Trivialpatent

Trivialpatent

Trivialpatent ist eine Bezeichnung für ein Patent, das für eine Erfindung erteilt wurde, die nach Ansicht desjenigen, der diesen Begriff verwendet, nur eine geringe Erfindungshöhe aufweist. Dieser Begriff ist insbesondere im Bereich der Softwarepatente politisch aktuell, da eine Änderung des Patentrechts auf EU-Ebene und damit auch auf Länderebene vorgesehen ist.

Inhaltsverzeichnis

Rechtlicher Bezug

Auszug aus dem Deutschen Patentgesetz:

§ 1 — Voraussetzung einer Erfindung
(1) Patente werden für Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.
§ 4 — Erfindung auf Grund erfinderischer Tätigkeit
Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. [...]

Wortgleich finden sich diese Formulierungen auch im Europäischen Patentübereinkommen (Art.52 und 56 EPÜ). Auch nach dem Patentrecht anderer Länder (z.B. USA, Japan) soll durch ähnliche Formulierungen sichergestellt sein, dass triviale Weiterentwicklungen nicht patentiert werden. Für die Beurteilung, ob eine erfinderische Tätigkeit vorliegt, werden aber in jedem Land andere Maßstäbe angelegt.

Begriffsverwendung

Der Begriff Trivialpatent wird häufig abwertend (pejorativ) benutzt. Spiegelbildlich zum Begriff der Trivialität steht die populäre Vorstellung, dass ein Patent eine Art „Faszinosum“ zu schützen habe.

Sollte eine Erfindung wirklich nicht neu und erfinderisch sein, gibt es hinreichend Möglichkeiten, dagegen rechtlich vorzugehen. Zunächst einmal kann innerhalb einer bestimmten Frist (3 Monate bei einem deutschen Patent, 9 Monate bei einem Europäischen Patent) nach der Veröffentlichung der Patenterteilung Einspruch gegen das Patent eingelegt werden. Auch nach Ablauf dieser Frist kann jederzeit vor einem Gericht auf Nichtigkeit eines Patents geklagt werden. Ein vermeintlich "triviales" Patent ist oft trotzdem für seinen Inhaber von Wert, da Nichtigkeitsklagen sehr teuer werden können und viel Zeit in Anspruch nehmen. Viele Firmen gehen daher kein Risiko ein und zahlen für eine Lizenz.

Viele patentierte Erfindungen können aber auch wie das Ei des Kolumbus erst im nachhinein als trivial oder naheliegend erscheinen, obwohl zum Zeitpunkt der Patentanmeldung niemand an die entsprechende Lösung gedacht hat. Eine solche rückschauende Betrachtungsweise darf ein Patentamt oder Gericht jedoch zur Bewertung der erfinderischen Tätigkeit nicht verwenden, es muss davon ausgehen, was zum Anmeldezeitpunkt bekannt und naheliegend war.

Als „Trivialpatent“ wird in der öffentlichen Diskussion daher auch häufig ein Patent bezeichnet, bei dem nach eigenem Rechtsempfinden die erfinderische Leistung in krassem Missverhältnis zu dem, durch den Patentanspruch gewährten Schutzbereich steht, der auch zum Anmeldezeitpunkt nicht ausreichend offenbarte Innovationen umfasst (bspw. das Hyperlink-Patent[1]). Zwar regelt im deutschen Patentgesetz § 34 Absatz 4, dass die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Eine "unangemessene Breite" der Patentansprüche ist aber kein Nichtigkeitsgrund,[2] da Einschränkungen auf die konkret offenbarten Lösungen grundsätzlich keine angemessene Belohnung der erfinderischen Leistung darstellen.[3] Mit dieser Auslegung der Schrankenbestimmung des Eigentumrechtes nach Artikel 14 Grundgesetz durch die Rechtsprechung ist diese gesetzliche Forderung im Prüfungsverfahren der Patentämter praktisch bedeutungslos geworden.

Solche „breit" gefassten Patente lassen sich in der Regel auch nicht durch Einspruch oder Nichtigkeitsklage bekämpfen, denn sie sind durch den Stand der Technik eben nicht nahegelegt. Man kann sich allenfalls mit dem Formstein-Einwand[4] dagegen schützen, in dem man nachweist, dass das eigene Produkt eine naheliegende und damit nicht erfinderische Abwandlung vorbekannten Standes der Technik ist.[5]

Als "Trivialpatent" wird in der öffentlichen Diskussion aber auch gelegentlich ein Patent bezeichnet, bei dem die Realisierung mittels gängiger und bekannter Methoden sehr einfach (trivial) ist, dessen Idee jedoch neu war (bspw. One-Klick-Patent). Hier entzündet sich häufig der Streit um die Anwendbarkeit der Patentierungsausschlüsse nach § 1 Absätze 3 und 4 PatG. Diese Frage des Patentierungsausschlusses darf im Ergebnis aber nicht davon abhängen, ob die zu Grunde liegende Idee neu und nicht naheliegend (erfinderisch) ist.[6]

Letztlich stellt sich bei Trivialpatenten die Frage nach der Patentqualität. Ein gutes Patent gibt der Welt etwas, was diese wahrhaftig vorher noch nicht besaß, wohingegen ein schlechtes Patent versucht, der Welt etwas wegzunehmen, das sie tatsächlich schon hatte.[7]

Beispiele für als Trivialpatente angesehene Patente

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. US 4,873,662
  2. BGH Taxol Seite 31 mit Bezug auf Brandi-Dohrn GRUR Int. 1995, 541; Roberts EIPR 1994, 371; Busse § 34 PatG Rdn. 84
  3. BGH Taxol Seite 30
  4. BGH Formstein in GRUR 1987, 279-280
  5. Eine beispielhafte Formstein-Argumentation zum Hyperlink-Patent zeigt Neville Holmes, The KWIC and the Dead: A Lesson in Computing History, Computer, Bd. 34, Nr. 1, 144,142-143, Jan. 2001, doi:10.1109/2.962988
  6. BGH elektronischer Zahlungsverkehr Seite 15, Absatz 1
  7. „The good patent gives the world something it did not truly have before, whereas the bad patent has the effect of trying to take away from the world something which it effectively already had.“ Richter G.S. Rich in 1978 60 JPOS 271,288, zitiert in CIPA Guide to the Patents Act, Seite 83 bzw. Gaster/Marlow, CRi 1/2009 Seiten 3-4.
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