Tomboy

Tomboy

Als Tomboy werden Mädchen bezeichnet, die sich entsprechend der gängigen Geschlechterrolle von Jungen verhalten. Der Begriff kann auch auf erwachsene Frauen angewendet werden.

Inhaltsverzeichnis

Ausprägungen

Das gegenüber sozialkulturellen Normen unangepasste Verhalten kommt unter anderem in folgenden Ausprägungen vor:

  • typisch maskuline Auftrittsweise (Kleidung, Frisur)
  • Interesse an Themen, die von der Gesellschaft eher Jungen zugesprochen werden (wie Fußball oder Naturwissenschaften)
  • Versuche, eher mit Jungen Freundschaften zu schließen (im Gegensatz zu Homosozialität[1])

Das Phänomen tritt vor allem in der Pubertät auf und wird von den Gender Studies interessiert verfolgt, da es eine Entgrenzung des binären Geschlechterkonzepts darstellt. Die Ursachen für dieses Verhalten sind nicht völlig geklärt, bestimmte Ereignisse in der Erziehung werden ebenso wie biologische Ursachen vermutet. Einige Tomboys bemerken früher oder später ihr Lesbischsein, andere, dass sie Transgender sind, wenige erkennen eine Transsexualität, die meisten bleiben heterosexuelle Frauen und viele legen später (evtl. auch aufgrund von heteronormativem Anpassungsdruck) einen Großteil ihres (geschlechtsuntypischen) Verhaltens wieder ab. Während der Pubertät haben Tomboys häufig – wie ihre männlichen Pendants, die Sissy-boys – mit Problemen und Anfeindungen zu kämpfen.

Etymologie

Tom, eine umgangssprachliche Abkürzung für Thomas, wird seit spätestens 1377 im englischsprachigen Raum auch als eine Art allgemeiner Spitzname für den gemeinen Mann verwendet.[2] So bezeichnet Tom Thumb („Tom Daumen“) ab 1579 einen kleinwüchsigen Mann,[2] und ab etwa 1755–1765[3] bezeichnet es – meist als Adjektiv oder Kompositum verwendet - das Männchen bestimmter Tierarten wie etwa tom turkey („männlicher Truthahn“) oder tomcat („Kater“).[4]

Tomboy („Tom-Junge“, „Mann-Junge“) taucht erstmals 1533 in der Bedeutung „rauher, ungestümer Junge“ auf; seit 1579 ist die Bedeutung „dreiste oder schamlose Frau“ belegt und seit 1592 schließlich die Bedeutung „Mädchen, welches wie ein lebhafter Junge agiert“.[2] In dieser Bedeutung wird es auch von William Shakespeare verwendet.[5] Eine andere englische Bezeichnung ist hoyden. In den deutschen Sprachraum wird es inklusive der dahinterstehenden Ideen vor allem durch die Gender Studies importiert, manchmal dabei als Kompositum verwendet wie Tomboy-Verhalten oder tomboy-Mädchen, und auch in der Sexualmedizin als Schlagwort für geschlechtsatypisches Verhalten junger Mädchen benutzt.[6][7]

Wildfang stammt vom spätmittelhochdeutschen wiltvanc. Die genaue Bedeutungsentwicklung ist sehr unklar, aber schon im 15. Jh. verschmelzen die ursprüngliche Tätigkeitsbezeichnung „das Wild“ + „fangen“ und die Sachbezeichnung mit dem Adjektiv „wild“ (freilebend, damit auch ungestüm, ungezähmt) + „der Fang“ (die Beute). So kam es zum Nebeneinander der Bedeutungen, die erst die Tierwelt umfassen, gebietsweise auch Obstbäume und bei Menschen entweder herrenlose Fremde, Ausländer bezeichnet, über den ein Landesherr unter Umständen Rechte hat oder einen wilden, unbändigen oder wenigstens eigensinnigen Menschen, einen Taugenichts. Es wird ursprünglich als Schimpfwort verwendet, immer mehr abgeschwächt, wobei ein tadelnder Unterton bleibt. Im 17. Jahrhundert wird diese Verwendung in die Schriftsprache aufgenommen. Es schwächt sich weiter ab auf „gedankenloser, leichtsinniger, lebhafter Mensch“ oder „die Gesetze des Anstandes leichtfertig übertretender Mensch“; die Verwendung konzentriert sich immer mehr auf ausgelassene Jugendliche und Kinder und wird immer mehr zum Kosewort. Manchmal wird es auch für jugendfrische ältere Menschen verwendet.[8][9][10][11] Eine weitere überwiegende, aber nicht zwingende Konzentration auf Mädchen findet erst im 20. Jahrhundert statt. 2005 wird es manchmal als veraltet angesehen.[12]

Range ist vom mittelniederdeutschen Verb rangen („sich hin- und herwenden“) abgeleitet und bezeichnet ursprünglich im 15. Jh. ein „läufiges Schwein“, wegen der Unruhe des Schweins während dieser Zeit. Es wird jedoch schon früh als grobes Schimpfwort verwendet. In der heutigen Verwendung wird die Ausgangsbedeutung nicht mehr mitverstanden.[13] In den Wörterbüchern ist es teilweise als umgangssprachlich oder landschaftlich markiert. Es bedeutete „ungeschickter, ungeschliffener Mensch“,[14] und ist heute auf das „ungezogene, wilde Kind“ eingeschränkt.

Tomboys in der Kunst

Verschiedene Bücher, Filme oder Serien präsentieren den Typus des Tomboys. So stellen folgende Charaktere Ausprägungen des Tomboys dar: Georgina aus Enid Blytons Fünf Freunde, Peppermint Patty von den Peanuts, Helga Pataki aus Hey Arnold!, Haruka Tenoh aus Sailor Moon, Marle aus Chrono Trigger, Ashley Spinelli aus Große Pause, Jean Louise „Scout“ Finch aus Harper Lees Wer die Nachtigall stört, Luka aus Seventeen – Mädchen sind die besseren Jungs oder Lor McQuarrie aus Wochenend-Kids. Thomas Meineckes Roman Tomboy setzt sich mit dem Phänomen auseinander und versucht, Gender-Theorie mit Unterhaltungsliteratur zu vereinen.

Siehe auch

Weblinks

  • Ruth M. Pettis: Tomboys, Version: 28. Dezember 2004 in: Claude J. Summers (Hrsg.): glbtq: An Encyclopedia of Gay, Lesbian, Bisexual, Transgender, and Queer Culture

Einzelnachweise

  1. Homosozialität: Lipman-Blumen (1976), die den Begriff der Homosozialität in die Geschlechterforschung eingeführt hat, versteht darunter „the seeking, enjoyment, and/or preference for the company of the same sex“. In: Michael Meuser: Männerwelten. Zur kollektiven Konstruktion hegemonialer Männlichkeit. Ab Seite 8
  2. a b ctom“ in: Douglas Harper: Online Etymology Dictionary. 2001. Abgerufen am 24. Oktober 2008
  3. tom“ in: Dictionary.com Unabridged (v 1.1). Random House, Inc., Zugriff: 24. Oktober 2008
  4. tom“ in: Webster's Revised Unabridged Dictionary. MICRA, Inc., Zugriff: 24. Oktober 2008 über Dictionary.com
  5. William Shakespeare, John Britton, Samuel Johnson, Charles Whittingham: The Dramatic Works of William Shakspeare. Carpenter and Son, 1814, Glossary
  6. Alfred Wolf, Judith Esser Mittag: Kinder- und Jugendgynäkologie: Atlas und Leitfaden für die Praxis. Schattauer Verlag, 2002, ISBN 3794521250, S. 173 „Das psychische Geschlecht“
  7. Klaus M. Beier, Hartmut A. G. Bosinski, Kurt Loewit: Sexualmedizin: Grundlagen und Praxis. Elsevier GmbH Deutschland, 2005, ISBN 3437228501S. S. 420 „Adrenogenitales Syndrom“
  8. WILDFANG, WILDFANGRECHT ff. (Band 30, Spalten 71–77)“ in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bände in 32 Teilbänden. S. Hirzel, Leipzig 1854-1960
  9. Wildfang, der“ in: Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart. Band 4. Leipzig 1801, S. 1545–1546. Bei zeno.org
  10. Wildfang. In: Heinrich August Pierer, Julius Löbe (Hrsg.): Universal-Lexikon der Gegenwart und Vergangenheit. 4. Auflage. Bd. 19, Altenburg 1865, S. 212 (Online bei zeno.org).
  11. Wildfang“ in: Meyers Großes Konversations-Lexikon Band 20. Leipzig 1909, S. 629
  12. Barbara Nolte: Die Reifeprüfung. In: Der Tagesspiegel. 9. Januar 2005
  13. Friedrich Kluge, Elmar Seebold: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache: Durchgesehene und Erweiterte Auflage. Walter de Gruyter, 2002, ISBN 3110174731.
  14. Walter Haas, W. Günther Ganser: Provinzialwörter: Deutsche Idiotismensammlungen des 18. Jahrhunderts, Walter de Gruyter, 1994, ISBN 3110108526, S. 129

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