Venus vom Esquilin

Venus vom Esquilin
Venus von Esquilin

Als Venus vom Esquilin wird die antike Marmorstatue einer unbekleideten weiblichen Gestalt bezeichnet, die 1874 in Rom bei der Piazza Dante auf dem Hügel Esquilin gefunden wurde, in einem Gebiet, das in der Antike wahrscheinlich zu den Horti Lamiani, einem der kaiserlichen Gärten, gehörte. Die Statue ist heute Teil der Sammlung der Kapitolinischen Museen in Rom und wird in der Centrale Montemartini ausgestellt.

Die bis auf Sandalen unbekleidete Badende trägt akkurat gebrannte Locken, ihr Gewand liegt über einer Vase, die die ägyptische Uräusschlange zeigt – ein Zeichen der Pharaonenwürde. Der Statue fehlen heute beide Arme.

Die römische Plastik wird in claudische Zeit, um 50 n. Chr. datiert.

Identifizierung mit Kleopatra?

Zuerst vermutete der Historiker Licinio Glori 1955 unter anderem aufgrund der Darstellung der Uräusschlange, dass es sich bei der Venus vom Esquilin um eine Statue der ägyptischen Königin Kleopatra VII. handle. Er merkte an, dass etwa ihre kleinen Brüste ästhetisch unzulänglich wirkten und glaubte sogar aus einer angeblichen Beckenverformung schließen zu können, dass die dargestellte Frau kurz zuvor ein Kind geboren habe.

1994 griff Paolo Moreno Gloris Theorie auf und verglich dabei die Gesichtszüge der Venusstatue mit denjenigen von zwei Marmorköpfen, die in Berlin und in den Vatikanischen Museen aufbewahrt werden und mit einiger Sicherheit Kleopatra zugeordnet werden können. Zumindest einige physiognomische Merkmale der Venusstatue stimmen nach ihm mit den beiden Büsten und den Münzporträts der ägyptischen Königin überein.

Kürzlich suchte Bernard Andreae mit weiteren Argumenten, Gloris Theorie zu untermauern. Er vertritt die Auffassung, dass es sich bei dem Vorbild der Venus vom Esquilin um die goldene Statue der vergöttlichten Kleopatra handelt, die von Gaius Iulius Caesar in Rom errichtet worden sein soll.[1]

Unter anderem führt Andreae ins Feld, dass die Gesichtszüge der Venus nicht so idealisiert wie sonst bei einer Göttinnenstatue üblich dargestellt sind, sondern eher maskulin wirken. Darüber hinaus besitzt die Figur eine Hakennase und dicke Unterlippe, die auch auf Kleopatras Münzbildnissen erscheinen. Nach ihm handele es sich um die Porträtstatue einer Person und nicht um eine idealisierte Büste der Göttin ohne Individualzüge, sodass auch die Uräusschlange als Hinweis für eine Gleichsetzung mit der ägyptischen Königin verwendet werden kann. Schließlich sei auch die Haaranordnung den Darstellungen auf Münzen der Ptolemäerin verwandt. Das Fehlen der großen Augen, die auf allen Münzbildnissen Kleopatras erscheinen, begründet er mit einer anderen Stilrichtung des römischen Bildhauers. Andreae schätzt, dass die Venusstatue eine Frau im Alter von Anfang 20 Jahren darstellt. Genau dieses Alter hatte die ägyptische Königin bei ihrem Romaufenthalt (46–44 v. Chr.).

Trotz dieser Argumente hat die Identifizierung der Venusstatue mit Kleopatra in der Fachwelt nur vereinzelt Zustimmung gefunden.

Literatur

  • Licinio Glori: Cleopatra. “Venere esquilina”. Bestetti, Roma 1955.
  • Bernard Andreae: Kleopatra und die sogenannte Venus vom Esquilin. In: Ortrud Westheider, Karsten Müller (Hrsg.): Kleopatra und die Caesaren. Eine Ausstellung des Bucerius Kunst Forums 28. Oktober 2006 bis 4. Februar 2007. Hirmer, München 2006, ISBN 3-7774-3245-8, S. 14ff.
  • Christoph Schäfer: Kleopatra. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, ISBN 3-534-15418-5, S. 261–263.
  • Guy Weill Goudchaux: Die Venus vom Esquilin ist nicht Kleopatra. In: Ortrud Westheider, Karsten Müller (Hrsg.): Kleopatra und die Caesaren. Eine Ausstellung des Bucerius Kunst Forums 28. Oktober 2006 bis 4. Februar 2007. Hirmer, München 2006, ISBN 3-7774-3245-8, S. 138ff.

Belege

  1. Matthias Schulz: Das Gesicht der Göttin. In: Der Spiegel. Nr. 42, 2006, S. 181 (online). Berthold Seewald: So sah Kleopatra wirklich aus. In: Die Welt. 26. Oktober 2006 (online)..

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