Tom Sawyers Abenteuer

Tom Sawyers Abenteuer
Titelblatt der Ausgabe von 1876
Tom Sawyer und Becky Thatcher (vorne) in der Schatzhöhle. Aus einer Ausgabe des 19. Jh.

Die Abenteuer des Tom Sawyer (The Adventures Of Tom Sawyer) ist ein 1876 erschienener Roman des amerikanischen Schriftstellers Mark Twain.

Das Buch zählt zu den Klassikern der Jugendbuch-Literatur. Es wird, für die Zeit ungewöhnlich, in der damals gängigen Alltagssprache erzählt, womit der Autor ein Gegenkonzept zu den damals üblichen Kinderbüchern über Musterknaben und brave Mädchen entwarf. Bisweilen wird das Buch, wie auch der Nachfolger „Huckleberry Finns Abenteuer“, als rassistisch bezeichnet, weil Schwarze durchweg „Nigger“ genannt werden. Das war jedoch die zu der Zeit gängige Sprachpraxis. Die Darstellung der Schwarzen, mit denselben Gefühlen und Wünschen wie die Weißen, ist für die Zeit emanzipatorisch.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Tom Sawyer ist eine typische Lausbubengeschichte. Sie spielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Amerika. Tom lebt am Mississippi in dem kleinen Dorf St. Petersburg als Waise bei seiner Tante Polly. Im selben Haus lebt auch sein Halbbruder Sidney, der von allen Sid genannt wird und das genaue Gegenteil von Tom ist.

Während Tom gern die Schule schwänzt, sich prügelt und sich nachts gern mit seinem besten Freund Huckleberry Finn herumtreibt, ist Sid immer brav, geht zur Schule und verpetzt Tom bei jeder Gelegenheit. Zu Huckleberry Finn ist noch zu sagen, dass er allein in einer Tonne am Waldrand haust; was aus seinen Eltern geworden ist, weiß niemand. Aber genau diese Freiheit fasziniert Tom. Er beneidet Huck oft darum.

Als Tom wieder mal mit zerrissenem Hemd nach einer Prügelei heimkommt, muss er zur Strafe Tante Pollys Zaun streichen. Statt mit seinen Freunden angeln oder schwimmen zu gehen, schwitzt Tom nun in der Sonne. Doch er ist listig: Jedesmal, wenn ein Junge vorübergeht und Tom fragt, ob er zum Schwimmen mitgehen wolle, erklärt Tom, was für eine Ehre es sei, den Zaun streichen zu dürfen. Die Buben fragen ihn dann, ob sie es auch einmal versuchen dürfen. Das geht letzten Endes soweit, dass Tom kleine Geschenke erhält – Angelhaken, Taschenmesser, Murmeln – und selbst keinen Finger mehr zu rühren braucht. Außerdem ist der Zaun in kürzester Zeit fertig gestrichen, und Tom kann den restlichen Tag am Wasser verbringen.

In der Schule beginnt Tom, sich für ein Mädchen zu interessieren. Becky Thatcher, die Tochter des Richters, will natürlich überhaupt nichts mit Tom zu tun haben. Jedoch nur solange, bis sie eines Tages ein medizinisches Buch beschädigt, das dem strengen Lehrer Mr. Dobson gehört. Als der Lehrer jedem Schüler tief in die Augen schaut, um den Schuldigen zu bestrafen, nimmt Tom die Schuld auf sich, kassiert seine Prügel, aber auch große Bewunderung von Becky.

Eines Tages trifft er Huck, der eine tote Katze hinter sich herschleift. Huck erklärt Tom, dass man Warzen nur wegbekomme, wenn man eine tote Katze um Mitternacht bei Vollmond auf einem Friedhof vergräbt und dabei kräftig nach Osten spuckt. Also wird für diese Nacht ein Treffen verabredet, da genau in dieser Nacht Vollmond sein wird und beide Burschen Warzen haben.

Wie üblich miaut Huckleberry Finn, um Tom abzuholen. Dieser klettert aus dem Fenster, und sie machen sich mit der toten Katze auf den Weg zum Friedhof. Als sie gerade mit dem Ritual beginnen wollen, kommen drei Männer auf den Friedhof:

- Indianer Joe, ein zwielichtiger Kerl, vor dem sich die Dorfbewohner fürchten - Muff Potter, ein einfältiger Landstreicher, der immer betrunken ist - Der junge Dorfarzt Robinson

Indianer Joe und Muff Potter beginnen, ein Grab zu öffnen, und legen schließlich einen Leichnam auf eine Schubkarre. Der Doktor will, dass sie den Toten zu seinem Haus schaffen, doch Indianer Joe verlangt dafür noch einmal zusätzlich Geld. Es kommt zu einem Streit inklusive Handgemenge. Während Muff Potter bewusstlos zu Boden geht, ersticht Indianer Joe den jungen Arzt mit Potters Messer. Dieses legt er dann dem bewusstlosen Muff in die Hand. Als dieser wieder zu sich kommt, macht ihn Joe glauben, er sei der Mörder des jungen Arztes. Muff Potter wirft das Messer zu Boden und ergreift die Flucht. Die Wahrheit kennen nur Tom und Huck. Sie schwören sich jedoch gegenseitig, nie etwas zu verraten, da auch sie höllische Angst vor Indianer Joe haben.

Am nächsten Tag wird der Mord entdeckt, das Messer identifiziert, und Muff Potter kommt ins Gefängnis. Auf ihn wartet der Galgen.

Die nächsten Tage sind schlimm für Tom, nicht nur wegen des schrecklichen Geheimnisses, sondern auch, weil Becky plötzlich nicht mehr in der Schule erscheint. Sie ist krank, und Tom weiß nicht, was sie hat und wie es ihr geht. Somit wird er selbst auch krank, ganz zur Freude von Tante Polly, die ihn nun so richtig pflegen kann. Seine Krankheit ist aber eher so etwas wie Lustlosigkeit, Langeweile, sich unverstanden fühlen, usw.

Wieder genesen, kommt auch Becky wieder zur Schule. Tom freut sich darüber so sehr, dass er sich wie ein Irrer aufführt und schließlich auch noch genau vor ihr in den Staub fällt. Als ihn Becky dafür auslacht, hat Tom genug. Er trifft sich mit Joe Harper, der immer wieder unschuldig von seinen Eltern verprügelt wird, und sie beschließen, gemeinsam mit Huckleberry Finn Piraten zu werden. Als Unterschlupf sollte eine Insel 5km unterhalb von St. Petersburg mitten im Mississippi dienen. Die drei „organisieren“ Proviant und Werkzeug und treiben mit einem ebenso „organisierten“ Holzfloß mitten in der Nacht zu dieser Insel.

Dort genießen sie das Piratenleben, das aus Lagerfeuer, Nichtstun, Angeln, Schwimmen, Schlafen, Zeltbauen und Entdeckungen besteht. Sie bekommen auch mit, dass im Dorf eine Kanone abgefeuert wird. Dies geschieht angeblich, um die Leichen von Ertrunkenen dem Mississippi zu entreißen. Man suchte also bereits nach ihnen, zumindest nach Tom und Joe Harper. Huckleberry Finn war eher der Schuldige an dieser Katastrophe.

Nach einem Unwetter, bei dem alle Vorräte und ihr Lager zerstört werden, beschließen die Buben, das Piratentum bleiben zu lassen. Sie kommen gerade recht zu ihrer eigenen Leichenrede. Als sie sich zu erkennen geben, ist die Freude der Trauergemeinde in der Kirche ohne Grenzen, und alle sind überglücklich.

Das nächste wichtige Ereignis ist die Gerichtsverhandlung von Muff Potter. Indianer Joe sowie auch Tom und Huck sind anwesend. Schließlich betritt Tom den Zeugenstand und bricht seinen Schwur, nie etwas zu sagen. Damit rettet er Muff Potter vor dem Galgen, und Indianer Joe springt aus dem Fenster, was seine Schuld somit fest untermauert.

Als nächstes beschließen Tom und Huck, Schatzsucher zu werden. Sie graben wie die Wilden und hinterlassen jede Menge Löcher in der Landschaft. Dabei kommen sie auch in die Nähe eines verfallenen Hauses, in dem es spuken soll. Natürlich gehen sie hinein und die Treppe hoch. Als sie oben sind, sehen sie, wie Indianer Joe und ein Komplize mit Satteltaschen voller Geld das Haus betreten.

Die Verbrecher wollen es hier verstecken, weil dieses Haus sowieso nie jemand betritt, das Geld somit sehr sicher wäre. Beim Aufbrechen der Bodenplatten entdeckt Indianer Joe eine Truhe voller Münzen. Die Männer beschließen, alles mitzunehmen und „bei Nummer 2 unter dem Kreuz“ zu verstecken, da der Besitzer dieser Truhe vielleicht zurückkehren könnte. Die Buben sind außer sich vor Wut, denn die Schatzkiste hätten eigentlich sie gefunden.

Tage danach findet ein große Picknick bei Richter Thatcher statt. In dem bunten Treiben beschließen einige der Jugendlichen – darunter auch Tom und Becky, in die McDouglas-Höhle zu gehen. Dieses Höhlensystem ist sehr verzweigt, was dazu führt, dass sich Tom und Becky zu tief hineinwagen und den Ausgang nicht mehr finden.

Währenddessen beobachtet Huckleberry Finn Indianer Joe auf Schritt und Tritt, um hinter das Geheimnis von „Nummer 2“ zu kommen. Indianer Joe will sich an der Witwe Douglas für etwas rächen, was ihm ihr Mann vor Jahren zugefügt hat. Als Huck das mitbekommt, kann er gerade noch einen Nachbarn informieren, welcher der Witwe beisteht. Es kommt zu einer Schießerei, bei der niemand verletzt wird, und Indianer Joe flüchtet.

Becky verstaucht sich den Knöchel, daher muss Tom den Ausgang nun allein finden. Inzwischen sind auch schon Suchmannschaften mit Hunden unterwegs, doch sie haben keinen Erfolg. Tom irrt immer noch herum, einen halben Keks hat er Becky als Verpflegung zurückgelassen. Als er auch noch Indianer Joe in die Arme läuft, kann er sich gerade noch losreißen und rennt um sein Leben. Tom hat Glück, er findet einen Ausgang, den niemand kennt. Er kehrt zu Becky zurück und bringt sie sicher heim.

Einige Tage später gibt Richter Thatcher vor lauter Freude, dass seiner Tochter nichts geschehen ist, erneut eine Party. Dabei erzählt er Tom, dass er sofort nach Beckys Rückkehr den Eingang zur McDouglas-Höhle versiegeln hat lassen, um ein weiteres Unglück zu verhindern. Als Tom von seiner Höhlen-Begegnung mit Indianer Joe erzählt, findet sich das ganze Dorf beim Eingang zur Höhle ein. Der Eingang wird geöffnet, und da liegt der tote Verbrecher. Er hat es nicht geschafft, den Deckel mit seinem Messer zu öffnen, und war wohl verdurstet.

Natürlich hat Tom in der Höhle auch „Nummer 2“ gesehen. Als sich die Leute wieder zurück ins Dorf begeben, zeigt Tom seinem Freund den neuen, geheimen Eingang zur Höhle. „Nummer 2“ ist einfach eine römische II, mit dem Rauch einer Fackel an eine Wand gemalt. Und darunter ist der Schatz versteckt.

Tom und Huck teilen redlich, zeigen es auch all den Leuten im Dorf, und Tante Polly legt es für sie auf ein Bankkonto. Die Jungen bekommen von diesem Zeitpunkt an 1¼ Dollar pro Woche ausbezahlt.

Rezeption

Mark Twain beschreibt in dem Buch einige selbst erlebte Ereignisse. Als Vorlage für den literarischen Ort „St. Petersburg“ hat der Autor die Stadt Hannibal in der Nähe von St. Louis verwendet, in der er selbst aufwuchs (weshalb es möglich ist, Orte des Romanes – wie z.B. die Höhlen – tatsächlich heute noch zu besuchen.). Diese Tatsache gilt als Grund dafür, dass der Roman, im Gegensatz zu seinem Nachfolger Huckleberry Finn, den Charakter einer Idylle beibehält und insgesamt eine harmonische und intakte Welt beschreibt. Auch die Erzählperspektive resultiert daraus: So gibt es hier einen ironisch-distanzierten Erzähler, der die Erlebnisse der Jungen schildert. Erst die Ich-Perspektive, zu der Mark Twain in Huckleberry Finn wechselt, nimmt moralische Konflikte ernst und macht auf diese Weise eine Gesellschaftskritik möglich.

Tom Sawyer gilt als eine „Fingerübung“ Mark Twains, die nur ansatzweise die Elemente Humor, Satire und Kritik enthält, die ihn später zu einem der wichtigsten Autoren der neueren amerikanischen Literatur machten.

Verfilmungen

Die Geschichten um Tom Sawyer und Huckleberry Finn wurden seit 1917 sehr oft für Kino und Fernsehen bearbeitet. Die Kinofilme beschränken sich dabei in der Regel auf das Thema der Schatzsuche und die Abenteuer mit dem Banditen Indianer Joe. Die vollständigste Bearbeitung fand in der Vorabendserie Die Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn 1979 statt.

Verfilmungen (Auswahl)

Medien

  • Hörbuch: Die Abenteuer des Tom Sawyer (gelesen von Ulla Meinecke), 6 CDs, ASIN: B0000DGRA8.
  • Hörbuch: Die Abenteuer des Tom Sawyer (gelesen von Udo Wachtveitl), 3 CDs, ISBN 3-89940-253-7.
  • DVD: Die Abenteuer des Tom Sawyer und Huckleberry Finn, 6 DVDs (keine digitale Nachbearbeitung des Bildes und Tons, 26 Einzelfolgen)
  • DVD: Tom Sawyers und Huckleberry Finns Abenteuer, der ZDF Abenteuer-Vierteiler auf 2 DVDs, Concorde Video.
  • Hörspiel: Tom Sawyer und Huckleberry Finn, 2-teiliges Hörspiel von Europa (Hörspiel-Label).

Ausgaben

Das Buch ist in unterschiedlicher Ausstattung bei mehreren Verlagen erhältlich. In vollständigeren Fassungen sind auch die Abenteuer von Huckleberry Finn in einer Ausgabe zusammengefasst.

  • Mark Twain: Die Abenteuer des Tom Sawyer. Cecilie Dressler Verlag, Hamburg 1989, ISBN 978-3791535173.
  • Mark Twain: Die Abenteuer des Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Komet Verlag, Köln 2003, ISBN 3-89836-323-6.
  • Mark Twain: Tom Sawyer. Area Verlag, Erftstadt 2004, ISBN 978-3899961430.
  • Mark Twain: Tom Sawyer. Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2001, ISBN 978-3800028108.
  • Mark Twain: Tom Sawyer. Random House Verlagsgruppe, München 2007, ISBN 978-3570218693.
  • Mark Twain: Tom Sawyers Abenteuer. Deutscher Taschenbuch Verlag, München, ISBN 978-3-423-13360-9.
  • Oliver Kellner, Ulf Marek: Seewolf & Co.. Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 1999, ISBN 978-3-89602-190-8.

Literatur

  • Artikel The Adventures OF Tom Sawyer, in: Kindlers neues Literaturlexikon, Hg. von Walter Jens, München 1988–1992. (Studienausgabe), Bd. 11, S. 194f.

Weblinks


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