Visio Godeschalci

Visio Godeschalci

Als Visio Godeschalci wird ein mittellateinischer Bericht von der Sterbevision bezeichnet, die der Bauer Gottschalk 1189 erlebte.

Inhaltsverzeichnis

Gottschalk

Über den Visionär ist wenig bekannt. Gottschalk war ein Bauer aus dem Ort Harrie, das heutige Großharrie in Mittelholstein. Er erkrankte im Dezember 1189 bei der Belagerung der Burg Segeberg und lag 5 Tage in einem scheintoten Zustand.[1]

Fassungen

Besonders interessant für die Forschung wird die Visio Godeschalci durch die Tatsache, dass sie von zwei verschiedenen Autoren nach dem Bericht des Bauern aufgeschrieben wurde. Die beiden Fassungen unterscheiden sich geringfügig, stimmen aber inhaltlich überein. Die Autoren unterschieden zwischen eigenen Kommentaren und den Angaben Gottschalks, was die Berichte zu wichtigen Quellen macht. Beide Fassungen sind in Latein aufgeschrieben worden. Die Autoren sind anonym.[1] Der längere Text wird mit Godeschalcus, der kürzere mit Visio Godeschalci bezeichnet.[1]

Godeschalcus

Diese Version entstand vermutlich zwischen August und Oktober 1190. Der Verfasser dieser Version war wohl Kanoniker im Augustiner-Chorherrenstift Neumünster und Priester der örtlichen Stiftspfarrei. Er stammte vermutlich aus Niedersachsen und war literarisch wie philosophisch gebildet. Neben der eigentlichen Vision enthält diese Fassung einige Kapitel, die über das Leben Gottschalks vor und nach der Vision berichten. Im Abschnitt über die Strafen im Fegefeuer nimmt der Autor Bezug auf aktuelle Geschehnisse.[1] Dadurch bietet der Text alltagsgeschichtliche und rechtswissenschaftliche Informationen.[2]

Visio Godeschalci

Der Verfasser war vermutlich Pfarrer in Nortorf. Es ist nicht ganz sicher, ob der Autor die andere Version gekannt hat.[1] Der Text ist aus der Ich-Perspektive verfasst und verzichtet auf lokale Bezüge. Diese Version wird von Caesarius von Heisterbach in seinem Dialogus miraculorum erwähnt.

Inhalte der Vision

Nachdem Gottschalk die Trennung von seinem Körper erlebt hat, gelangt er ins Jenseits. Hier wird er von zwei Engeln geführt. Er sieht dort mehrere verschiedene Bereiche. Im Fegefeuer erblickt Gottschalk unter anderem prominente Personen, die ihre Sünden büßen müssen. Auf seiner Reise muss der Visionär einige der Strafen über sich ergehen lassen. Der Visionär sieht auch das himmlische Jerusalem, von dem er berichtet, dass es besonders gleichmäßig angelegt sei und über gerade Straßen verfüge und außerdem leuchte, das er allerdings zu seinem Bedauern nicht betreten durfte. Stattdessen kehrt er in seinen Körper zurück.

Die Inhalte der Vision scheinen aus verschiedenen kulturellen Kreisen zu stammen. So sind darunter Einflüsse volkstümlicher Vorstellungen und mythologischer Elemente aus dem nordeuropäischen Raum (Dornenfeld, schneidender Fluss, Neunzahl, etc.), aber auch christliche Aspekte (Fegefeuer, leuchtende Stadt). Das Christentum wurde noch nicht lange in Holstein gepredigt und erhielt durch die Vision Unterstützung.[1][2]

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Enno Bünz: Visio Godeschalci/Godeschalcus. In: Verfasserlexikon, 10, Sp. 404–408
  2. a b Peter Dinzelbacher: Visio Godesc(h)alci. In: Lexikon des Mittelalters 8, Sp. 1731

Weblinks

Handschriften

Ausgaben

  • Erwin Assman: Godeschalcus und Visio Godeschalci. (Quellen und Forschungen zur Geschichte Schleswig-Holsteins, 74) Neumünster 1979 ISBN 3-529-02174-1

Sekundärliteratur


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