Vertrauensbruch im auswärtigen Dienst

Vertrauensbruch im auswärtigen Dienst

Der Tatbestand des Vertrauensbruchs im auswärtigen Dienst, der so genannte Arnim-Paragraf, wurde - ähnlich wie der "Duchesne-Paragraf" - aufgrund eines historischen Vorfalls normiert. Er ist 1876 als § 353a in das Reichsstrafgesetzbuch eingeführt worden und gilt auch heute noch.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der damalige deutsche Botschafter in Paris, Graf Harry von Arnim-Suckow hatte seine Stelle als Botschafter 1872 angetreten. Graf von Arnim hatte im Jahr 1873 mehrere dienstliche Anweisungen des Reichskanzlers Otto von Bismarck ignoriert und, statt für die damalige französische Regierung Thiers Partei zu ergreifen, die Monarchiebewegung in Frankreich unterstützt. Das selbstherrliche Auftreten Arnims wurde in der Öffentlichkeit als mögliche Anwartschaft auf den Posten des Reichskanzlers, also Bismarcks Nachfolge, gesehen. Auf Bismarcks Veranlassung wurde Arnim am 2. März 1874 durch Kaiser Wilhelm I. von seinem Posten abberufen und ihm die Leitung der Gesandtschaft in Konstantinopel angeboten. In einem in der Presse geführten Wortwechsel räumte Arnim ein, aus den Botschaftsarchiven "persönliche" Akten mitgenommen zu haben. Weitere Akten mit Positionen zur Kirchenpolitik gab er zurück.

Arnim wurde verhaftet und wegen Vergehens wider die öffentliche Ordnung zunächst vom Amtsgericht Berlin zu drei Monaten Gefängnis verurteilt. Das Kammergericht Berlin entschied als Berufungsgericht neun Monate später, dass Arnim sich der Unbotmäßigkeit und Indiskretion gegenüber dem Auswärtigen Amt strafbar gemacht habe. Die Strafe lautete auf neun Monate Gefängnis. Arnim entzog sich der Vollstreckung durch Flucht in das Ausland. Noch 1875 legte die Reichsregierung dem Reichstag den Entwurf für den § 353a StGB vor. Diese wurde in leicht veränderter Fassung am 26. Februar 1876 (RGBl. S. 25, 37) Gesetz.

Nachdem die Strafvorschrift (§ 353a StGB) mit dem 11. Kontrollratsgesetz aufgehoben war, wurde sie mit dem 1. Strafrechtsänderungsgesetz im Rahmen der Rechtsbereinigung wieder eingeführt.

Bedeutung der Vorschrift

Die Vorschrift hat keine praktische Bedeutung, weil die Anforderungen an die Strafbarkeit sehr hoch sind. Täter kann nur ein diplomatischer Vertreter (also auch ein Emissär, Botschafter oder sonstiger Diplomat) sein. Tatbestandsmerkmale sind entweder der amtliche Ungehorsam oder Falschberichte über Tatsachen (keine Einschätzungen). Da ein Schaden oder eine Gefährdung des Rechtsguts (die Position der Bundesrepublik Deutschland in auswärtigen Angelegenheiten) nicht vorliegen muss, handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt.

Die Bedeutung der Vorschrift wird auch dadurch vermindert, dass die Straftat nur nach Ermächtigung durch die Bundesregierung verfolgt werden darf. Hinter dieser Bedingung steckt die Überlegung, mögliche Verletzungen von Dienstgeheimnissen zu verschweigen, um den Kreis der Geheimnisträger möglichst klein zu halten. Im Rahmen eines öffentlichen Strafprozesses wäre ein allgemeines Bekanntwerden entsprechender Umstände nicht zu vermeiden. Die Ermächtigung wird vom Bundesminister des Auswärtigen erteilt.

Ausblick

Die strafrechtliche Literatur spricht sich durchgehend für eine Aufhebung des § 353a StGB wegen seiner fragwürdigen Herkunft, aber auch wegen seiner mangelnden Praxisrelevanz aus. Seit Bestehen der Bundesrepublik ist kein einziges Urteil aufgrund dieser Vorschrift gefällt worden.

Literatur

  1. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (RGSt) Band 41, S. 4 ff.
  2. Entscheidung der Vorinstanz zu (1.) Landgericht Berlin, in: Deutsche Juristenzeitung Jahrgang 1907, S. 976 ff.
  3. Bernd Heinrich, Bismarcks Zorn, Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, Jahrgang 1998, S. 327 ff. (Geschichte und weitere Nachweise)

Weblinks

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