Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz
Basisdaten
Titel: Gesetz über ergänzende Vorschriften
zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten
nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG
Kurztitel: Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz
Abkürzung: UmwRBehG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Verwaltungsrecht, Umweltrecht
Fundstellennachweis: 2129-46
Datum des Gesetzes: 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2816)
Inkrafttreten am: 15. Dezember 2006
Letzte Änderung durch: Art. 11a G vom 11. August 2010
(BGBl. I S. 1163, 1168)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
18. August 2010
(Art. 14 G vom 11. August 2010)
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Das Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) ist ein deutsches Bundesgesetz, mit dem erstmals im deutschen Recht die erweiterte Vereins- bzw- Verbandsklage gegen bestimmte umweltrechtliche Zulassungsentscheidungen für Industrieanlagen und Infrastrukturmaßnahmen eingeführt wird.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Das Gesetz dient der Anpassung des Bundesrechts an die zwingenden europarechtlichen Vorgaben. Die EG-Richtlinie 2003/35/EG war bis zum 25. Juni 2005 in deutsches Recht umzusetzen. Die Bundesregierung kam mit der Umsetzung in Verzug. Ein Gesetzentwurf wurde nach Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens erst im August 2006 ins Parlament eingebracht und als besonders eilbedürftig gekennzeichnet.

Die Richtlinie 2003/35/EG diente ihrerseits der Umsetzung des UN/ECE-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungen und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (sog. Aarhus-Konvention).

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz wurde am 14. Dezember 2006 im Bundesgesetzblatt (Teil I 2006 Nr.58, S. 2816) veröffentlicht und ist am folgenden Tag in Kraft getreten. Ein weiteres ebenfalls am gleichen Tag in Kraft getretenes Bundesgesetz zur Umsetzung der Aarhus-Konvention ist das sog. Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetz. Die Europäische Kommission hat das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Vertragsverletzungsverfahren im Januar 2007 zurückgenommen.

Um die Umsetzung der Öffentlichkeits-Richtlinie bzw. der Aarhus-Konvention ist in Deutschland ein intensiv geführter jurisitischer Streit entstanden. Im Mittelpunkt stand und steht dabei die Frage, in welchem Umfang den Umwelt- und Naturschutzverbänden eine Klagemöglichkeit eingeräumt werden soll.

Verbandsklage

Mit dem Gesetz wird erstmal in größerem Rahmen die Verbandsklage in das deutsche Verwaltungsprozessrecht eingeführt. Grundsätzlich folgt die deutsche Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dem System des Individualrechtsschutzes. Gemäß § 42 Absatz 2 VwGO ist nur derjenige klagebefugt, der geltend macht, durch den Verwaltungsakt in eigenen Rechten (subjektiv-öffentliches Recht) verletzt zu sein. Gegen die Genehmigung umweltgefährdender Industrieanlagen waren bisher grundsätzlich nur die Nachbarn klagebefugt, nicht aber sonstige Interessenverbände, die sich als Sachwalter der Umwelt begriffen haben. Lediglich im Bereich des Naturschutzrechtes gab es begrenzte Möglichkeiten der Verbandsklage (§ 64 BNatSchG).

Dieser Grundsatz bekommt durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz eine starke Einschränkung. Für bestimmte umweltrechtliche Entscheidungen und Genehmigungen haben nun auch anerkannte Verbände ein Klagerecht und können vor den Verwaltungsgerichten die Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides rügen. Insbesondere kann auch gerügt werden, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeblieben ist.

Allerdings hat sich damit lediglich der Kreis der Klageberechtigten erweitert; inhaltlich einer gerichtlichen Überprüfung zuführen können die klageberechtigten Verbände nur das, was bislang auch ein sog. subjektiv Betroffener geltend machen kann. Nicht umfasst sind dabei z. B. Aspekte die Klimaschutzes, auch nicht bei einem beabsichtigen Vorhaben wie z. B. der Bau eines Kohlekraftwerkes.

Dies wird zunehmend kritisch gesehen, ist die Aarhus-Konvention und damit auch die sie umsetzende EU-Öffentlichkeits-Richtlinie doch angetreten, die Bürger und insbesondere ihre Vereinigungen zu mobilisieren, sich verstärkt für den Umweltschutz einzusetzen, um so den Vollzugsdefiziten gerade in diesem Bereich entgegenzuwirken.

Der EuGH urteilte am 12. Mai 2011 im „Trianel-Verfahren“[1], dass eine die Klagerechte von Umweltvereinigungen einschränkende Regelung in § 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gegen EU-Recht verstößt. Die Bundesrepublik Deutschland muss nun die Klagerechte von Umweltvereinigungen erweitern. Bis zum Inkrafttreten einer Gesetzesänderung können sich anerkannte Umweltvereinigungen zur Begründung ihrer Klagerechte unmittelbar auf das EU-Recht berufen.[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. EuGH, Urt.v. 12. Mai 2011, Az. C-115/09, -Trianel- [1]
  2. Zitat aus den Informationen des Umweltbundesamtes (UBA) vom 29. Juni 2011 [2] u.a. mit einer rechtlichen Stellungnahme des UBA (pdf-Datei)[3]

Literatur

  • Ziekow, Jan: Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz im System des deutschen Rechtsschutzes. in: NVwZ 2007, S. 259–267
  • Ewer, Wolfgang: Ausgewählte Rechtsanwendungsfragen des Entwurfs für ein Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. In: NVwZ, 2007, 267ff.
  • Schlacke, Sabine: Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz. In: Natur und Recht, 2007, 8 ff.
  • Schumacher, Jochen: Umweltrechtsbehelfsgesetz. In: UPR 2008, S. 13ff.
  • Genth, Mario: Ist das neue Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz europarechtskonform? In: Natur und Recht, 2008, 28ff.
  • Schmidt/ Kremer,Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und der „weite Zugang zu den Gerichten“, Zur Umsetzung der auf den Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten bezogenen Vorgabenb der sog. Öffentlichkeitsrichtlinie 2003/35/EG. In: ZUR 2007, 57ff.
  • Kment, Das neue Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und seine Bedeutung für das UVPG. In: NVwZ 2007, 274ff.
  • Lukas, Andreas: Die Klage von Umweltverbänden gegen Bebauungspläne nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz. Teil 1 in: Recht der Natur-Schnellbrief, Nr. 165 (2/2011) , 16 ff. Teil 2 in: Recht der Natur-Schnellbrief Nr. 166 (Mai/Juni 2011), 26 ff.

Weblinks

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