- Bergsteigen
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Das Bergsteigen ist eine Form des Bergsports und umfasst verschiedene Aktivitäten in Fels (alpines Klettern), Firn und Eis (Hochtour) bzw. eine Kombination dessen, bis zum sogenannten Höhenbergsteigen in den sauerstoffarmen Regionen der Sieben- und Achttausender. Zum Winterbergsteigen gehören etwa Skitouren, Schneeschuhtouren oder das Eisklettern. Bergsteigen in großen Höhen oder abgelegenen Regionen bezeichnet man als Expeditionsbergsteigen. In der Regel werden Personen, die ihr Beruf in die Berge führt (Jäger, Säumer), nicht als Bergsteiger bezeichnet.
Im erweiterten Sinn wird Bergsteigen auch als Alpinismus bezeichnet und umfasst Tätigkeiten wie Bergwandern, Alpinwandern und Trekking, die Erforschung bzw. Kartografie unbekannter Berggebiete, sowie Naturschutz und Bergführerwesen.
Inhaltsverzeichnis
Geburtsstunde
Als Geburtsstunde des Bergsteigens wird einerseits die Erstbesteigung des Mont Ventoux (1.912 m) am 26. April 1336 durch Francesco Petrarca, andererseits 1492 die Besteigung des Mont Aiguille (2.085 m) durch eine Söldnertruppe, befohlen von Karl VIII., betrachtet. Da diese beiden Erstbesteigungen Eingang in die Literatur fanden, wurden sie weitaus bekannter als die bereits 1358 geglückte Besteigung des 3.538 m hohen Rocciamelone durch Bonifacio Rotario d’Asti.[1]
Wichtige Ereignisse
bis 1900
- ca. 1780 bis 1824 – Pater Placidus a Spescha aus dem Kloster Disentis besteigt zahlreiche Berge im Bündner Oberland, so das Rheinwaldhorn 1789, den Piz Terri 1798 und (fast – nur seine Begleiter erreichen den Gipfel) den Tödi 1824.
- 1786 – Erstbesteigung des Mont Blanc durch Michel-Gabriel Paccard und Jacques Balmat
- 1799 bis 1804 – Alexander von Humboldt erreicht bei seinen Forschungsreisen in Südamerika am Chimborazo eine Höhe von 5800 m.
- 1800 – Erstbesteigung des Großglockners, des Watzmanns und des Hohen Göll.
- 1809 – Marie Paradis besteigt als erste Frau den Mont Blanc (siebte Besteigung)
- 1811 – Erstbesteigung der Jungfrau im Berner Oberland
- 1852 – Im Himalaya wird der höchste Berg der Erde vermessen und nach dem ehemaligen Leiter des Vermessungsamtes – Sir George Everest – benannt.
- 1857 – Gründung des Alpine Club in London
- 1862 – Gründung des Österreichischen Alpenvereins
- 1863 – Gründung des Schweizer Alpen-Clubs
- 1865 – endet die Erstbesteigung des Matterhorns durch Edward Whymper in einer Katastrophe – vier seiner Begleiter stürzen beim Abstieg tödlich ab. Ebenfalls 1865 wird das Matterhorn über den Liongrat von Jean-Antoine Carrel und Gefährten bestiegen.
- 1867 – vier Kletterer kommen am Matterhorn ums Leben.
- 1869 – Gründung des Deutschen Alpenvereins
- 1870 – Hermann von Barth erkundet die noch weitgehend unbekannten Nördlichen Kalkalpen (Karwendel, Berchtesgadener Alpen usw.) und berichtet eingehend darüber
- 1871 – Lucy Walker besteigt als erste Frau das Matterhorn.
- 1876 – am 18. August durchsteigen Markgraf Alfred Pallavicini und die Bergführer Hans Tribusser, G. Bäuerle und J. Kramser die Eisrinne, die zur Oberen Glocknerscharte des Großglockners führt. Tribusser schlug 2500 Stufen in das Eis der später so genannten Pallavicinirinne.
- 1880 – Erstbesteigung des 6310 Meter hohen Chimborazo durch Edward Whymper und Jean-Antoine Carrel
- 1881 – Gründung des Edelweiss Club Salzburg, Österreich
- 1889 – Erstbesteigung des Kilimandscharo
- 1893 – Erstbegehung des Peutereygrates am Mont Blanc durch Paul Güßfeldt, Emile Rey und den Bergführer Christian Klucker.
- 1894 – der erste Führer, der die angeführten Touren mit römischen Zahlen bewertet wird veröffentlicht – die Benesch-Skala, bei der die niedrigste Zahl den höchsten Schwierigkeitsgrad bedeutet. In den folgenden Jahren entstehen im gesamten Alpenraum ähnliche Bewertungssysteme, wobei die Skala „umgedreht“ wird (d. h. I entspricht dem geringsten Schwierigkeitsgrad). Die sechsstufige Alpenskala wird später durch die nach oben offene UIAA-Skala ersetzt.
- 1895 – Gründung des Touristenverein Naturfreunde
- 1896 – Gründung der ersten alpinen Rettungsorganisation, des Alpinen Rettungsausschusses Wien, eines Vorläufers des österreichischen Bergrettungsdienstes
nach 1900
- 1907 – Mit dem Trishul (Garhwalhimalaya) wird der erste Siebentausender durch eine englisch-französische Expedition bestiegen.
- 1908 – Das zehnzackige Steigeisen wird von Oscar Eckenstein entwickelt.
- bis 1911 – Karl Blodig besteigt alle Viertausender der Alpen.
- 1913 – Erstbesteigung des Mount McKinley.
- 1915–1918 – Der erste Weltkrieg wird auch in den Alpen geführt – tausende Soldaten der Kriegsparteien werden bei Lawinenabgängen getötet.
- 1924 – Bei der Erstbegehung des Wiesbachhorns durch Willo Welzenbach und Franz Riegele wird der erste Eishaken geschlagen.
- 1924 – Bei der 3. britischen Everest-Expeditionerreicht Edward Felix Norton die Höhe von 8572m und stellt damit einen neuen, langhaltenden Höhenrekord auf. Bei dieser Expedition verschwinden George Mallory und Andrew Irvine bei einem Sturm auf den Gipfel spurlos.
- 1927 – Im Rahmen der deutsch-russischen Expedition in den Pamir (geführt von Willi Rickmer Rickmers) wird der Pik Lenin von Karl Wien, Eugen Allwein und Erwin Schneider bestiegen
- 1932 – Gründung der UIAA – Union Internationale des Associations d'Alpinisme; Erste deutsche Expedition auf den Nanga Parbat: Deutsch-Amerikanische Himalaya-Expedition 1932
- 1934 – Bei der Deutschen Nanga-Parbat-Expedition 1934 sterben vier Expeditionsmitglieder – darunter auch der Expeditionsleiter Willy Merkl.
- 1936 – Gründung der Deutschen Himalaya-Stiftung zur Förderung von Expeditionen in den Himalaya, speziell auf den Nanga Parbat.
- 1937 – Bei einer erneuten Großexpedition zum Nanga Parbat werden 16 Bergsteiger (sieben Deutsche und neun Sherpas) unter einer Lawine begraben.
- 1938 – Das „letzte Problem“ der Alpen fällt – die Eiger-Nordwand
- 1939 – Fritz Wiessner muss am K2 kurz unter dem Gipfel die Besteigung abbrechen. Beim Rückzug verlieren vier Personen ihr Leben.
- 1948 – Gründung der IKAR – Internationale Kommission für alpines Rettungswesen
- 1950 – Als erster Achttausender wird die Annapurna von Maurice Herzog und Louis Lachenal bestiegen.
- 1953 – Edmund Hillary und Tenzing Norgay setzen den Fuß auf den höchsten Berg der Welt – den Mount Everest.
- 1953 – Hermann Buhl besteigt den Nanga Parbat, allein und ohne zusätzlichen Sauerstoff. Damit hat zum ersten Mal ein Mensch einen Achttausender ohne zusätzlichen Sauerstoff bestiegen. Der Berg gilt als „Schicksalsberg der Deutschen“ und ist neben dem K2 der schwierigste Achttausender.
- 1954 – Der K2 wird am 31. Juli von den Italienern Achille Compagnoni und Lino Lacedelli erstbestiegen.
- 1959 – Erstbesteigung des Cerro Torre in Patagonien durch Cesare Maestri und Toni Egger. Egger stirbt beim Abstieg. Beweise für den Gipfelerfolg fehlen.
- 1961 – Winterbegehung der Eiger-Nordwand durch Toni Hiebeler und Gefährten.
- 1964 – Der Shisha Pangma wird als letzter Achttausender von einer chinesischen Expedition bestiegen.
- 1966 – Die „Hochzeit“ der Direttissime – Erstbegehung der John-Harlin-Direttissima in der Eiger-Nordwand im Februar und März.
- 1970 – Die erste Überschreitung des Nanga Parbat durch Reinhold und Günther Messner. Günther Messner stirbt in der Diamirflanke.
- 1971 – Cesare Maestri kehrt zum Cerro Torre zurück und bohrt sich seinen Weg zum Gipfel.
- 1973 – Veröffentlichung der noch heute gültigen Schwierigkeitsskala – die UIAA-Skala (mittlerweile nach oben „geöffnet“)
- 1977 – Der VI. Grad – bis dahin die höchste Schwierigkeit beim Felsklettern – fällt. Helmut Kiene und Reinhard Karl eröffnen die Pumprisse im Wilden Kaiser – die erste Tour im VII Schwierigkeitsgrad.
- 1978 – Peter Habeler und Reinhold Messner besteigen den Mount Everest als erste Menschen ohne Sauerstoffgerät.
- 1986 – Reinhold Messner besteigt als erster Mensch alle 14 Achttausender – ebenso erreicht der Kanadier Pat Morrow das Ziel den jeweils höchsten Gipfel jedes Kontinents zu besteigen (Seven Summits). Am K2 sterben in diesem Jahr 13 erfahrene Bergsteiger.
- 1987 – Jerzy Kukuczka besteigt als zweiter Mensch alle 14 Achttausender.
- 1994 – Stefan Glowacz definierte eine Trilogie aus den drei damals weltweit schwierigsten alpinen Kletterrouten, Des Kaisers neue Kleider X+/8b+, Erstbegehung von Stefan Glowacz, Silbergeier X+/8b+, Erstbegehung von Beat Kammerlander und End of silence X/8b, Erstbegehung von Thomas Huber
- 1996 – 12 Bergsteiger (meist Mitglieder kommerzieller Expeditionen) sterben am 10. Mai am Mount Everest, es folgt eine breite Diskussion um das kommerzielle Expeditionsbergsteigen.
nach 2000
- 2001 – Alexander Huber eröffnet mit seiner Route Bellavista an der Großen Zinne in den Dolomiten als Erster den XI. Grad in einer alpinen Route.
- 2001 – Erik Weihenmayer bestieg als erster Blinder den Gipfel des Mount Everest
- 2005 – Im Februar besteigt der Steirer Christian Stangl zehn 6.000er in sieben Tagen (u. a. Ojos del Salado, Tres Cruzes) – in den Jahren davor besteigt er den Aconcagua und den Kilimandscharo in Rekordzeiten.
- 2007 – Der Tiroler Hansjörg Auer durchsteigt Free Solo den „Weg durch den Fisch“ (9-) in der Marmolata-Südwand in den Dolomiten.
Berühmte Bergsteiger bzw. Kletterer
Große Bergsteiger erlangten ihre Berühmtheit immer durch besondere alpinistische Leistungen wie z. B. Erstbesteigungen.
- Jacques Balmat und Michel-Gabriel Paccard erstiegen den Mont Blanc erstmals am 8. August 1786
- Edward Whymper wurde 1865 durch die Erstbesteigung des Matterhorns berühmt.
- Heinrich Harrer und Anderl Heckmair wurden (zusammen mit Fritz Kasparek und Ludwig Vörg) 1938 mit der Erstdurchsteigung der Eiger-Nordwand schlagartig berühmt. Ersterer ließ später auch noch die Erstbesteigung der Carstensz-Pyramide auf Neuguinea folgen.
- Edmund Hillary erstieg 1953 zusammen mit Tenzing Norgay als Erster den Mount Everest.
- Hermann Buhl war einer der weltbesten Kletterer der 1950er Jahre und erstieg zwei Achttausender als Erster.
- Walter Bonatti war in den 50er und 60er Jahren maßgeblich an schwersten Felsklettereien in den Westalpen beteiligt; bekannt ist er vor allem wegen seiner Solo-Durchsteigung des nach ihm benannten Bonatti-Pfeilers 1955 an der Petit Dru.
- Reinhold Messner, einer der weltweit bekanntesten Bergsteiger, sorgte in den 60er Jahren nicht nur in den Alpen durch kühne Klettereien für Aufsehen; von 1970 bis 1986 gelang ihm als Erstem die Besteigung aller 14 Achttausender.
- Karl Unterkircher, ihm gelang es im Jahre 2004 innerhalb von 63 Tagen die 2 höchsten Achttausender (Everest und K2) zu besteigen und wurde somit ins Guinness Buch der Rekorde aufgenommen
- Ueli Steck, einer der besten Solokletterer durchstieg schon im Alter von 18 Jahren die Eiger-Nordwand. Am 13. Februar 2008 stellte er hier einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf. Er durchstieg die ca. 1800 Meter hohe Wand in einer Zeit von 2:47:33 Stunden über die klassische Heckmair-Route.
- Oh Eun-Sun, eine der erfolgreichsten Höhenbergsteigerinnen der Welt. Sie ist die erste Frau, die alle 14 Achttausender bestiegen hat und ist des Weiteren die erste Frau, die vier Achttausender innerhalb eines Jahres bestiegen hat
Für eine ausführliche Liste vieler bekannter Alpinisten siehe die Liste berühmter Bergsteiger.
Vereine und Organisationen
- Alpine Vereine
- Union Internationale des Associations d’Alpinisme (UIAA)
- Internationale Kommission für alpines Rettungswesen (IKAR)
Literatur
- Rainer Amstädter: Der Alpinismus. WUV, Wien 1996, ISBN 3-85114-273-X.
- Hermann von Barth: Aus den nördlichen Kalkalpen; Ersteigungen und Erlebnisse in den Gebirgen Berchtesgadens, des Algäu, des Innthales, des Isar-Quellengebietes und des Wettersteins; Mit erläuternden Beiträgen zur Orographie und Hypsometrie der Nördlichen Kalkalpen, Mit lythographierten Gebirgsprofilen und Horizontalprojectionen nach Original-Skizzen des Verfassers. Heinrich Hugendubel, München 1874. XXIV, 637, 22 Tafeln und 5 Falttafeln mit jeweils mehreren Abbildungen. (Faksimile) Fines Mundi Verlag, Saarbrücken 2008.
- Luisa Francia: Der untere Himmel. Frauen in eisigen Höhen. Nymphenburger, München 1999, ISBN 3-485-00813-3 (über Bergsteigerinnen).
- Peter Grupp: Faszination Berg. Die Geschichte des Alpinismus, Böhlau, Köln 2008, ISBN 978-3-412-20086-2.
- Sherry B. Ortner: Die Welt der Sherpas. Leben und Sterben am Mount Everest („Life & Death on Mt. Everest. Sherpas & Himalayan Mountaineer“). Lübbe-Verlag, Bergisch Gladbach 2000, ISBN 3-7857-2025-4 (ethnologische Untersuchung).
- Hans-Günter Richardi: Die Erschließung der Dolomiten. Auf den Spuren der Pioniere Paul Grohmann und Viktor Wolf-Glanvell in den Bleichen Bergen. Athesia-Verlag, 2008.
- Horace-Bénédict de Saussure: Kurzer Bericht von einer Reise auf den Gipfel des Mont Blanc, im August 1787. Akademische Buchhandlung, Straßburg 1788. 40 Seiten. (Faksimile) Fines Mundi Verlag, Saarbrücken 2008.
- Martin Scharfe: Berg-Sucht: eine Kulturgeschichte des frühen Alpinismus 1750–1850. Böhlau, Wien 2007, ISBN 3-205-77641-0.
- Pit Schubert: Sicherheit und Risiko in Fels und Eis. 2. Auflage. Rother, München 1995, ISBN 3-7633-6000-X.
- Helmuth Zebhauser: Alpinismus im Hitlerstaat. Rother, München 1998, ISBN 3-7633-8102-3.
- Bergwandern sicher und umweltbewusst: Eine Broschüre des DAV zum Thema „Erlebnis Bergwandern“ mit Informationen zum naturverträglichen Bergsteigen (PDF-Format)
Quellen
- ↑ Bergsteigen, Bruckmann 2004, ISBN 3-7654-3948-7.
Weblinks
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