- Vakuumentwässerung
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Vakuumentwässerung bzw. Unterdruckentwässerung bezeichnet ein Entwässerungsverfahren, bei dem mit Hilfe von Pumpen Schmutzwasser oder verstopfte Rohrleitungen von Hausanschlüssen beseitigt werden.
Der Begriff „Vakuumentwässerung“ ist zwar allgemeiner Sprachgebrauch, da im System aber lediglich ein Unterdruck und kein Vakuum erzeugt wird, ist der Begriff Vakuumentwässerung technisch nicht korrekt. In der Fachwelt wird daher der Begriff „Unterdruckentwässerung“ als korrekt angesehen und verwendet.
Die Vakuumentwässerung wurde zwar schon 1892 in der Pariser Vorstadt Levallois-Perret [1] eingesetzt, jedoch geriet das System in Vergessenheit. Es galt als unzuverlässig, waren doch die Konstruktion der Pumpstationen und die Form der Rohrverlegung noch unausgereift. Heute gilt das Verfahren als zuverlässige und gebräuchliche Technik.
Inhaltsverzeichnis
Funktion
In einer zentral angeordneten Station (Kombination von Saug- und Druckanlage) befinden sich eine oder mehrere Pumpen, die einen Unterdruck von 0,6 bis 0,7 bar gegenüber der Atmosphäre in einem oder mehreren Abwassertanks erzeugen. Über die an die Behälter angeschlossenen Rohrleitungen setzt sich der Unterdruck bis zu den Hausanschlüssen fort und liegt dort mit mindestens 0,3 bar unter dem atmosphärischen Druck an. Fällt in einem Haus Schmutzwasser an, wird von der zentralen Steuerung das Übergabeventil geöffnet und das Schmutzwasser in das Leitungssystem abgesaugt.
Bestandteile der Unterdruckentwässerung
Ein Vakuumentwässerungssystem für Gebäude besteht aus mehreren einzelnen Produktgruppen. Herzstück ist die für die Vakuumerzeugung benötigte zentrale Pumpeneinheit. Ein Vorteil der Pumpenlösung ist eine einmalige zentrale Abwasserableitung in das öffentliche Kanalnetz, ggf. auch über große Distanzen, was sich erheblich Kostenmindernd auf die Erschließungskosten auswirken kann. Für das Rohrnetz kann am Markt verfügbares Abwasserrohr eingesetzt werden. Vorteil der Vakuum-Entwässerung ist, dass man mit erheblich kleineren Rohrnennweiten (z.B. Vakuum-WC-Anschluss mit DN 40) auf allen Strecken arbeiten kann. Da Gefälle nicht notwendig ist und Abwasser auf ein Höhe von bis zu 4,5 m „liftbar“ ist, ist dieses Rohrleitungssystem flexibel in Planung und Ausführung. Auch diese gesamten Eigenschaften des Rohrleitungsnetzes wirken sich im Projektvergleich erheblich kostensenkend aus.
Angeschlossen werden können Vakuumtoiletten, Vakuumurinale und verschieden große Vakuum-Abwassersammeleinheiten als Schnittstelle für die Entwässerung aller weiteren Entwässerungsgegenstände wie Waschtische, Bodenabläufe, Wannen und/oder Duschen, Spül- oder Waschmaschinen und Freispiegelentwässerungsanlagen.
- Zentral angeordnete Pumpstation, in der der Unterdruck für den Schmutzwassertransport erzeugt wird und der oder die Abwassertank(s) angesiedelt sind.
- Das Rohrnetz mit Querschnitten von etwa d75 (DN65) bis d315
- Der Hausanschlussschacht unterteilt in einen Stauraum für anfallende Abwässer und einen Bereich für die technischen Einbauten.
Einsatzbereiche
Während das vielerorts übliche Freigefällesystem nur bei ausreichendem Gefälle angewendet werden kann und das Drucksystem in Streusiedlungen hervorragende Ergebnisse erzielt, eignet sich die Vakuumentwässerung für flache Geländeformen und hohen Grundwasserspiegel.
- Vakuumentwässerung für Gebäude
Die Vakuum- oder Unterdruck-Entwässerungstechnik wird seit Jahrzehnten in verschiedenen Bereichen wie Schiffbau, Flugzeugbau oder dem Bahnwesen erfolgreich eingesetzt.
Für den gewerblichen und privaten Hochbau bietet die Unterdruck- Entwässerungstechnik gegenüber der Freispiegelentwässerung erhebliche ökonomische und ökologische Vorteile:
- absolut gefälleunabhängig und flexibel in der Leitungsführung
- einfachste Anbindung zusätzlicher Sanitärräume = optimale Raumnutzungen
- kleinere Rohrdimensionierungen für die Abwasserleitung
- niedrigster Verbrauch an Wasser = Wasserkostenreduktion bis zu 90 %
- niedrigster Anfall an Abwasser = Abwasserkostenreduktion bis zu 90 %
- geringerer Planungs- und Koordinationsaufwand
- individuelle Lösungen für die Entwässerung bei Kühl- und Tiefkühlmöbeln
- Vakuumentwässerung für Siedlungsgebiete
Hier ist im Wesentlichen der (im Vergleich zur Freigefälleentwässerung) kostengünstige Anschluss weniger stark besiedelter Gebiete zu nennen.
Hauptvorteile gegenüber der Freigefälleentwässerung:
- Die Abwasserableitung ist gefälleunabhängig, dadurch sind wesentlich geringere Verlegetiefen möglich.
- Die Sammelleitungen können mit einem wesentlich geringeren Durchmesser verlegt werden, dadurch ist die Verlegung auch in beengten Platzverhältnissen möglich.
- Strecken ohne Seitenanschlüsse können auch in grabenloser Bauweise (gesteuerte Horizontalbohrung) verlegt werden.
- Leckagen im Rohrleitungsnetz
Eine Leckage im Rohrleitungsnetz des Vakuumsystems wird durch erhöhte Laufzeiten der Vakuumpumpen bzw. durch den Zusammenbruch des Vakuums schnell erkannt. Durch im Rohrleitungsnetz installierte Inspektionen können Leckagen schnell und mit einfachem Equipment (aufblasbarer Absperrball) und auf den Meter genau lokalisiert werden. Durch die im Abstand von etwa 100 Meter angeordneten Inspektionen oder durch die in ungefähr 450-Meter-Abständen installierten Absperrschieber können Teilstränge des Rohrleitungsnetzes abgetrennt werden. Das System bleibt somit intakt und eine Reparatur kann mit kurzen Reaktionszeiten im laufenden Betrieb erfolgen. Im Freigefälle- oder Druckentwässerungssystem führen Leckagen im Rohrleitungsnetz ggfs. zu dauerhaft unbemerktem Exfiltrieren von Abwasser, welches langfristig zu Grundwasserkontaminationen führen kann. Im Falle einer Leckage wird im Vakuumsystem ein Austreten von Abwasser durch den Unterdruck verhindert.
Sollte der Unterdruck im Rohrleitungsnetz unter ein Minimalniveau von < -0,2 bar fallen, werden die Ventile der Hausanschlussschächte nicht mehr geöffnet. Die Übernahme in das problembehaftete Rohrleitungsnetz wird sicher unterbunden und der Abwassersammeltank des Hausanschlussschachtes sowie die vorgeschriebene Rückstauebene innerhalb der Freigefälle-Zulaufleitung bilden bis zur Erholung des Vakuums einen Puffer > -0,2 bar.
Einzelnachweise
Siehe auch
Normen, Literatur und Weblinks
- EN 1091
- DWA-A 116-1 (also known as ATV-DVWK-A 116, Part 1)
- WEF (Water Environment Federation) Alternative Sewer Systems (Second Edition -2008)
- WSA 07 (Australian Code)
- AS 4310 - 2004 (Australian Vacuum Interface Valve Standard)
- Jörg Lange / Ralf Otterpohl: Abwasser. Handbuch zu einer zukunftsfähigen Wasserwirtschaft. Donaueschingen 2000 (2. Aufl.) ISBN 3-9803502-1-5
- Bemessung und Konstruktion der Unterdruckentwässerung [2]
- Thomas Deipenbrock Vakuumentwässerung für Gebäude
- Hersteller: Vakuumkanalisationen in vacuum-guide
- Entwässerungstechnik im Umbruch. Hrsg. Universität Stuttgart. Stuttgarter Berichte zur Siedlungswasserwirtschaft. pdf
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