Turkish Airlines-Flug 981

Turkish Airlines-Flug 981
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Turkish Airlines-Flug 981
Zusammenfassung
Datum 3. März 1974
Typ Explosive Dekompression
Ort Ermenonville, Frankreich
Getötete 346 (alle Passagiere + Crew)
Flugzeug
Flugzeugtyp McDonnell Douglas DC-10-10
Fluggesellschaft Turkish Airlines
Kennzeichen TC-JAV
Passagiere 333
Besatzung 13
Überlebende 0

Flug 981 war ein Linienflug der türkischen Fluggesellschaft Turkish Airlines, welcher am 3. März 1974 vom Flughafen Istanbul (Atatürk) startete und nach einer Zwischenlandung in Paris-Orly das Ziel London-Heathrow hatte. Das Flugzeug war eine McDonnell Douglas DC-10, registriert unter dem Namen TC-JAV und dem Flugzeugnamen Ankara. Die Maschine stürzte nach dem Zwischenstopp kurz nach Flugbeginn in Frankreich in der Nähe von Paris, genauer in Senlis, in einem Wald ab. Auch bekannt als die Flugkatastrophe von Ermenonville, kamen bei dem Absturz alle 346 Menschen an Board ums Leben. Diese Katastrophe war bis zum Absturz des Japan-Airlines Flugs 123 1985 der schwerste Flugunfall aller Zeiten in der Geschichte des Luftverkehrs beim Absturz eines einzelnen Flugzeugs. Die Flugzeugkatastrophe von Teneriffa 1977 ist jedoch das bislang schwerste nicht durch Terroristen verursachte Flugzeugunglück.

Die Ursache der Katastrophe war das Versagen einer Frachtluke an der DC-10 durch unsachgemäßes Verschließen, welches eine explosive Dekompression verursacht hatte. Dabei stürzte der Kabinengang der Maschine ein und führte dazu, dass wichtige Kabel und Leitungen für die Steuerung der Maschine zerstört wurden, welche im unteren Bereich des Gangs installiert waren, wodurch die Maschine nicht mehr kontrollierbar war. Es wurde bekannt, dass dieses Problem bereits beim Hersteller nach einem ähnlichen Vorfall im Juni 1972 bekannt war und durch eine Umrüstung an der Frachttür hätte behoben werden können. Zwei DC-10-Maschinen, die ursprünglich für die japanische Fluggesellschaft All Nippon Airways gebaut waren, wurden, nachdem sich die Airline anders entschieden hatte, ohne Änderungen an der Ladeluke vorzunehmen, im September 1972 an Turkish Airlines ausgeliefert. Eine der Maschinen war die Unglücksmaschine des Flugs 981. McDonnell Douglas' Reputation wurde nach Bekanntgabe dieser Tatsache erheblich in Mitleidenschaft gezogen und die DC-10 geriet ins Zwielicht.

Inhaltsverzeichnis

Flugzeugdaten

Unfall

Flug 981 startete in Istanbul und landete kurz nach 11:00 Uhr morgens in Paris-Orly. Die McDonnell Douglas DC-10 hatte 167 Passagiere und 13 Crew-Mitglieder an Board. 50 Passagiere beendeten ihren Flug in Paris. Der zweite Flugabschnitt von Paris nach London war nicht voll ausgebucht, doch aufgrund eines Streiks bei der British European Airways (BEA) wurden viele Passagiere, die in Paris gestrandet waren und nicht weiter nach London konnten, auf den Flug 981 umgebucht. Unter ihnen waren 17 englische Rugby-Spieler, die einen Tag zuvor zu einem Nationalmannschaftsspiel in Frankreich angetreten waren. Außerdem waren mehrere Fashion-Models, 48 japanische Bank-Management Auszubildende und viele andere Passagiere aus einem Dutzend anderer Länder an Board.

Die Maschine startete um 12:30 Uhr in Orly. Es flog in östliche Richtung und korrigierte dann Richtung Norden, um nicht über Paris fliegen zu müssen. Der Tower in Orly gab Flug 981 die Flugfläche FL230 frei. Die Piloten drehten danach Richtung Westen und nahmen Kurs auf London. Nachdem die Maschine, sich immer noch im Steigflug befindend, den Ort Meaux überflog, hatte der Tower in Orly verzerrte Funksprüche vom Flug 981 wahrgenommen: Während die Piloten Türkisch sprachen, wurden die Wörter „pressurization (Druckausgleich)“ und „Overspeed (Höchstdrehzahl)“ erwähnt. Außerdem war folgender Satz zu hören: „the fuselage has burst“ – auf deutsch: „der Flugzeugrumpf ist gebrochen“.

Der Flug verschwand kurz daraufhin vom Radar und das Wrack der Maschine wurde kurze Zeit später im Ermenonviller Wald gefunden, ganz in der Nähe der Stadt Senlis. Die Zerstörung war enorm: Durch die Wucht zerbrach die Maschine in mehrere kleine Teile, viele der Teile konnten nicht zugeordnet werden. 346 Menschen kamen dabei ums Leben, 13 von ihnen waren Besatzungsmitglieder. Nur 40 Leichen konnten visuell identifiziert werden, die Identität von 9 Passagieren konnte nie ermittelt werden.

Die Zerstörung der Maschine war so extrem, dass Experten beim unmittelbaren Eintreffen am Unfallort davon ausgegangen waren, dass eine Bombe detoniert und dieses Unglück verursacht haben könnte. Türkische Reporter haben darüber spekuliert, dass Terroristen ursprünglich eine BEA-Maschine sprengen wollten und durch den Streik gezwungen waren, ihre Pläne auf das türkische Flugzeug zu übertragen, da zwei Terrororganisationen sich bei den Behörden gemeldet hatten und sich für den Anschlag bekennen wollten.[1] Diese Spekulationen erwiesen sich aber als falsch.

Untersuchungen

Der Flugschreiber der DC-10 konnte schnell gefunden werden. Die Untersuchungen am Flugdatenschreiber und Stimmenrekorder ergaben, dass die Maschine nach einer Explosion erhebliche Probleme bekommen hatte und das Flugzeug nicht mehr kontrollierbar war, nachdem es Meaux überflogen hatte. Der Explosion folgte ein lautes Luftrauschen und gleichzeitig fiel das mittlere, in der Leitwerkmitte angeordnete Triebwerk (Triebwerk Nr. 2) aus. Während dieser Ereignisse hatte einer der Piloten den Knopf für die Funkübertragung am Mikrophon betätigt und das Chaos im Cockpit über den Funkverkehr übermittelt.

Das Flugzeug erreichte schnell eine 20°-Stellung mit der Nase nach unten und fing an Geschwindigkeit aufzunehmen, während Kapitän Nejat Berkoz und 1. Offizier Oral Ulusman versuchten, die Maschine wieder unter Kontrolle zu bekommen. Mit zunehmender Geschwindigkeit hat sich die Nase der Maschine immer weiter nach unten geneigt und Kapitän Berkoz schrie „Speed!“ – auf deutsch „Schub!“ und begann zu beschleunigen, um wieder an Höhe zu gewinnen. Es war jedoch zu spät und die DC-10 stürzte 72 Sekunden nach der Dekompression im Wald mit einer Geschwindigkeit von 430 Knoten (796 Kilometer pro Stunde) ab. Die hohe Geschwindigkeit führte zu der großen Zerstörung der Maschine.

Das Wrack der Maschine war so enorm zerstückelt, dass die vielen Teile des Flugzeugs nicht zugeordnet werden konnten und man nicht wusste, ob Teile fehlten oder nicht. Nachdem die Piloten die Anweisung vom Fluglotsen in Orly bekamen, die Maschine auf die Flugfläche FL 230 zu bringen, sah dieser ein zweites Echo auf dem Radar, welches hinter dem Flugzeug befand und sich nicht bewegte[2] . Ein baldiger Anruf eines Bauern erklärte dieses Echo: Er berichtete, dass die hintere Laderaum-Luke unter dem Fußboden der Kabine mit den Teilen des Kabinengangs und sechs Personensitzen (in denen noch tote Passagiere saßen) in der Nähe der Stadt Saint-Pathus in ein Rübenfeld gestürzt waren, etwa 15 Kilometer südlich von der Hauptabsturzstelle.

Französische Unfallermittler fanden heraus, dass die hintere Laderaum-Luke versagt hatte und aus dem Flugzeug gerissen wurde. Das führte zu einer Dekompression des Frachtraums, nicht jedoch des Passagierraums. Die hohe Druckdifferenz zwischen den beiden Räumen führte zum Einbruch des Kabinenbodens im hinteren Bereich der Maschine. Dadurch wurde ein Teil der Kabinensektion rausgerissen und durch die offene Luke und das dadurch entstandene Loch nach draußen geschleudert. Wichtige Kabel und Leitungen, die unter dem Fußboden lagen, wurden getrennt, und die Piloten verloren die Kontrolle über das Flugzeug. Das Höhenleitwerk, das Ruder und das Triebwerk Nummer zwei fielen aus. Ohne diese Steuerungen war es unmöglich, das Flugzeug zu kontrollieren.

Gründe des Unfalls

Die Passagierraumtüren der DC-10 waren Drehschwenktüren und verhinderten das Öffnen während des Flugs, da das Flugzeug unter Druck gesetzt wurde. Die Ladeluke aber nicht. Diese konnte theoretisch geöffnet werden. Wegen seines großen Radius konnte die Ladeluke auf der DC-10 nicht in den Laderaum geschwungen werden, ohne dass ein beträchtlicher Bereich des Laderaums dafür geopfert werden musste. Statt dessen wurde die Luke nach außen geöffnet und erlaubte dadurch direkt hinter der Luke Ladung aufnehmen zu können. Die nach außen öffnende Luke erlaubte es im Falle eines unsachgemäßen Verschließens durch den Druck innerhalb des Laderaums herausgerissen zu werden. Die für diesen Typ Tür eingesetzte Verriegelungsart war nicht ausreichend, da es vor dem Unglück bereits zu einem Zwischenfall durch denselben Grund kam: Am 12. Juni 1972 gab es einen Zwischenfall bei einer DC-10-10 der American Airlines. Die hintere Frachtraumtür öffnete sich während des Flugs, was zu einem plötzlichen Druckverlust und dem Einbruch des Kabinengangs im hinteren Bereich der Maschine führte. Glücklicherweise konnte die DC-10 noch nach Detroit zurückkehren. In der Geschichte der DC-10 wird dieser Unfall auch als „Windsor Incident“ bekannt, eine kanadischen Ortschaft in Ontario, über der dieser Unfall passierte.

Als Folge dieses Zwischenfalls wurde am 3. Juli 1972 ein Service-Bericht von McDonnell Douglas und der US-amerikanischen Luftfahrtbehörde FAA erlassen, der eine Umrüstung der Frachttür mit einem neuen Verriegelungssystem vorsah. Es wurden Listen herausgegeben, auf denen die Maschinen verzeichnet wurden, die umgerüstet werden sollten. Darauf waren alle bisher ausgelieferten DC-10 der Betreiber American Airlines, United Airlines, National Airlines und Continental Airlines, es fehlten jedoch zwei Flugzeuge, die ursprünglich vom japanischen Leasingunternehmen Mitsui für die All Nippon Airways bestellt wurden. All Nippon zeigte jedoch kein Interesse mehr an den Maschinen und entschied sich für einen anderen Flugzeugtyp. Die beiden DC-10 mit den Baunummern 29 und 33 wurden schließlich im September an Turkish Airlines abgegeben und von der Gesellschaft für Auslandsflüge nach Europa und Asien eingesetzt. Die Maschine mit der Baunummer 29 war die Unglücksmaschine von Flug 981.

Die Änderungen an der Frachtluke der DC-10 wurden von der NTSB und der FAA empfohlen. Die NTSB hat ein elektrisches System vorgeschlagen, welches gesetzlich vorgeschrieben werden sollte. Jedoch hat sich die FAA dafür ausgesprochen, dass ein Upgrade an der Luke vorgenommen werden sollte, aber nicht gesetzlich festgeschrieben werden müsste, da dieser Vorgang mit hohen Kosten verbunden wäre. Schließlich haben sich beide Organisationen und der Hersteller darauf geeinigt, dass Änderungen nicht vorgenommen werden müssten.

Die „Ankara“ wurde drei Monate nach dem Windsor-Vorfall ausgeliefert. Eine Änderung an der Luke hätte somit vorgenommen werden können. Die Änderung wäre aber mit Verzögerungen verbunden gewesen, die wiederum Kosten für den Hersteller bedeutet hätten. Daher wurde die Änderung an der Unglücksmaschine nicht vorgenommen, was sich später als Fehler herausstellte.

Mohammed Mahmoudi, der Gepäckdienst-Mitarbeiter, der die Luke auf dem Flug 981 geschlossen hatte, bemerkte, dass keine besonders große Kraft erforderlich war, um den Verriegelungs-Griff zu schließen. Ermittlungsbeamte schlossen daraus, dass das System schon bereits vorher nicht mehr intakt war.

Eine andere Änderung, die nach dem American-Airlines-Flug-96-Vorfall durchgeführt wurde, war die Anbringung eines kleinen Fensters, mit dem man die Verriegelung der Luke kontrollieren konnte. Jedoch wurde Mahmoudi nicht auf die Wichtigkeit dieses Fensters hingewiesen. Ihm war gesagt worden, dass solange der Verriegelungs-Griff richtig verschlossen und die Überdruck-Ventilklappe gleichzeitig geschlossen sei, die Luke sicher verschlossen wäre. Außerdem wurden die Arbeitsanweisungen bezüglich des Anzeigefensters auf dem Flugzeug auf Türkisch und Englisch angebracht, aber Mahmoudi konnte keine der Sprache lesen, weil er Algerier war.

Die Aufgabe zur Sicherstellung, dass alle Türen und Luken verschlossen sind, war entweder die des Bordingenieurs der Maschine oder des Chief Ground Ingenieurs von Turkish Airlines. Jedoch hatte die Gesellschaft so einen Ingenieur vor Ort nicht im Dienst, und auch der Bordingenieur führte diese Überprüfung nicht persönlich durch. Die Medien forderten, dass man Mahmoudi verhaften sollte, die Experten konnten es sich jedoch nicht vorstellen und befanden es als unrealistisch, dass ein ungebildeter, schlecht bezahlter Gepäckdienst-Arbeiter, der nicht die Warnhinweise lesen konnte, für die Sicherheit des Flugzeugs verantwortlich sein sollte.

Vergleichbare Zwischenfälle

Einzelnachweise

  1. "Turkish 981", Pilotfriend
  2. Special Report Turkish Airlines Flight 981: Air.Desaster.com

Weblinks


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