- Van-der-Waals-Gleichung
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Die Van-der-Waals-Gleichung ist eine angenäherte Zustandsgleichung für reale Gase. Sie wurde 1873 durch Johannes Diderik van der Waals aufgestellt, wofür er 1910 den Nobelpreis für Physik erhielt.
Gas a in (kPa·dm6)/mol2 b in dm3/mol Helium (He) 3,45 0,0237 Neon (Ne) 21,3 0,0171 Argon (Ar) 136,3 0,0322 Wasserstoff (H2) 24,7 0,0266 Stickstoff (N2) 140,8 0,0391 Sauerstoff (O2) 137,8 0,0318 Luft (80% N2, 20% O2) 135,8 0,0364 Kohlendioxid (CO2) 363,7 0,0427 Wasser (H2O) 557,29 0,031 Chlor (Cl2) 657,4 0,0562 Ammoniak (NH3) 422,4 0,0371 Methan (CH4) 225 0,0428 Die hier integrierten Messergebnisse verschiedener Gruppen
unterliegen teilweise recht großen Schwankungen.Benzol (C6H6) 52,74 0,3043 Decan (C10H22) 37,88 0,2374 Octan (C8H18) 18,82 0,1193 Die hier integrierten Literaturwerte basieren auf „technisch reinen“ Stoffen.
Sie gelten selbstverständlich nicht für Flüssigkeiten, sondern in der Gasphase.Inhaltsverzeichnis
Beschreibung
Sie lautet
oder alternativ
- .
Die einzelnen Formelzeichen stehen für folgende Größen:
- v - molares Volumen . Beachte: Vreales Gas = videales Gas − b. Das heißt, dass V < v ist.
- T - Temperatur
- p - Druck. Beachte: hier ist: Pideales Gas = . Das heißt, dass P < p ist.
- R - Universelle Gaskonstante
- a - Kohäsionsdruck (Tabellen rechts)
- b - Kovolumen (Tabellen rechts)
Durch Einführung der Stoffmenge n kann die Gleichung auch dargestellt werden alsmit
- n - Stoffmenge
- R - Universelle Gaskonstante,
- T - Temperatur
- p - Druck
- V - Volumen des Behälters
- a - Kohäsionsdruck (Tabellen oben rechts)
- b - Kovolumen (Tabellen oben rechts)
Eine andere Näherungslösung ist die Reihenentwicklung der Virialgleichungen, wobei die Zustandsgleichung idealer Gase, auf welcher auch die Van-der-Waals-Gleichung aufbaut, identisch mit einem Abbruch dieser Reihenentwicklung nach dem ersten Glied ist.
Ursachen und Herleitung
Gase verhalten sich in der Praxis nicht exakt nach dem einfachen Modell des idealen Gases, da sie aus Molekülen mit einer Ausdehnung größer als null bestehen. Das Modell des idealen Gases ignoriert, dass reale Gasteilchen ein Eigenvolumen besitzen, was dazu führt, dass das Volumen realer Gase größer ist als das Volumen eines idealen Gases (Videal < Vreal). Zudem gibt es zwischen den Teilchen realer Gase Wechselwirkungen, die über elastische Stöße idealer Gase hinaus gehen. Die zwischenmolekularen Anziehungskräfte realer Gase bedingen dabei, besonders bei einem hohen Druck, dass der Gasdruck des realen Gases unter dem Druck des idealen Gases liegt (preal < pideal).
Ideale Gase könnten beispielsweise (theoretisch) niemals in einen flüssigen oder festen Aggregatzustand übergehen, unabhängig davon, wie sehr sie gekühlt oder komprimiert werden. Daher sind für reale Gase Modifikationen der Gasgesetze idealer Gase notwendig. Die Van-der-Waals-Gleichung ergibt sich, im Gegensatz zur allgemeinen Gasgleichung, für ein Modellgas aus starren Kugeln mit anziehender Dipol-Wechselwirkung, was folgende Anpassungen notwendig macht:
Setzt man das in die allgemeine Gasgleichung ein, so erhält man die Van-der-Waals-Gleichung.
Die Parameter a und b sind experimentell bestimmte Daten, die oft selbst keine Konstanten darstellen und ihrerseits von anderen Größen abhängen. Das Kovolumen b entspricht in etwa dem Eigenvolumen der Gasteilchen (Atome oder Moleküle) von einem Mol des Gases. Der Term a n2/V2 berücksichtigt die gegenseitige Wechselwirkung der Gasteilchen, welche man auch als Binnendruck bezeichnet. Die Van-der-Waals-Gleichung versagt bei hohen Drücken, da das angenommene starre Eigenvolumen der Moleküle eine Kompression auf ein Molvolumen kleiner b nicht zulässt, was dem Verhalten realer Gase widerspricht.
Die Interpretation der Parameter a und b (insbesondere die Interpretation von a als gegenseitige Wechselwirkung der Gasmoleküle) wird im Rahmen der statistischen Mechanik klarer, worin die van der Waals-Gleichung als eine Entwicklung nach kleinen Dichten berechnet wird. Diese Entwicklung nennt man Virialentwicklung.
Die Van-der-Waals-Gleichung beschreibt sowohl die Gasphase als auch die Flüssigphase qualitativ richtig, ist jedoch für viele Anwendungen zu ungenau. Hier muss man dann zu genauer beschreibenden Gleichungen greifen, z. B. der Redlich-Kwong-Gleichung oder der Redlich-Kwong-Soave-Gleichung, welche weiterentwickelte, aber auch halbempirische Van-der-Waals-Gleichungen darstellen.
Es gibt auch empirische Zustandsgleichungen, wie z. B. die Benedict-Webb-Rubin-Gleichung.
Isothermen des p-V-Diagramms
Die nach p aufgelöste Van-der-Waals-Gleichung
stellt im p-V-Diagramm die Differenz einer verschobenen Hyperbel und einer zu 1 / V2 proportionalen Funktion dar. Sie entspricht für hohe Temperaturen sowie für niedrige Teilchenzahldichten N/V der Gleichung für ideale Gase. Unterhalb einer kritischen Temperatur Tc jedoch treten beim Durchlaufen einer Isothermen ein Minimum und ein Maximum auf. Man bezeichnet den daraus resultierenden Verlauf der Isotherme als Van-der-Waals-Schleifen.[1] Diese werden jedoch physikalisch nicht realisiert, weil es sich um instabile bzw. metastabile Zustände handelt. Der stabile Zustand (eine Koexistenz von Gas- und Flüssigkeitsphase) kann als Minimum der Freien Enthalpie G berechnet werden. Diese ergibt sich nach dG = − SdT + Vdp mit dT = 0 (man befindet sich auf einer Isotherme) als Integral über Vdp, mit V aus der van der Waals-Gleichung. Dieses Minimum der Freien Enthalpie ergibt die theoretische Berechnung der im Folgenden beschriebenen Maxwell-Konstruktion.
Man kann aus der Isothermen nach der Van-der-Waals-Gleichung die in Experimenten tatsächlich gemessene Isotherme konstruieren. Die Waagerechte im realen pV-Diagramm schneidet die Van-der-Waals-Kurve in drei Punkten. Die beiden dabei gebildeten Flächen sind gleich groß. Das bezeichnet man als Maxwell-Konstruktion.
Der Bereich, in dem die Van-der-Waals-Kurve von der tatsächlichen Isothermen abweicht, stellt einen zweiphasigen Bereich des p-V-Diagramms dar, in dem eine flüssige und eine gasförmige Phase koexistieren.
Abschätzung der kritischen Größen
Wie im letzten Abschnitt schon deutlich wurde, spielt der kritische Punkt für reale Gase eine entscheidende Rolle. Es zeigt sich dabei, dass aus der Van-der-Waals-Gleichung folgende Zusammenhänge ableitbar sind, das folgt aus der Berechnung des Wendepunkts:
Kombination kritisches Molvolumen und kritischer Druck:
Es zeigt sich weiterhin, dass sich eine Konstante ergibt, wenn man die so erhaltenen kritischen Größen in die allgemeine Gasgleichung einsetzt:
Man bezeichnet diesen Wert als kritischen Kompressibilitätsfaktor. In der Van-der-Waals-Gleichung ist diese wie gezeigt stoffunabhängig konstant, was jedoch nicht realen Gegebenheiten entspricht. In der Regel bewegt er sich in einem Bereich zwischen 0,25 bis 0,3. Diese Abweichung verdeutlicht den Näherungscharakter der Van-der-Waals-Gleichung.
Beispiele:
Siehe auch: Kritischer Exponent
Unter Beachtung dieses Näherungscharakters kann man umgekehrt a und b aus den kritischen Größen berechnen:
Reduzierte Form
Die reduzierten Größen nutzen den für jeden Stoff spezifischen kritischen Punkt als Vergleichsbasis, indem sie die jeweiligen Zustandsgrößen durch ihre kritischen Entsprechungen dividieren. Sie sind daher dimensionslos und werden wie folgt definiert.
Reduzierter Druck:
Reduzierte Temperatur:
Reduziertes Molvolumen (bzw. indirekt reduzierte Dichte, weil die Masse konstant ist):
Haben zwei Stoffe die gleichen reduzierten Größen, so weisen sie auch vergleichbare Eigenschaften auf. Man kann mit ihnen auch die Van-der-Waals-Gleichung in einer reduzierten Form formulieren:
Man kann das als Ausdruck des Theorem der übereinstimmenden Zustände interpretieren. Sie stellt eine Gleichung 3. Grades für das reduzierte Volumen dar:
Der Kompressionsfaktor Z stellt einen Bezug zum idealen Gasvolumen (bzw. indirekt zur idealen Gasdichte) her:
Damit lautet die Van-der-Waals-Gleichung:
Das stellt eine Gleichung 3. Grades für den Kompressionsfaktor (bezüglich des idealen Volumens) dar:
Eine Näherung für kleine Drücke und/oder hohe Temperaturen ist:
Innere Energie
Für ein Van-der-Waals-Gas ohne innere Freiheitsgrade gilt die kalorische Zustandsgleichung:
.
Sie hängt nicht nur von der kinetischen Energie der Moleküle, sondern auch von der potentiellen Energie der Kohäsionskräfte ab, gegeben durch den Parameter a.
Literatur
- Johannes Diderik van der Waals: Over de Continuiteit van den gas- en vloeistoftoestand. Sijthoff, Leiden 1873, deutsch: Die Kontinuität des gasförmigen und flüssigen Zustandes. Barth, Leipzig 1881
- James Clerk Maxwell: On The dynamical evidence of the moleculkar constitution of bodies. In: Nature. Band 11, 1875, S. 357–359 und 374–377
- Peter W. Atkins: Physikalische Chemie. Wiley-VCH, Weinheim 2001, S. 43-46
Einzelnachweise
Weblinks
Commons: Van-der-Waals-Gleichung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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