Verbandsklage

Verbandsklage

Als Verbandsklage wird die Klage von Vereinen oder Verbänden bezeichnet, mit der diese nicht die Verletzung eigener Rechte geltend machen, sondern die der Allgemeinheit.

In der Schweiz wird das Recht, eine solche Klage zu erheben, als Verbandsbeschwerderecht bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Deutschland

Im deutschen Recht gibt es mittlerweile in den verschiedenen Rechtsgebieten unterschiedlich ausgeprägte Möglichkeiten, eine Verbandsklage zu erheben.

Verbandsklagen im Verwaltungsrecht

Besondere Bedeutung kommt Verbandsklagen im Umweltrecht zu. Grundsätzlich liegt dem deutschen Verwaltungsprozessrecht das System des Individualrechtsschutzes zugrunde. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist nur derjenige klagebefugt, der geltend macht, durch den Verwaltungsakt in eigenen Rechten (subjektiv-öffentliches Recht) verletzt zu sein. Ein Umweltschutzverband kann daher nicht ohne weiteres gegen größere Projekte vorgehen, die in die Umwelt eingreifen. Wenn Umweltverbände etwa gegen einen Autobahnbau vorgehen wollten, konnten sie nur klagen, wenn sie selbst Grundstücke im Bereich der Baumaßnahme hatten, die dadurch beeinträchtigt wurden. Dies führte dazu, dass einige Umweltverbände kurzfristig dort sogenannte Sperrgrundstücke erworben hatten, um so eine Klagebefugnis zu erlangen. Dieses Verhalten wurde aber als rechtsmissbräuchlich angesehen.

Naturschutzrecht

Im Naturschutzrecht gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit für Naturschutzverbände – eine förmliche Anerkennung vorausgesetzt – gegen Entscheidungen von Bundesbehörden Rechtsmittel einzulegen, sprich eine Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Für die überwiegende Zahl derartiger Verfahren, die von Landesbehörden durchgeführt werden, gilt das jeweilige Landes-Naturschutzgesetz.

Das Verbandsklagerecht im Naturschutzrecht ist seit 2002 im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verbindlich geregelt (früher Ländersache). Im Abschnitt 8 BNatSchG ist die Mitwirkung von Vereinen geregelt, insbesondere in § 64 BNatSchG „Rechtsbehelfe“ von Vereinen. Die Bundesländer können das Verbandsklagerecht ausdehnen auf Verfahren und Tatbestände, die in ihrer eigenen Verantwortung stehen.

Klagen gegen Bundesbehörden sind nur möglich bei

Darüber hinaus entsprechen die Klagerechte der Naturschutzverbände grundsätzlich denen von Einzelpersonen. Sie können beispielsweise gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Informationszugang klagen, da der Zugang zu Umweltinformationen zu ihren Rechten gehört oder gegen ein Bauvorhaben, sofern es ihre Rechte beeinträchtigt.

Der EuGH urteilte am 12. Mai 2011 im „Trianel-Verfahren“[1], dass eine die Klagerechte von Umweltvereinigungen einschränkende Regelung in § 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz gegen EU-Recht verstößt. Die Bundesrepublik Deutschland muss nun die Klagerechte von Umweltvereinigungen erweitern. Bis zum Inkrafttreten einer Gesetzesänderung können sich anerkannte Umweltvereinigungen zur Begründung ihrer Klagerechte unmittelbar auf das EU-Recht berufen.[2]

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz

Mit dem Ende 2006 in Kraft getretenen Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz wurde die Position der Umweltverbände entscheidend gestärkt. Sie haben nun auch die Möglichkeit, gegen bestimmte umweltrechtliche Zulassungsentscheidungen für Industrieanlagen (insbesondere nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz) und Infrastrukturmaßnahmen gerichtlich vorzugehen. Für bestimmte umweltrechtliche Entscheidungen und Genehmigungen haben die anerkannten Verbände damit ein Klagerecht und können vor den Verwaltungsgerichten die Rechtswidrigkeit des Genehmigungsbescheides rügen. Insbesondere kann auch gerügt werden, dass eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung ausgeblieben ist.

Zu den Auswirkungen der Trianel-Entscheidung des EuGH vom 12. Mai 2011 vgl. oben.

Behindertengleichstellungsgesetz

Das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen enthält in § 13 BGG ein Verbandsklagerecht, nachdem ein anerkannter Behindertenschutzverband Klage nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung oder des Sozialgerichtsgesetzes erheben kann auf Feststellung eines Verstoßes gegen bestimmte behindertenschutzrechtliche Vorschriften.

Zivilrecht

Auch im deutschen Zivilrecht gibt es die Möglichkeit für Verbände gerichtlich im Rahmen ihres Verbandszwecke tätig zu werden.

Insbesondere steht hierbei die Möglichkeit im Vordergrund, dass Verbraucherschutzverbände auf Unterlassung oder Widerruf zur Durchsetzung von Verbraucherschutzvorschriften Klage nach dem Unterlassungsklagengesetz erheben. Da Individualbeschwerden in der Regel nur unzureichend für die Durchsetzung des Verbraucherschutzes vor unlauteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen sein können, wurde mit dem Unterlassungsklagengesetz ein eigenständiges Verbandsklagerecht geschaffen, das ansonsten im deutschen Zivilprozess nur ausnahmsweise zulässig ist.

Auch in anderen Gesetzen, so etwa in § 8 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, wird Verbänden die Möglichkeit gegeben, zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen Klage auf Beseitigung oder Unterlassung einer unlauteren Handlung zu erheben.

Österreich

Konsumentenschutzgesetz

Auch das österreichische Konsumentenschutzgesetz kennt die Verbandsklage zum Schutz der Verbraucher. Auch hier handelt es sich um eine Rechtsposition, die von dem ansonst im auch im österreichischen Privatrecht üblichen Grundsatz abweicht, dass nur der Beschwerte selbst seine Rechte klagsweise durchsetzen kann, abweicht.

Durch die Verbandsklage im Konsumentenschutzgesetz ist es möglich, dass bestimmte Organisationen (aufgezählt in § 29Vorlage:§/Wartung/RIS-Suche Abs. 1 KSchG) wie etwa die Bundesarbeiterkammer, die Wirtschaftskammer Österreich oder der Verein für Konsumenteninformation ohne „persönlich“ betroffen zu sein klagsweise die Einhaltung des Konsumentenschutzgesetzes verlangen können.

Einzelnachweise

  1. EuGH, Urt.v. 12. Mai 2011, Az. C-115/09, -Trianel- [1]
  2. Zitat aus den Informationen des Umweltbundesamtes (UBA) vom 29. Juni 2011 [2] u.a. mit einer rechtlichen Stellungnahme des UBA (pdf-Datei)[3]

Weblinks

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