VERA (Tunnelbohrmaschine)

VERA (Tunnelbohrmaschine)

Die Tunnelbohrmaschine VERAVon der Elbe Richtung Alster – wurde am 15. Mai 2008 im Startschacht an der künftigen Haltestelle Überseequartier der Hamburger Hochbahn nach bergmännischer Tradition getauft und der Heiligen Barbara (Schutzgöttin der Bergleute und Tunnelbohrer) durch Bischöfin Maria Jepsen geweiht. Seitdem gräbt VERA im Schildvortriebsverfahren die beiden jeweils etwa 2,8 km langen Tunnelröhren in einer maximalen Tiefe von 42 m unter der Hamburger Innenstadt bis zur bereits vorhandenen unterirdischen Station Jungfernstieg für die neue, zunächst vier Kilometer lange U-Bahnlinie U4.

Je „Fahrt“ wurden 40 Wochen veranschlagt. Die für das Frühjahr 2009 geplante Fertigstellung der ersten Röhre geplant verschob sich in den Oktober 2009. Die Arbeiten an der zweiten Röhre begannen mit der Taufe der Maschine Anfang Januar 2010.[1] Vorm Anleger am Jungfernstieg in der Binnenalster wird dann der Bohrkopf abgetrennt, heraus gehoben – eigens dafür musste die gegen eindringendes Wasser versiegelte Unterwasserstation durch einen Spundwandschacht eröffnet werden – und in die HafenCity zurück transportiert, während die eigentliche Schildvortriebsmaschine (der „Nachläufer“) durch den Tunnel zurückgezogen wurde um (erneut mit dem Bohrkopf vereint) die zweite Röhre in Angriff zu nehmen.

Das Schneidrad des Bohrers allein – mit einem Außendurchmesser von 6,57 Metern größer als der fertige Tunnelinnendurchmesser – wiegt mit Achse knapp 62 Tonnen, die komplette Schildvortriebsmaschine ist etwa 74 Meter lang und hat ein Gewicht von insgesamt 650 Tonnen. Dies mehr als sieben Mio. Euro teure Gerät – stets eine Einzelanfertigung für die jeweilige Aufgabe und Bodenbeschaffenheit – wurde von der Firma Herrenknecht aus Schwanau entwickelt und schafft in 24 Stunden einen Vortrieb von etwa 10 Metern.

Starke Elektromotoren treiben das schwere unter Überdruck gegen Wassereinbrüche stehende Schneidrad mit Rollenmeißeln, Schälmessern und Räumern an und pressen es gegen das Erdreich, die so genannte Ortsbrust. Große Steine werden automatisch ausgesondert und zertrümmert, nur größere Findlinge (>50 cm) müssen zusätzlich „von Hand“ zerkleinert werden. Der gesamte mit einer Bentonit-Suspension (dient zugleich als Stützflüssigkeit gegen den Druck der Erdmassen und verhindert durch sein spezifisches Gewicht das Eindringen von Grundwasser) verflüssigte Abraum wird dann abgepumpt und über den Startschacht entsorgt, darum auch die Wahl der Bohrrichtung vom Hafen Richtung Innenstadt: Bequeme Ent- und Versorgung ohne große Verkehrsbeeinträchtigungen durch die Baustelle.

Die Bentonit-Suspension agiert thixotrop: Wird sie in einem Gefäß geschüttelt oder verwirbelt, reagiert sie wie eine Flüssigkeit und fließt. Kommt sie hingegen einen Moment zur Ruhe, lässt sich das Gefäß umdrehen und nichts wird herauslaufen: Im Ruhezustand bleibt sie scheinbar fest. So gelingt in einem ständigen Kreislauf der schnelle Abtransport per Rohrleitung durch den fortwährend länger werdenden Tunnel: Durch eine Zentrifuge in der Separierungsanlage in Nähe des Startschachts wird der Abraum wieder heraus gelöst und getrennt abgefahren, die gereinigte Suspension kann nun erneut verwendet werden und wird dazu zurück zur Ortsbrust gepumpt.

Zeitgleich mit dem Voranschreiten des Abräumens wird die Tunnelröhre vom in die Vortriebsmaschine integrierten Erektor mit Tübbings ausgekleidet. Dieser riesige mechanische Arm stemmt die Stahlbetonteile in einer genau festgelegten Reihenfolge an die frisch gegrabene Tunnelwand. Zum Nachschub befördert eine kleine Lorenbahn die Stahlbetonbauteile zur Maschine, wo sie ein Kran auf ein Förderband hebt, das die Tübbings zum Erektor transportiert. Bei VERA bilden jeweils sieben dieser gerundeten etwa 1,50 m breiten und 3,8 t schweren Betonelemente kreisförmig eingesetzt einen Tunnelring. An diesem soeben verlegten Tübbingring setzen dann die Hydraulikpressen des Tunnelbohrers an, um die gesamte Maschine weiter nach vorn zu drücken. Die Betontübbings werden so genau berechnet und hergestellt, dass der Tunnelring insgesamt nur maximal 10 mm vom festgelegten Maß abweichen darf damit die Röhre passgenau bleibt.

Bis zum 22. April 2008 erhielt die Hamburger Hochbahn über 1200 Namensvorschläge für den Tunnelbohrer. Über 60 % der Stimmen fielen auf V.E.R.A. Dies war bereits das zweite Mal, dass ein in bzw. unter Hamburg eingesetzter Tunnelbohrer einen Namen erhielt: TRUDE lieferte ab Oktober 1997 „ganze Arbeit“ beim Bau der vierten Elbtunnelröhre. Beim ersten Einsatz einer Schildvortriebsmaschine überhaupt in Hamburg (der erste Tunnel im Schildvortrieb war 1907 der Alte Elbtunnel) – Unterquerung der Fernbahngleise 1958/59 zum Hauptbahnhof-Süd der U-Bahnlinie U1 – waren noch keine Namen üblich.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pressemitteilung der Hochbahn vom 4. Januar 2009

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