Weltmaschine des Franz Gsellmann

Weltmaschine des Franz Gsellmann
Weltmaschine

Die Weltmaschine des oststeirischen Bauern Franz Gsellmann ist eine im Zeitraum von 1958 bis 1981 erbaute Kunst-Maschine, die in seinem ehemaligen Hof in Kaag (Gemeinde Edelsbach bei Feldbach) zu besichtigen ist.

Der Ausdruck „Weltmaschine“ ist ein Notname, da ein „Zweck“ der Maschine nicht erkennbar ist, und auch Gsellmann selbst antwortete auf solche Fragen ausweichend. Man kann sie daher als künstlerische Installation bzw. Kinetische Kunst interpretieren.

Gsellmann (1910–1981) hatte als Jugendlicher den Berufswunsch Elektriker – dies wurde von der Notwendigkeit der Übernahme des väterlichen Hofes verhindert. Allerdings war er zeitlebens von Maschinen fasziniert. Das Schlüsselerlebnis Gsellmanns war der Bericht einer Lokalzeitung über die Weltausstellung 1958 in Brüssel, bei der das Atomium eröffnet wurde. Er reiste nach Brüssel und zeichnete diese 110 Meter hohe Metallplastik eines Eisenkristalls nach."Wie ich das Atomium gesehen habe, habe ich im Traum meine fertige Maschine gesehen. Das Atomium war das Fundament für meine Weltmaschine."[1] Von da an arbeitete er dreiundzwanzig Jahre bis kurz vor seinem Tod an der Maschine. Nahezu täglich zog sich Gsellmann in sein verschlossenes und verhangenes Arbeitszimmer zur Arbeit an der Maschine zurück, die er erst nach acht Jahren Bauzeit das erste Mal den Familienangehörigen präsentierte.

Die Teile seiner Maschine fand er meist auf Gebrauchtwarenmärkten oder Schrottplätzen. Er wurde oft von seinen Nachbarn gesichtet, wie er neue Funde mit der Scheibtruhe oder dem Ochsengespann heimführte. Dabei litt er sehr darunter, dass sein Lebenswerk zu Lebzeiten weder von der eigenen Familie noch von den Menschen der Region anerkannt wurde. Dabei sind die Werke Jean Tinguelys beinah zur gleichen Zeit und aus ähnlichen Materialien entstanden.[2] Sie unterscheiden sich nur in der ironischen Distanz-Haltung voneinander, die der Schweizer Tinguely zeigt und die dem Franz Gsellmann nicht zu eigen ist, wie der Autor Roth findet. Als gottesfürchtiger und bescheidener Mensch schreibt Franz Gsellmann die Verwirklichung seines Traums alleine seinem Allerhöchsten zu. Auch bis heute gehören die Besucher und Bewunderer des Kunstwerks überwiegend den intellektuellen Kreisen aus der Stadt an.[3]

Die Maschine ist ca. vier Meter lang, zwei Meter breit und vier Meter hoch. Etwa 2000 verschiedenste Bestandteile sind zu einem bebenden, schwingenden, drehenden, dröhnenden, leuchtenden und blinkenden Gerät verbaut, das durch 25 Elektromotoren zum Leben erweckt wird. Die Maschine besteht neben Spulen, Schläuchen und Drähten aus so unterschiedlichen Teilen wie einem Adler aus Porzellan, einem Orgelgebläse, einer Infrarotlampe, drei Blaulichtern, 64 Vogelpfeifen, 200 Glühbirnen, 14 Glocken, einer Sauerstoffflasche als Antrieb für die windgetriebenen Teile, einem Klapotetz, einer Spielzeugrakete, die er sich extra aus Japan schicken ließ und vielem mehr. Durch die permanente Bewegung der Maschinenteile entstehen Licht- und Geräuscheffekte. Mit dem Tod Gsellmanns verlor die Maschine nicht nur ihren Schöpfer, sondern auch den einzigen Spezialisten, der ihre Funktionsfähigkeit aufrechterhalten konnte. Um 1993 machte es sich das Unternehmen VA Zeltweg Montage zur Aufgabe, die zu dieser Zeit nur mehr teilweise funktionstüchtige Weltmaschine wiederherzustellen und zu warten.

Die „Weltmaschine“ befindet sich nunmehr als Privatmuseum[4] im Besitz der Familie des Erbauers. Nach deren Angaben kommen fast 10.000 Besucher pro Jahr.[5]

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach: Andreas Santol: Franz Gsellmann. In: VAMCE Jahresbericht 1993, Seite 4-34, hier 8.
  2. Oliver Pohl: 50 Jahre Weltmaschine In: Fiesta, 02/08, S. 19-26.
  3. Interview mit dem Schriftsteller Gerhard Roth zum Gegenstand (mp3)
  4. Kultur Steiermark – Die Weltmaschine des Franz Gsellmann
  5. Deutschlandradio Kultur vom 8. Oktober 2008: „Der ganze Kosmos in der Bauernscheune“

Literatur

Weblinks

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