Torre (Berg)

Torre (Berg)
Cerro Torre
Cerro Torre (Bildmitte) rechts anschließend Torre Egger, Punta Herron und Cerro Standhard

Cerro Torre (Bildmitte) rechts anschließend Torre Egger, Punta Herron und Cerro Standhard

Höhe 3.133 m
Lage Patagonien, Argentinien/Chile
Gebirge Anden
Geographische Lage 49° 17′ 35″ S, 73° 5′ 55″ W-49.292916666667-73.0985444444443133Koordinaten: 49° 17′ 35″ S, 73° 5′ 55″ W
Cerro Torre (Argentinien)
DEC
Cerro Torre
Typ Granitberg
Erstbesteigung 1959 Cesare Maestri und Toni Egger (wird stark angezweifelt)
1970 Cesare Maestri, Carlo Claus, Ezio Alimonta (bis unter den Gipfeleispilz)
1974 Casimiro Ferrari und Kameraden (erste anerkannte, vollständige Besteigung)
Normalweg Kompressorroute: Extrem schwere Klettertour
Besonderheiten Die Besteigungsgeschichte zählt bis heute zu den großen Rätseln und Mythen des Alpinismus.

Der Cerro Torre (spanisch: „Turm-Berg“) ist ein 3.133 Meter hoher Granitberg, welcher sich im Campo de Hielo Sur an der Argentinisch-Chilenischen Grenze befindet, etwa 50 km nördlich des bekannten Nationalpark Torres del Paine. Der Cerro Torre ist aufgrund seiner steil aufragenden, glatten Granitwände und der extrem widrigen Wetterbedingungen nur sehr schwer zu besteigen und gilt daher unter Bergsteigern als einer der schwierigsten und zugleich schönsten Gipfel der Welt.

Inhaltsverzeichnis

Besteigungsgeschichte

Erste Versuche

Im Jahr 1952 bestiegen die französischen Spitzenbergsteiger Lionel Terray und Guido Magnone den Fitz Roy erstmals und urteilten über den in Sichtweite aufragenden Cerro Torre, dass dieser ein „unmöglicher Berg“ sei. Dennoch fanden sich schon wenige Jahre später Kletterer aus Europa am Cerro Torre ein, um eine Besteigung dieses möglicherweise schwierigsten Bergs der Welt zu versuchen. Die ersten Besteigungsversuche datieren aus dem Jahr 1958, als Walter Bonatti und Carlo Mauri über die Westseite eine beachtliche Höhe erreichten, jedoch nicht bis in die Gipfelregion vordringen konnten. Eine zeitgleich auf der Ostseite des Bergs operierende Expedition unter Bruno Detassis mit dem Trentiner Cesare Maestri musste ebenfalls aufgeben, ohne auch nur einen ernsthaften Versuch am Berg unternommen zu haben. Während Bonatti im darauffolgenden Jahr auf einen zweiten Versuch verzichtete und der französische Extrembergsteiger Jean Couzy kurz vor einer geplanten Expedition zum Cerro Torre tödlich verunglückte, kehrte Cesare Maestri für einen Versuch an den Berg zurück.

Maestri und Egger 1959

Die Erstbesteigung soll schließlich am 30. Januar 1959 durch Cesare Maestri und den Tiroler Toni Egger über die Nordwand erfolgt sein. Beim Abstieg verunglückte Egger tödlich durch eine Eislawine. Da seine Kamera angeblich das Gipfelfoto enthielt und verloren ging, konnte Maestri nie beweisen, dass er tatsächlich den Gipfel erreicht hatte. Ab 1968 wurden seine Schilderungen von immer mehr Bergsteigern in Zweifel gezogen und der Cerro Torre mitunter weiterhin als „unmöglicher Berg“ bezeichnet.

Kompressorroute 1970

Elf Jahre später kehrte Maestri aufgrund der für ihn unerträglichen Zweifel und der Kritik der Öffentlichkeit zum Cerro Torre zurück, um sein Können zu beweisen. Diesmal versuchte er, sich mit Hilfe eines Kompressors und ungefähr 300 Bohrhaken über die Südwest-Flanke „hinaufzubohren“, scheiterte aber aufgrund der extrem widrigen Witterungsbedingungen des patagonischen Winters. Wenige Monate später reiste er ein viertes Mal zum Cerro Torre, um seine Route zu vervollständigen. Am 2. Dezember 1970 erreichte er mit zwei Kameraden das Ende der Felswand unterhalb des Gipfels, verzichtete aber darauf, den unstabilen Gipfelschneepilz zu besteigen, den er ohnehin nicht als Gipfel betrachtete (Zitat: „Der wird eines Tages weggeblasen“). Maestri sah den Berg damit für sich als bestiegen an und betrachtete seine Ehre als wieder hergestellt. Für einige Kritiker gilt aber auch dieser Versuch nicht als Besteigung, da Maestri nicht auf dem höchsten Punkt des Berges gestanden und nur mit Hilfe von massivem Materialeinsatz „geklettert“ war. Der Kompressor hängt noch heute eine Seillänge unterhalb des Gipfeleispilzes, Maestris Route ist heute unter dem Namen „Kompressorroute“ bekannt.

Anerkannte Besteigung 1974

Die erste anerkannte Besteigung des Cerro Torre fand 1974 durch eine von Casimiro Ferrari geleitete Expedition statt. Ferrari selbst gelangte nach einer dreiwöchigen Schlechtwetterphase, die er mit Kameraden in einem Zelt hoch oben am Berg überstand, kurz bevor sie die zur Neige gegangenen Nahrungsmittel zum Abstieg gezwungen hätten, auf den Gipfel. Die Besteigung gilt als die erste zweifelsfrei dokumentierte Gipfelbesteigung des Cerro Torre, da sowohl der Gipfeleispilz bestiegen wurde als auch ein Beweisfoto vom Gipfel existiert.

Neuere Besteigungsgeschichte

1977 gelang drei Amerikanern die erste Besteigung des Cerro Torre im Alpinstil über die Westseite („Ferrari-Route“); 1979 wurde die „Kompressorroute“ erstmals wiederholt. 1985 erfolgte die erste Winterbesteigung durch vier Italiener; im gleichen Jahr führte der Schweizer Marco Pedrini die erste Solo-Besteigung in zwölf Stunden durch – beide über die „Kompressorroute“. 1986 durchsteigen Jugoslawen erstmals die Ostwand, 1988 eröffnen Slowenen eine Route in der Südwand. Die „Maestri-Egger-Route“ konnte jedoch 46 Jahre lang von keiner Seilschaft auch mit den neuesten technischen Hilfsmitteln erfolgreich wiederholt werden. Bergsteiger von mehr als 20 Expeditionen, die einen Versuch wagten, berichteten auch vom Fehlen der angeblich von Maestri gesetzten Stahlhaken, was die Zweifel am Gipfelerfolg durch Maestri und Egger weiter untermauerte. Am 12.–13. November 2005 konnten Alessandro Beltrami, Ermanno Salvaterra und Rolando Garibotti den Cerro Torre über die Nordwand besteigen und so die Maestri-Egger-Route „wiederholen“. Sie gaben ihrer Route den Namen El Arca de los Vientos und bewerteten sie mit dem Schwierigkeitsgrad ABO[1]. Am 21.–24. Januar 2008 gelang Colin Haley und Rolando Garibotti die erste vollständige Überschreitung des Torre-Massivs. Die Deutsche Dörte Pietron durchstieg im Dezember 2008 als erste Frau die Westwand des Cerro Torre und stand als erste deutsche Frau auf dem Gipfel.

Die Kontroverse um Maestris Erstbesteigung

Cesare Maestri rückte trotz vieler erheblicher Widersprüche in den Schilderungen der Expedition von 1959 und des Ausbleibens von Funden der damals angeblich in der Felswand zurückgelassenen Ausrüstung nie davon ab, den Cerro Torre gemeinsam mit Toni Egger erstbestiegen zu haben. Verteidiger und Sympathisanten von Maestri verweisen immer wieder auf die Eisschicht, mit der 1959 die Wände des Cerro Torre überzogen gewesen sein sollen und die dem hervorragenden Eiskletterer Egger schon damals trotz der mangelhaften Ausrüstung einen Aufstieg ermöglicht hätten. Kritiker (z. B. Reinhold Messner) führen dagegen die Argumente an, dass mit den Ausrüstungsgegenständen (v.a. den Eispickeln) und mit dem Kletterkönnen der 1950er Jahre ein Aufstieg über die extrem schwierigen Steilwände geradezu undenkbar sei, dass man schon längst Seil- und Hakenüberreste des damaligen Aufstiegs hätte finden müssen, wenn dieser tatsächlich stattgefunden hätte, und dass Maestris umstrittene Bohrhaken-Besteigung des Cerro Torre 1970 auf einer ganz anderen Route die vermeintliche Erstbesteigung von 1959 nicht beweise, sondern eher neue Zweifel schüre.

Film

Der Deutsche Filmregisseur Werner Herzog hat den Film Schrei aus Stein im Umland des Cerro Torre gedreht.

Bilder

Siehe auch

Quellen

  1. Erstbegehungsbericht der Route "El Arca de los Vientos" (spanisch)

Literatur

  • Tom Dauer: Cerro Torre - Mythos Patagonien, 2004, ISBN 3-909111-05-X, AS-Verlag: Der Autor erzählt die Entdeckungsgeschichte Patagoniens, die am Cerro Torre - den er selbst zwei Mal versuchte - und im Drama um Cesare Maestri ihren Höhepunkt findet.
  • Peter Meier-Hüsing: Der unmögliche Berg, 2006, ISBN 3-89029-288-7, PIPER-Verlag, Buchreihe MALIK: Gestützt auf Recherchen vor Ort, auf neue Interviews mit Cesare Maestri, mit dessen Freunden, Seilpartnern und Kritikern rekapituliert der Autor die aufregende Geschichte der Erstbesteigung des Cerro Torre.
  • Reinhold Messner: Torre. Schrei aus Stein, 2009, ISBN 978-3-89029-359-2, MALIK-Verlag.

Weblinks


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