- Vorfertigung
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Als Vorfertigung wird die fabriks- oder serienmäßige Produktion von Bauteilen verstanden, die erst später zum Endprodukt zusammengebaut werden. Durch Standardisierung der Bauteile hinsichtlich ihrer Maße und Eigenschaften ist eine merkliche Beschleunigung und Verbilligung der Endmontage möglich, teilweise auch eine gleichmäßigere Qualität. Ein Nachteil können die höheren Lagerkosten oder eine Unter- bzw. Überproduktion sein.
Eine Vorfertigung muss nicht gleichbedeutend mit industrieller oder maschineller Fertigung sein, sondern kann auch manuell - in kleinen Serien oder in Einzelfertigung - erfolgen. So kann z. B. im Bauwesen die Baustellen-Fertigung einer Werksfertigung vorzuziehen sein, etwa beim Guss nur weniger, aber gleicher Betonplatten.
Bei der Herstellung kleiner, aber viel verwendeter Bauteile bzw. Elemente setzte die Standardisierung bereits sehr früh - teilweise schon vor der industriellen Revolution - ein. Als eines der ersten Beispiele sind genormte Ziegel zu nennen, die teilweise schon in der Antike üblich waren. Aus der Zeit der beginnenden Industrialisierung sind Kleinteile wie Schrauben und Drahtstifte zu erwähnen, doch auch gleichmaßige Platten, Dachziegel oder einheitliche Querschnitte im Holzbau (Latten, Bretter) und im Metallbau. Im Bauwesen führte die Verwendung von genormtem Profilstahl oder von Großblock-Hohlsteinen zu einer Beschleunigung, aber auch zu verlässlicheren Vorausberechnungen der Statik.
Im Hochbau begann die Vorfertigung großen Stils gegen Mitte des 20. Jahrhunderts: ausgehend von den Erfahrungen mit Span- und Gipskartonplatten entwickelte man Techniken des Fertigteilbaues, bei der im Werk vorgefertigte Elemente erst auf der Baustelle zu einem Gesamtbauwerk zusammengefügt werden; Diese Bauweise führte in den 1970er-Jahren zu einem ersten Boom von Fertigteilhäusern, die neben dem Kostenvorteil auch ein genaueres Kalkulieren der Baukosten ermöglichten.
Ähnliche Verfahren führten auch in anderen Branchen wie der Elektrotechnik und Elektronik zu starker Verbilligung und Leistungssteigerung. Generell wird durch die Vorfertigung von Bauteilen auch die technische Planung erleichtert und die Auswirkung von Störungen besser abschätzbar, die z. B. durch Abweichungen von den Normeigenschaften der Bauteile entstehen.
Eine andere Zielrichtung der Vorfertigung kann die Minimierung des Materialaufwandes sein - z. B. durch die Relation zwischen der Form des Bauteils und seiner Tragfähigkeit oder Belastbarkeit (mechanisch, thermisch, elektrisch usw). Typisch dafür sind z. B. Schalenkonstruktionen im Bauwesen, Maschinen- und Industriebau. Auch die vorgefertigte Mischung von Baustoffen kann die Wirtschaftlichkeit steigern; in den letzten Jahren ist der klassische Fertigbeton durch eine Reihe anderer Mischsysteme ergänzt worden.
Die weitere Entwicklung ist von immer stärker vernetzen Bauweisen geprägt. Beispiele der letzten Zeit sind u. a.
- Plattenbau und vorgehängte Fassaden
- Montagebau-Techniken (z. B. achsweise oder geschoßweise Montage)
- integrierte Installation in Wände und elektrische Bauteile
- Maschinen- und Leitungsbau
- integrierte Schaltungen
- Modulbauweise in verschiedensten Sparten.
Damit ermöglichen die Methoden der Vorfertigung einerseits kürzere Bauzeit und größere Flächen bzw. Volumina, andrerseits Kostensenkungen und teilweise auch höhere Flexibilität - insgesamt also eine Steigerung der Wirtschaftlichkeit. Ohne weitgehende Vorfertigung wären viele heutige Produkte für Alltag und Industrie in der Herstellung zu teuer oder auf wesentlich geringere Stückzahlen beschränkt.
Seit einigen Jahren kennt auch die Programmierung das Prinzip der Vorfertigung: etwa beim Erstellen von Internetseiten durch Standardisierung und modulare Einheiten. Für die Kunden von Softwarefirmen ist dies z. B. durch Typen von Websiten-Konstruktionen ersichtlich, die man als Vorlage benutzen kann.
Siehe auch
- Bauelement (Bauwesen), Programmfertigung, Montagelinie
- Fertigteil, Betonfertigteil, Gießen
- Fachwerk-, Holzständerbauweise, vorgehängte Fassade
- Schalenbauweise, Verbundbau
- Sanitärtechnik, Fertigbad,
- Stromschaltanlagen, Schaltschränke
- Systembau
- Gustav Lilienthal/Vorfertigung
Literatur und Weblinks
- Shlomo Peer: Vorfertigung auf der Baustelle. Die Wirtschaftlichkeit der Vorfertigung einzelner Bauteile. Schriftenreihe Bauen und Wohnen, Hochschulschrift Stuttgart 1964
- H. Dyckhoff, Th. Spengler: Produktionswirtschaft. Springer-Lehrbuch, Springer-Verlag 2005, ISBN 3-540-22513-7
- Baulexikon.de, Fertigprodukte
- Vorfertigung von Wandelementen
- Standardisierte Erstellung von HTML-Seiten
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