Fertighaus

Fertighaus
Ein Fertighaus aus dem Genex-Katalog von 1986

Als Fertighaus wird ein Haus bezeichnet, das industriell vorgefertigt in Teilen an die Baustelle geliefert und dort endmontiert wird. Dies erfordert im Vorfeld einen erhöhten Planungsaufwand, der oft durch Standardisierung aufgefangen wird.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Budde-Fertighaus (1948)

Fertighaus bedeutet, dass das Haus nicht vor Ort gebaut wird, sondern in einem Werk vorgefertigt wird. Die Fertighausbranche hat sich dabei von der "Billigbauweise" in den 70er Jahren entfernt und eine alternative Technik entwickelt, die es ermöglicht, dass die Häuser heute individuell nach Kundenwunsch konzipiert werden. Fertighäuser haben bei Ein- bis Zweifamilienhäusern einen Anteil an den gesamten Neubauvorhaben von ca. 10–15 %. Die geforderten Energiewerte für Neubauten KFW 60 oder KFW 40 sowie KFW 15 (Passivhäuser) können bei der Holzrahmen- und Holztafelbauweise im Wandbereich einfacher erreicht werden als bei Massivhäusern, da die Wandstärken geringer ausfallen.

Man unterscheidet traditionell "Holzrahmenbauweise", "Holztafelbauweise" und "Stahlbetontafelbauweise". In den letzten Jahren wurde von einzelnen Anbietern der Vorfertigungsgrad massiver Wänden weiterentwickelt, so dass es heute auch Fertighäuser in "Massivbauweise", auch "massive Fertighäuser" genannt, gibt.

Auch im größeren Maßstab gibt es Fertighäuser, zum Beispiel bei Industrie-Hallen.

Ablauf eines Bauvorhabens

Holzständerwand in einer Zimmerei

Bauplanung

Der Bauherr wendet sich für die Bauplanung an einen Architekten oder direkt an die Fertighausfirma seiner Wahl.

Ein beauftragter Architekt entwickelt nach den Bedürfnissen des Bauherren und seiner finanziellen Vorstellungen einen Entwurf. In der Praxis werden Fertighausproduzenten jedoch direkt angesprochen, die Planung erfolgt dann von Mitarbeitern des Produzenten nach einem Baukastensystem.

Kriterien bei der Auswahl sind Bauart und Ausführungsqualität. Von den Anbietern gibt es oft Kataloge oder Musterhäuser, aus denen man sich ein Haus aussuchen kann. Natürlich muss sich dieses hinsichtlich des Bebauungsplanes für das Grundstück eignen, bzw. entsprechend angepasst werden. Die Haustypen der Hersteller bilden gelegentlich ein „Baukastensystem“ und lassen sich zu unterschiedlichen Varianten zusammensetzen.

Dann muss – wie bei jedem Bauvorhaben – eine Baugenehmigung eingeholt werden.

Bemusterung

Bevor es an die Produktion des Hauses geht, findet eine Bemusterung statt. Bei diesem Treffen werden alle Details festgelegt, die für den Bauantrag noch nicht von Bedeutung waren, aber für die weitere Bearbeitung wichtig wird. Hierzu zählt die individuelle Ausstattung wie Fassadengestaltung und Innenausstattung, Farbe des Daches und seiner Deckung, Art und Herrichtung der Fenster und Haustüren, Art und Umfang der Haustechnik, des Heiz- und Klimasystems sowie Art und Qualität des Innenausbaus. Das Haus wird bei der Bemusterung endgültig festgelegt, so dass spätere Veränderungen an den Plänen zu einem erhöhten Planungsaufwand und somit zu zusätzlichen Kosten führen.

Vorfertigung und Bauvorbereitung

Dann werden die Fertigteile vom Hersteller produziert. Parallel wird das Grundstück vorbereitet und Grundbauarbeiten durchgeführt. Gegebenenfalls wird die Baugrube ausgehoben und der Keller gebaut oder eine Sohlplatte betoniert.

Bauablauf

Dann kann das Haus innerhalb kurzer Zeit aufgestellt werden. Bei anspruchsvollen Fertighausbauvorhaben muss mit etwa 10 bis 12 Wochen reiner Bauzeit gerechnet werden.

Varianten

Viele Fertighausfirmen bieten einige Modellbau-Häuser an, bei denen der Kunde sich seine Variante wählen kann. Der Kunde hat dabei nicht alle Variationsmöglichkeiten, die ein Massivhaus bietet, kann demgegenüber aber von einem Preisvorteil profitieren, wenn er eine zu seinen Wünschen passende Variante findet.

Bausatzhaus

Bei einem Bausatzhaus handelt es sich um ein Gebäude, bei dem die Baustoffe und Bauelemente in der erforderlichen Menge von einem Vertriebsunternehmen an die Baustelle geliefert werden. Die Montage liegt dann in der Eigenverantwortung des Bauherrn. Diese Bauart entspricht nicht dem klassischen Fertighaus.

Ausbauhaus

Montage eines Fertighauses (auch als Zeitraffer-Video verfügbar)

Bei einem Ausbauhaus handelt es sich um ein Fertighaus, bei dem der Bauherr selbst den Innenausbau übernimmt. In der Regel wird die äußere Hülle des Hauses komplett vom Anbieter fertiggestellt, inklusive Dach, Fenstern und Außenputz. Alle weiteren Arbeiten des Innenausbaus liegen in der Hand des Bauherren.

Ausbauhäuser werden häufig in verschiedenen Ausbaustufen angeboten, beispielsweise mit oder ohne Elektroinstallation, Fußböden oder Sanitärinstallation. Je nach Fähigkeiten und handwerklichem Geschick kann der Grad des Innenausbaus gewählt werden. Einige Anbieter bieten auch in Kooperation mit Baumärkten fertige Ausbaupakete an, die jeweils individuell auf das Haus zugeschnitten sind. Die Pakete beinhalten unterschiedliche Materialien, die der Bauherr für den Innenausbau seines Hauses benötigt. Der Vorteil besteht darin, dass im Paket bereits alle Komponenten enthalten sind, die für den jeweiligen Bauabschnitt benötigt werden. So ist zum Beispiel beim Tapetenpaket nicht nur die Tapete dabei, sondern auch der erforderliche Tapetenkleister und der Tiefgrund.

Natürlich wirkt sich die Eigenleistung je nach Umfang auch dementsprechend positiv auf den Preis aus. Außerdem kann der Ausbau des Hauses in beliebig langer Zeit erfolgen, da es aufgrund der fertigen Außenhülle vor der Witterung geschützt ist.

Schlüsselfertiges Haus

Beim schlüsselfertigen Haus wird auch der gesamte Ausbau vom Anbieter durchgeführt. Dabei wird entweder das Haus vom Anbieter vor Ort schlüsselfertig gemacht (Wasser-, Heizungs- und Elektroinstallation etc.) oder weitestgehend vorgefertigt angeliefert. Der Grad der Vorfertigung hängt von den Fähigkeiten, Wünschen und Vermögensverhältnissen der Bauherren ab. Da der Begriff „Schlüsselfertig“ nicht geschützt ist, legt jede Firma die Leistung nach eigenem Ermessen auf, so dass häufig Bodenbeläge sowie Tapeten und Farbarbeiten nicht im Preis enthalten sind.

Bei manchen Firmen sind Kanal- und Versorgungsanschlüsse nicht berücksichtigt.

Vorteile

Modernes Fertighaus
Umfassend auf Kundenwunsch konfektionierbares Fertighaus

Die Vorteile der Bauweise sind der schnelle Bauverlauf, die Präzision bei der Herstellung und eine bessere Kostenkontrolle. Dadurch, dass das Haus schnell aufgebaut wird, kann nur wenig Feuchtigkeit in den Bau eindringen. Außerdem werden so Lohnkosten gespart, die in Deutschland der wesentliche Kostenfaktor beim Bauen sind.

Fertighäuser in Holztafelbauweise sind oft preiswerter als Häuser in Massivbauweise. Ein weiterer Vorteil ist die bessere Raumausnutzung durch dünnere Wände als bei einem Massivhaus bei gleicher oder besserer Wärmedämmung.

Nachteile

  • Standardisierte Haustypen bieten weniger Raum für Individualität als ein Architektenentwurf, anderseits sind heute viele Firmen auf dem Markt, die die Häuser nach Kundenwunsch fertigen und somit eine „freie Planung“ ermöglichen. Die notwendige Planung erfolgt in der Regel durch die Fertighausfirma.
  • Bei älteren Haustypen macht sich ein höherer Wertverlust gegenüber konventionellen Häusern bemerkbar. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Plattenbauten und für Gebäude aus Holztafelbauweise mit Beplankung aus Flachpressplatten (Spanplatten).
  • Die technische Lebensdauer bei Holzhäusern ist geringer als bei Häusern aus Massivbaustoffen.
  • Holzfertighäuser werden von Gebäudeversicherern in der Feuer- und Leitungswasserversicherung mit einem höheren Risiko bewertet, daher sind gegenüber Häusern aus Massivbaustoffen höhere Versicherungsprämien zu zahlen.

Einfluss auf regionale Bauweisen

Durch die in der Mehrzahl angebotene offene Bauweise der Fertigteilhäuser wird es der Fertigteilhausindustrie ermöglicht, mit wenigen Haustypen auf dem gesamten europäischen Markt aufzutreten. Über Jahrhunderte gewachsene, regionaltypische Bauweisen und Baustile können dadurch in Hintergrund geraten. Fertighaus-Siedlungen sind zwar von der Industrie leicht und günstig zu errichten, sehen jedoch in jedem Land Europas ähnlich aus.

Siehe auch

Literatur

  • Kottjé, Johannes und Raab, Angela: So entsteht ein Holzhaus : von der Planung bis zum Einzug. Dt. Verl.-Anst., München 2007, ISBN 978-3-421-03567-7.
  • Oliver Jahn, Arnt Cobbers: Prefab Houses, Taschen-Verlag, Köln 2010 ISBN 978-3-836507530

Weblinks


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