Barockposaune

Barockposaune
Vier Barockposaunen in Tenor-, Alt-, Tenor-, und Basslage (v. l. n. r.)
Zinken und Posaunen 1623
Posaunen 1518

Mit Barockposaune (auch Renaissanceposaune, Sackbut oder Sackbutt) bezeichnet man heute den Posaunen-Typus, der vom 16. bis zum 19. Jahrhundert üblich war. – Sie wurde von der modernen Bauart seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdrängt, zunächst im deutschen und osteuropäischen und dann im amerikanischen Raum. In französischen und englischen Orchestern hielt sich die ältere Bauart bis weit ins 20. Jahrhundert.

Inhaltsverzeichnis

Bauart

Die sogenannte „Barockposaune“ zeichnet sich durch eine engere Mensur (ca. 10 mm) und einen Schallbecher mit geringem Öffnungswinkel und einem Durchmesser von deutlich unter 20 cm aus. Moderne Posaunen haben dagegen eine Mensur von etwa 11,5 bis 13,5 mm und einen Schallbecher von etwa 22 cm. Der moderne Typus wurde erstmals 1853 von V. F. Czerveny in Königgrätz gebaut und damals oft „deutsche“ Posaune genannt, weil er bald darauf in vielen Orchestern des deutschen Sprachraums verwendet wurde, was etwa Hector Berlioz auf seinen Reisen auffiel.

Angeblasen wird sie mit einem flachen und engen Mundstück mit einem sehr scharfkantigen Übergang vom Kessel in die Seele. Dadurch wirkt der Klang prinzipiell leiser als der der modernen Posaune und zugleich „herber“, „klarer“, „schlanker“.[1] In Ensembles mit Streichern, Sängern oder Blockflöten wirkt der Klang der Barockposaune selbst im Forte nicht so dominant wie Posaunen moderner Bauart. Die Diskantstimme im Blechbläsersatz war in den Orchestern des 17. Jahrhunderts noch dem Zink und der Altposaune übertragen, im 18. Jahrhundert übernahmen Oboen und zunehmend Klarinetten die Melodie. Als im 19. Jahrhundert die Ventiltrompete die Diskantstimme übernahm (noch in Gestalt der „lauten“ F-Trompete) und vollklingendere Bassinstrumente hinzutraten wie Ophikleide und Tuba, wirkte der Posaunensatz mit den herkömmlichen Instrumenten oft zu „dünn“.

Die Barockposaunen bilden eine Instrumentenfamilie von Bass- (in Tief-E), Tenor- (in A), und Altposaune (in d). [2] Die (damals eher unübliche) Bassposaune ist mit 3,7 m deutlich länger als die moderne Bassposaune in B (2,7 m), hat dennoch eine engere Mensur. Ihr Posaunenzug ist sehr lang, sodass ein Schwengel am Zugsteg angebracht wird, um diesen bis zur 7. Position hinauszuziehen. Die Barockposaune stand in der Regel im Cornettton über dem heutigen Kammerton. Die moderne Posaunenstimmung in B entspricht also der Stimmung alten Tenorposaune in A.

Sackbut

Das Instrument ist seit der Renaissance gebräuchlich und wird zuerst 1468 anlässlich der Hochzeitsfeier von Karl dem Kühnen und Margaret von York in Brügge als Sackbut erwähnt. Der Name Sackbut stammt aus dem Mittelfranzösischen sacquer und bouter („drücken“ und „ziehen“; in Frankreich wurde das Instrument sacqueboute genannt.) Das Sackbut wurde aber erst ab dem Hochbarock (Händel) zusammen mit Trompeten eingesetzt. (In Renaissance und Frühbarock war das typische zugeordnete Sopraninstrument der Zink.)

Typisch sind Colla-parte-Passagen in Händel-Oratorien oder auch Werke für Bass und 4 Posaunen von Heinrich Schütz und Thomas Selle. Virtuose Solowerke für Posaune entstanden bereits im 17. Jahrhundert (z. B. durch Antonio Bertali). Für die Altposaune als Soloinstrument entstehen zwischen 1750 und 1770 in Wien einige kleine Konzerte von Leopold Mozart, Johann Georg Albrechtsberger, Michael Haydn und J. G. Wagenseil.

Die Bezeichnung Sackbut wird neben dem Begriff Barockposaune verwendet, um das historische Instrument von seinem modernen Gegenstück zu unterscheiden.

Historische Aufführungspraxis

Die ersten Nachbauten von Barockposaunen entstanden nach dem 2. Weltkrieg in Deutschland. Wilhelm Ehmann, Otto Steinkopf und Helmut Finke begannen, die Musik der Evangelischen Posaunenchöre neu zu definieren und das aus dem 19. Jahrhundert stammende dunkle und deckende Klangideal in eine helle und durchsichtige Klangvorstellung zu verändern. Zu diesem Zweck suchte man nach historischen Instrumenten und baute sie nach.

Im Zuge der historischen Aufführungspraxis entwickelten sich auch die Instrumenten-Nachbauten weiter, ebenso wie die Fertigkeiten der Musiker, die sich mit diesen Instrumenten und ihrer eigenen Spielart bis heute auseinandersetzen. Inzwischen ist für Werke bis etwa 1800 die Verwendung von Barockposaunen, wie sie zu jener Zeit in den Orchestern verwendet wurden, üblich geworden.

Ob die „Barockposaune“ heute auch in Orchesterwerken aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zur Anwendung kommen sollte, ist Geschmackssache. Sicher ist, dass man die weiter mensurierte moderne Posaune damals noch nicht hatte und dass der Klang der Posaunen im vergrößerten Orchester jener Zeit vor allem im deutschen Sprachgebiet manchmal für ungenügend gehalten wurde. In französischer Musik des 19. Jahrhunderts ist die moderne Posaune problematisch. – Mittlerweile wird das Fach Barockposaune auch wieder an den Musikhochschulen gelehrt.

Literatur

  • Karlheinz Weber: Die „deutsche“ Posaune, in: Das Orchester 7/8:1978, S. 566–570

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Karlheinz Weber: Die deutsche Posaune, in: Das Orchester 7/8:1978, S. 566/567
  2. Daniel Speer: Grund-richtiger / Kurtz-Leicht-und Nöthiger / jetzt Wol-vermehrter Unterricht der Musicalischen Kunst. Oder Vierfaches Musicalisches Kleeblatt. 1678

Weblinks


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