Van Hove Singularität

Van Hove Singularität

Eine Van-Hove-Singularität ist eine Unstetigkeit („Knick“) in der Zustandsdichte von Festkörpern. Der häufigste Anwendungsfall des Konzepts der Van Hove Singularität tritt bei der Analyse von optischen Absorptionsspektra auf. Benannt sind die Singularitäten nach dem belgischen Physiker Léon Van Hove der das Phänomen 1953 erstmals für die Zustandsdichte von Phononen beschrieb.

Inhaltsverzeichnis

Theorie

Betrachtet man ein eindimensionales Gitter, also eine Kette, der Länge L aus N Teilchen, wobei benachbarte Teilchen einen Abstand a haben, ergibt sich für den Wellenvektor k einer stehenden Welle ein Ausdruck der Form:

k=\frac{2\pi}{\lambda}=\frac{2\pi n}{L}

wobei λ die Wellenlänge und n eine ganze Zahl ist. Die kleinste mögliche Wellenlänge ist 2a. Dies entspricht der größtmöglichen Wellenzahl kmax = π / a und korrespondiert mit dem maximalen |n|: nmax = L / 2a. Die Zustandsdichte g(k)dk ist nun als die Anzahl von stehenden Wellen definiert, deren Wellenvektor im Intervall von k bis k+dk liegt:

g(k)dk = \frac{dn}{2n_{max}} = \frac{a}{2\pi}\,dk

Dehnt man die Betrachtung auf drei Dimensionen aus ergibt sich:

g(\vec{k})d^3k =\frac{a^3}{(2\pi)^3}\,d^3k

wobei d3k ein Volumenelement im k-Raum ist.

Übergang zur Zustandsdichte pro Energie

Nach der Kettenregel gilt

dE = 
\frac{\partial E}{\partial k_x}dk_x +
\frac{\partial E}{\partial k_y}dk_y +
\frac{\partial E}{\partial k_z}dk_z =
\vec{\nabla}E \cdot d\vec{k},

wobei \vec{\nabla} der Gradient im k-Raum ist. Die Menge an Punkten im k-Raum, die einer bestimmten Energie E entsprechen, bilden eine Oberfläche im k-Raum; der Gradient von E steht in jedem Punkt senkrecht auf dieser Ebene. Für die Zustandsdichte als Funktion von E ergibt sich somit:

g(E)dE=\int_{\partial E}g(\vec{k})\,d^3k = \frac{a^3}{(2\pi)^3}\int_{\partial E}dk_x\,dk_y\,dk_z

wobei das Integral über die Oberfläche \partial E mit konstantem E zu bilden ist. Nun führt man Koordinaten k'_x,k'_y,k'_z\, ein, bei denen k'_z\, senkrecht auf der Oberfläche steht. Nach diesem Koordinatenwechsel ist:

dE=\vec{\nabla}E \cdot d\vec{k}=\vec{\nabla}E \cdot d\vec{k'}=|\vec{\nabla}E|\,dk'_z.

In den Ausdruck für g(E) eingesetzt, ergibt sich:

g(E)=\frac{a^3}{(2\pi)^3}\ \int\!\int\frac{dk'_x\,dk'_y}{|\vec{\nabla}E|}

wobei der dk'_x\,dk'_y Term einem Flächenelement auf der E=const-Fläche entspricht.

Die Singularitäten

g(E) gegen E für einen simulierten dreidimensionalen Festkörper.

An Punkten im k-Raum, an denen die Dispersionsrelation ein Extremum hat und {|\vec{\nabla}E|} somit verschwindet, divergiert die Zustandsdichte g(E). Diese Punkte werden Van-Hove-Singularitäten genannt.

Eine detaillierte Analyse (Bassani 1975) zeigt, dass es in drei Dimensionen vier Typen von Van-Hove-Singularitäten gibt. Diese unterscheiden sich dahingehend ob das Band ein lokales Maximum, ein lokales Minimum oder einen Sattelpunkt aufweist. Die Funktion g(E) tendiert in drei Dimensionen auf Grund der sphärischen Form der Fermiflächen für freie Elektronen zu quadratwurzelartigen Singularitäten. Obwohl ihre Ableitung divergiert, divergiert die Zustandsdichte daher nicht, wie in der Abbildung zu sehen ist.

E = \hbar^2 k^2/2m\ so dass \ |\vec{\nabla}E| = \hbar^2 k/m = \hbar \sqrt{ \frac{2E}{m}}.

In zwei Dimensionen divergiert die Zustandsdichte logarithmisch, in einer Dimension wird sie unendlich, wenn \vec{\nabla}E Null ist.

Referenzen

  • L. Van Hove, "The Occurrence of Singularities in the Elastic Frequency Distribution of a Crystal," Phys. Rev. 89, 1189–1193 (1953).
  • F. Bassani, Pastori Parravicini, G.: Electronic States and Optical Transitions in Solids. Pergamon Press 1975, ISBN 0-08-016846-9 Mit ausführlicher Diskussion der verschiedenen Typen von van Hove Singularitäten in verschiedenen Dimensionen und Vergleich mit Experimenten bei Germanium und Graphit.
  • John Ziman: Principles of the Theory of Solids. Cambridge University Press 1972, ISBN B0000EG9UB

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