Tsar-Bombe

Tsar-Bombe
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Nachbau der Zar-Bombe im Sarower Atombombenmuseum
Ort der Explosion
Original Tu-95, die zum Abwurf der Zar-Bombe benutzt wurde, am heutigen Standort im Luftwaffenmuseum Moskau

Die Zar-Bombe (russisch Царь-бомба/ Zar-Bomba), RDS-220[1], in der Sowjetunion mit dem Codenamen Iwan (russisch Иван) bezeichnet, war die stärkste jemals gezündete Wasserstoffbombe. Die Detonation der Bombe gilt als die größte jemals vom Menschen verursachte Explosion.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Bombe wurde am 30. Oktober 1961 um 11:32 Uhr Moskauer Zeit über dem Testgelände in der Mitjuschikabucht auf der Insel Nowaja Semlja gezündet. Sie wurde von einem modifizierten Tupolew-Tu-95-N-Bomber[2] in über 10.000 Metern Höhe abgeworfen und durch einen Fallschirm abgebremst, um dem Flugzeug ausreichend Zeit zum Verlassen des Testgebietes zu geben. Die Explosion fand in einer Höhe von etwa 4.000 m statt. Der Feuerball der Explosion berührte den Erdboden, der Atompilz erreichte kurzzeitig eine Höhe von etwa 64 km; die stabile Endhöhe dürfte zwischen 40 km und 50 km betragen haben. Die von der Bombe erzeugte Druckwelle war so stark, dass sie noch bei ihrer dritten Umrundung der Erde messbar war.

Die Sprengkraft der Bombe betrug – je nach Quelle – 50 bis 60 Megatonnen TNT-Äquivalent und war damit mehr als 3800-mal stärker als die der Hiroshima-Bombe Little Boy, deren Sprengkraft auf etwa 13 Kilotonnen TNT-Äquivalent geschätzt wird. Sie war auch etwa drei- bis viermal so stark wie Castle Bravo, die größte jemals getestete US-amerikanische Bombe.

Die von einem Team um den späteren Dissidenten Andrej Sacharow konstruierte Bombe wog 27 Tonnen, war acht Meter lang und zwei Meter breit. Militärisch war diese Bombe, unter anderem aufgrund ihres hohen Gewichtes, jedoch unbrauchbar und von vornherein als reine Machtdemonstration im Zuge des Kalten Krieges konzipiert.

Aufbau

Die Zar-Bombe war dreistufig aufgebaut, die erste Kernspaltungs-Explosion (Fission) komprimierte und zündete eine zweite Wasserstoff-Stufe, diese wiederum eine größere Dritte. Ursprünglich hatte man sogar eine Sprengkraft von 100 bis 150 Megatonnen durch Einsatz einer vierten Stufe konzipiert, verzichtete aber auf den anfangs dafür geplanten Mantel aus Uran-238 als vierter Spaltstufe und damit auf etwa 50 Prozent des möglichen Potenzials. Der für den radioaktiven Fallout wesentlich verantwortliche Fissionsanteil betrug somit nur noch 3 Prozent, der Rest der Energie wurde durch vergleichsweise falloutarme Kernfusion erzeugt. Dadurch wurde diese Bombe zu der „saubersten“ jemals eingesetzten Atombombe, in Relation zu ihrer Sprengkraft. Ein Test der vollständigen Version hätte die weltweite radioaktive Belastung durch Atomtests um etwa 25 Prozent erhöht.

Eine große Herausforderung bei der Konstruktion dieser Bombe war auch die Herstellung eines Fallschirms, welcher die 27 Tonnen schwere Bombe nach dem Abwurf trug. Als Materialien wurden hierbei unter anderem Kunstseidenfilamente verwendet. Die Bombe wurde innerhalb von nur 14 Wochen entwickelt und gebaut, nachdem Chruschtschow das Projekt am 10. Juli 1961 bestätigt hatte.

Motivation

Die Theorie einer reinen Machtdemonstration wird aus heutiger Sicht wieder kritisch gesehen, da hiermit die Gefährlichkeit der sowjetischen Machthaber sowie der Entwicklung der Zar-Bombe kaum heruntergespielt werden konnte, was eventuell im Interesse der Machthaber gelegen haben könnte. Es gab zudem mit dem Beginn der Entwicklung der riesigen Interkontinentalrakete UR-500 ein Trägermittel und ein tragfähiges Gesamtkonzept für einen möglichen Einsatz. Was nun die Gründe für die Einstellung des Projektes tatsächlich waren, wird man wohl nie genau erfahren können. Mögliche Punkte dafür waren wohl die schwer zu realisierende Geheimhaltung, die außerordentlich hohe Anfälligkeit für Erstschläge des Gegners, die relativ lange Startvorbereitung, die sich entwickelnde Möglichkeit der Abwehr sowie die Änderung der Nukleardoktrin von relativ wenigen großen Bomben zu vielen kleineren Gefechtsköpfen. Die UR-500 wurde später zur Proton weiterentwickelt und ist in modifizierter Form bis heute als Trägerrakete im Einsatz.

Sprengkraft

Kurze Zeit nach dem Test schätzten die Vereinigten Staaten die Sprengkraft der Zar-Bombe auf etwa 57 Megatonnen TNT-Äquivalent. Diese Angabe wurde 30 Jahre lang beibehalten und gleichermaßen von westlichen und sowjetischen Quellen zitiert. Sollte diese Zahl stimmen, wäre diese Differenz von 14 Prozent zwischen geschätzter, erwarteter und tatsächlich eingetretener Sprengkraft keine außerordentliche Abweichung. Zum Beispiel variierten die Schätzungen zur Stärke der Hiroshima-Bombe von 12 bis 16 Kilotonnen, eine Differenz von 33 Prozent. Noch größer war das Missverhältnis von Vorhersage und tatsächlicher Sprengkraft bei der Explosion der Feststoff-H-Bombe Castle Bravo. Diese war mit etwa 15 Megatonnen etwa zweieinhalbmal so hoch wie ursprünglich angenommen.

In seinen Memoiren (1974) schreibt Chruschtschow (Seite 71): „Unsere Wissenschaftler berechneten im Vorfeld, dass die Kraft der Bombe 50 Millionen Tonnen TNT gleichkommen würde. Jedenfalls theoretisch. Tatsächlich stellte sich heraus, dass die Explosion äquivalent zu 57 Millionen Tonnen war.“ Dennoch findet sich in allen seit 1991 erschienenen russischen Quellen die Zahl 50 Megatonnen.

Da die von den Amerikanern höher geschätzte Sprengkraft eine umso spektakulärere Demonstration der sowjetischen Fähigkeiten im Bereich der Kernwaffen darstellte, gab die Sowjetunion danach die höhere anstatt der von den eigenen Experten berechneten Zahl an.

Durch die immense Explosion umrundete die Schockwelle mehrmals den Globus. Der erste Impuls ging durch die Erdkugel hindurch und war sogar auf der dem Testgebiet entgegengesetzten Erdseite messbar. Die dritte Wiederankunft der Schockwelle am Ursprungsort war hingegen nur noch mit hochempfindlichen Instrumenten messbar. Es handelt sich dabei um die stärkste vom Menschen verursachte Geoaktivität, die jemals herbeigeführt wurde.

Größenvergleich

Ein Kubikmeter TNT wiegt 1,65 Tonnen. Wollte man die Explosionswirkung der Zar-Bombe (57 Millionen Tonnen TNT) mit konventionellem Sprengstoff erreichen, so müsste man 34,6 Millionen Kubikmeter TNT zünden, was das Volumen eines Würfels von 326 Metern Kantenlänge ist. Diese Menge TNT wäre in etwa das 14-fache Volumen und 9-fache Gewicht der Cheops-Pyramide.

Einzelnachweise

  1. S. J. Zaloga, The Kremlin's Nuclear Sword, Smithsonian Institution Press, Washingthon and London, 2002, p. 51-52
  2. http://www.fas.org/nuke/guide/russia/bomber/tu-95.htm

Weblinks

73.8554.57Koordinaten: 73° 51′ 0″ N, 54° 30′ 0″ O


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