Tur-Sinai

Tur-Sinai

Naftali Herz Tur-Sinai (* 13. November 1886 als Harry Torczyner in Lemberg, damals Österreich-Ungarn, heute Ukraine; † 17. Oktober 1973 in Jerusalem) war ein bedeutender israelischer Philologe und Bibelausleger. Er ist der Schöpfer einer deutschsprachigen Bibelübersetzung des Alten Testaments.

Inhaltsverzeichnis

Lebensgeschichte

Mit sechs Jahren kam er nach Wien, ging dort zur Schule und studierte von 1905 bis 1909 Philologie. Er schloss sein Studium mit der Promotion zum Dr. phil ab. Gleichzeitig besuchte Tur-Sinai die Israelisch-Theologische Lehranstalt des Rabbinats in Wien. Nach einem kurzen Studienaufenthalt in Berlin wurde Tur-Sinai Lehrer am neu gegründeten hebräischen Gymnasium in Jerusalem (1910–1912), Privatdozent für semitische Sprachen an der Wiener Universität (1912–1919) und Dozent an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin (1919–1933). In dieser Zeit entstand die erste Auflage seiner Übersetzung der Hebräischen Bibel. Ab 1933 wirkte Tur-Sinai an der Hebräischen Universität Jerusalem. Als Professor für Hebräisch galt er nach Gründung des Staates Israel 1948 als einer der besten Kenner der hebräischen Sprache in Israel.

Tur-Sinais Bibelübersetzung

Tur-Sinais Bibelübersetzung verfolgt den sogenannten strukturtreuen Ansatz (siehe Bibelübersetzung). Die Bücher sind gemäß der Reihenfolge der hebräischen Heiligen Schrift angeordnet. Als Kenner des Talmuds ließ sich Tur-Sinai bei der Übersetzung bewusst von traditionellen jüdischen Auslegungen leiten. Daraus ergeben sich für an christliche Übersetzungen gewohnte Leser teilweise überraschende Lesarten. Tur-Sinai kommentiert diese Lesarten und begründet auch andere Übersetzungsentscheidungen im Anhang der Druckausgabe.

Leseprobe Gen 4,6–7:

Da sprach der Ewige zu Kain: „Warum verdrießt es dich, Warum ist dein Angesicht gesenkt? Ob du das bessre Teil erhältst, ob nicht das bessre – zur Tür hin, Sünde, kauernd (oder: „zum Ausverkauf am Weizen kauernd“), muss doch zu dir sein Hunger, und du wirst ihn beherrschen.“

Tur-Sinais Kommentar (gekürzt):

„In der Anrede Gottes an Kain, hält die Übersetzung zwei Möglichkeiten offen, die sich schon in den Ansichten der talmudischen Autoritäten Rab und Schemuel widerspiegeln […], dass hattat hier nicht Sünde, sondern […] Getreide bezeichnet, und erst diese Erkenntnis ermöglicht es, die so viel missverstandene Stelle in ihrem Sinn zu erkennen. Hier tröstet […] Gott Kain für den Verlust des Erstgeburtsrechts [… damit], dass sein Bruder […] zur Zeit der Hungersnot zu ihm […] wird kommen müssen.“

Quellen

  • Die Heilige Schrift. Ins Deutsche übertragen von Naftali Herz Tur-Sinai; Holzgerlingen: Hänssler, 1993; ISBN 3775120408

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