Ursprungslandprinzip

Ursprungslandprinzip

Mit Herkunftsland- bzw. Ursprungslandprinzip bezeichnet man mehrere Prinzipien, die die Rechtsstellung von Waren- und Dienstleistungsanbietern in einem Gemeinsamen Markt wie z. B. der Europäischen Union im grenzüberschreitenden Verkehr regeln. Dabei finden die Regeln des Herkunftslandes Anwendung.

Besteuerung

Unter Ursprungslandprinzip im Sinne des deutschen Umsatzsteuergesetzes versteht man die Besteuerung einer Lieferung oder Leistung mit dem Steuersatz des Ursprungs- oder Herkunftslandes. Das bedeutet, dass auch der Endverbraucher mit der Umsatzsteuer des Ursprungslandes belastet wird.

Dieses Verfahren wird angewendet bei Warenbewegungen im privaten Reiseverkehr (ausgenommen Neufahrzeuge), beim innergemeinschaflichen Erwerb unterhalb der Erwerbsschwelle (in Deutschland: 12.500 €) und bei Versendungslieferungen unterhalb der Lieferschwelle des Empfängerlandes (ausgenommen Neufahrzeuge und verbrauchsteuerpflichtige Waren: Lieferschwellen der einzelnen EU Länder zwischen 27.889 € und 100.000 € (März 2003)).

In der EU konnte das Herkunftslandprinzip bis heute formal nicht verwirklicht werden. Das Bestimmungslandprinzip wurde weitgehend beibehalten. Tatsächlich gilt mangels der im Vertrag von Maastricht angestrebten Harmonisierung auf hohem Niveau Richterrecht. Dieses führt - falls denn geklagt wird - zwangsläufig zur Durchsetzung des Herkunftslandprinzips. Zudem befördert die EU-Kommission das Herkunftslandprinzip durch mannigfache Richtlinien. Dies hat zur Folge, dass in jedem EU-Land 27 Rechtsordnungen bestehen, von denen nur eine vom nationalen Parlament bestimmt werden kann.

Gemeinsamer Binnenmarkt

siehe Binnenmarkt

In Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Binnenmarkt der Europäischen Union besagt das Herkunftslandprinzip, dass eine Ware oder eine Dienstleistung, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaates ordnungsgemäß hergestellt und auf den Markt gebracht worden ist, vorbehaltlich bestimmter Ausnahmen grundsätzlich von diesem Mitgliedsstaat aus innerhalb der gesamten Union auf den Markt gebracht werden darf.

So durfte beispielsweise in Deutschland Bier auch dann verkauft werden, wenn es nicht dem deutschen Reinheitsgebot entsprach, wohl aber den Regelungen des Landes, in dem es hergestellt wurde.

Dienstleistungen

Im Zuge der geplanten Dienstleistungsrichtlinie sollte dieses Prinzip in der EU ursprünglich auch bei Dienstleistungen gelten. Im Dienstleistungsbereich wäre das anbietende Unternehmen dann nur den gesetzlichen Regelungen seines Heimatlandes unterworfen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass ein Dienstleistungsanbieter, der die Zulassung in einem EU-Staat besitzt, in allen Staaten tätig werden kann. Nach zahlreichen Protesten seitens globalisierungskritischer nichtstaatlicher Organisationen wie Attac, Gewerkschaften etc. wurde das Herkunftslandprinzip im Februar 2006 durch das EU-Parlament aus der geplanten Dienstleistungsrichtlinie faktisch gestrichen.

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