüsenhormone zu produzieren, so dass sie immer kleiner wird und verkümmert. Es resultiert eine sogenannte hypophysäre Hypothyreose (sekundäre Schilddrüsenunterfunktion).

Produziert die Hypophyse beispielsweise wegen eines TSH-produzierenden Adenoms zu viel TSH, wird die Schilddrüse ständig zu einem beschleunigten Wachstum, einer vermehrten Iodaufnahme und einer gesteigerten Schilddrüsenhormonproduktion angehalten, so dass eine Schilddrüsenüberfunktion resultiert, die als hypophysäre Hyperthyreose oder sekundäre Hyperthyreose bezeichnet wird. Diese sekundären Schilddrüsenfunktionsstörungen wegen eines TSH-Mangels oder einer TSH-Überproduktion sind im Vergleich zu primären Schilddrüsenfunktionsstörungen, die durch eine Veränderung im Bereiche der Schilddrüse selbst zustande kommen, äußerst selten.

Durch Störungen der TRH-Produktion und -Sekretion von Seiten des Hypothalamus oder der Signalübermittlung im hypothalamo-hypophysären Portalgefäßsystem (Pickardt-Syndrom) kann es ebenfalls zu einem TSH-Mangel oder einem TSH-Überschuss und damit zu den sehr seltenen tertiären Hypo- oder Hyperthyreosen kommen, da der Hypothalamus über das TRH die TSH-Produktion im Hypophysenvorderlappen mit steuert.

Autoantikörper

Immunglobuline, welche vom Immunsystem beim autoimmunen Morbus Basedow sowie bei der autoimmunen Hashimoto-Thyreoiditis produziert werden, können Veränderungen der Hormonproduktion in der Schilddrüse hervorrufen. Der Antikörper des Morbus Basedow, der sogenannte TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK), vom Typ IgG, blockiert die TSH-Rezeptoren an der Schilddrüse und stimuliert selbstständig und ungeregelt das Wachstum, die Iodaufnahme und die Hormonproduktion der Schilddrüse. Eine Hyperthyreose, ist die Folge. Die Antikörper der Hashimoto-Thyreoiditis führen zu einer Zerstörung des Schilddrüsengewebes und dadurch zu einer Grössenabnahme der Schilddrüse und einem Funktionsverlust mit einer Hypothyreose.

Normwerte im Blutserum

bei vorhandener Schilddrüse:

TSH: 0,3–4,5 mU/l

Der obere Referenzwert wurde 2003 überarbeitet, er war vorher bis 4,0 mU/l. Je nachdem, ob Beschwerden auftreten, kann eine Behandlung bei positiven TPO-Antikörpern und/oder sonografischen Zeichen für eine Hashimoto-Thyreoiditis bereits bei Werten > 1,6 mU/l erfolgen (Behandlungsversuch). Nach neueren Erkenntnissen geht man davon aus, dass ein TSH über 2 mehr auf eine kranke als auf eine gesunde Schilddrüse hinweist und in der Schwangerschaft Anlass zur Hormonersatztherapie geben sollte, um Fehlgeburt, Frühgeburt und Hirnreifungsschäden des werdenden Lebens zu verhindern.

Die amerikanische Organisation NACB (National Academy of Clinical Biochemistry) schlägt als obere Grenze für den Normbereich 2,5 mU/l vor, da in der dem alten Referenzwert zugrunde liegenden Studie fälschlicherweise Personen mit erhöhtem TSH einbezogen wurden.[2]

bei Hormonersatztherapie bzw. zur Strumabehandlung:

TSH: 0,3–1,2 mU/l

TSH kann im Blut bestimmt werden. Bei der primären Schilddrüsenunterfunktion Hypothyreose ist es reaktiv erhöht. Bei der primären Schilddrüsenüberfunktion ist es erniedrigt.

TSH-Spiegel unter 0,1 mU/l

Dieser Befund ist nicht selten, auch bei Personen, die eigentlich beschwerdefrei sind. Ein erniedrigter TSH Spiegel kann mehrere Ursachen haben:

  1. Man nimmt Schilddrüsenhormone ein. Dann bekommt die Hypophyse die Meldung, dass bereits genügend oder gar zu viele Schilddrüsenhormone im Blut sind und die Hypophyse bremst ihre TSH-Produktion. In diesem Falle sollte die Dosis der einzunehmenden Hormone angepasst werden, außer bei dringlicher Notwendigkeit dieser Dosis für das Wohlbefinden (insbesondere bei Therapie unter Zusatz von T3 und normalem freien T3).
  2. TSH ist erniedrigt, freies T3 und freies T4 aber normal. Hier kann eine beginnende Schilddrüsenüberfunktion vorliegen, muss aber nicht.
  3. TSH ist erniedrigt, freies T3 und freies T4 sind erhöht. Es liegt eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) vor.
  4. Sehr selten kann ein erniedrigter TSH-Spiegel auch auf einem echten TSH-Mangel der Hypophyse beruhen. Meist sind dann auch freies T3 und freies T4 erniedrigt.

Bei den drei letzten Konstellationen ist eine weitergehende Diagnostik (z. B. Schilddrüsen-Sonografie, Szintigrafie, Laboruntersuchung auf TRAK) und gegebenenfalls eine entsprechende Therapie notwendig.

Sonstige Einflusskriterien auf den TSH-Wert

Medikamente und auch endogene Einflüsse können den TSH-Wert beeinflussen.

Medikamente[3]

TSH-Sekretion wird gesenkt durch:

  • Dopamin und Dopaminagonisten (L-Dopa, Bromocriptin, Lisurid, Apomorphin)
  • Serotoninantagonisten (Metergolin)
  • Somatostatin, Octreotide
  • Morphin und Morphinderivate
  • Glucocorticoide
  • Heparin
  • L-Thyroxin

TSH-Sekretion wird gesteigert durch:

endogene Einflüsse:

  • Mangelernährung[4]
  • Störung der Nebennierenrindenfunktion[4]
  • erhöhtes Histamin[5]

TRH-Test

Mittels des TRH-Stimulationstests kann die Stimulierbarkeit des TSH in der Hypophyse überprüft werden: TRH regt die TSH-Bildung übermäßig oder vermindert an.

Geschichte

  • 1929 TSH wird durch Aron und Löb entdeckt.
  • 1965 wird ein erster Radioimmunassay für TSH durch Odell beschrieben.[6]
  • 1971 Rinder-TSH wurde zuerst 1971 sequenziert, menschliches TSH folgte 1977.[7][8]
  • Seit kurzem gibt es rekombinantes TSH, welches beispielsweise bei der Nachsorgediagnostik des Schilddrüsenkarzinomes eingesetzt wird.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. UniProt P01222
  2. Laurence M. Demers; Carole A. Spencer (2002): LMPG: Laboratory Support for the Diagnosis and Monitoring of Thyroid Disease. National Academy of Clinical Biochemistry (USA). Abgerufen am 5. Januar 2010. – see Section 3.C.Thyrotropin/ Thyroid Stimulating Hormone (TSH) measurement
  3. http://www.laborlexikon.de
  4. a b http://web.archive.org/web/20071230014657/http://www.schilddruesenpraxis.de/lex_tsh.shtml
  5. Falus, A.; Meretey, K.: "Histamine: an early messenger in inflammatory and immune reactions", Immunology today, 1992, Vol. 13, No. 5, S. 154–156.
  6. Odell WD, et al. (1965): Radioimmunoassay of thyrotropin in human serum. In: J. Clin. Endocrinol. Metab. Bd. 5, S. 1179–1188. PMID 4157804.
  7. Liao, TH und Pierce, JG (1971) J. Biol. Chem. 246, S. 850–865.
  8. Sairam MR, Li CH: Human pituitary thyrotropin. The primary structure of the alpha and beta subunits. In: Can. J. Biochem.. 55, Nr. 7, Juli 1977, S. 755–760. PMID 890569.

Weblinks

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